Bürstadt. Für Lüftungsanlagen in den Kindertagesstätten der Stadt erwartet Bürstadt einen Zuschuss von 660 000 Euro – aber nur bis Mitte April. Den eigenen Anteil schätzt Finanzchef Martin Niederhöfer im Rathaus auf rund 350 000 Euro. Diese Summe müsste im neuen Haushalt eingeplant werden. Reicht dann die Zeit noch, die Anlagen zu bestellen und zu installieren? Zuerst muss der Haushalt ja auch genehmigt werden. Die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses waren sich darüber alles andere als einig. Am Ende lehnte es die Mehrheit ab, diese Pläne weiter zu verfolgen. Endgültig entscheidet die Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch, 5. Oktober, 19.30 Uhr, darüber.
Das Thema hat eine lange Vorgeschichte, die natürlich mit dem Coronavirus zu tun hat. Im vergangenen Sommer beschloss das Parlament, den Nachwuchs in Krippen und Kindertagesstätten besser zu schützen. Doch das gestaltete sich laut Bürgermeisterin Bärbel Schader schwieriger als gedacht, weil sich Kinder im Raum bewegen. Es könne nicht einfach ein Luftreiniger aufgestellt werden. Nach Diskussionen im Magistrat fiel die Entscheidung, sich beraten zu lassen: Das Planungsbüro Drees und Sommer, das die Stadt auch beim Großprojekt Campus begleitet, hat sich Pläne der acht städtischen Kitas angesehen, mögliche Geräte herausgesucht und die Förderanträge beim Bund vorbereitet.
„Wir haben uns vor Ort auch alles angesehen und mit den Personen gesprochen“, erklärte Johannes Schartel von Drees und Sommer in der Sitzung per Videokonferenz. Laut Schartel saugen die zwei mal zwei Meter großen Geräte Frischluft außen an, erwärmen diese mittels Wärmetauscher und leiten die Abluft wieder hinaus. „Man kann es sich wie einen Schrank im Raum vorstellen.“ Schwierig sei möglicherweise, überhaupt Fachkräfte für Wartung und Kontrolle zu finden. Jedenfalls müssten die Politiker rasch zu einer Entscheidung zu kommen, da es sonst eng werde mit der Förderung. Von der SPD kam direkt der Hinweis, die Verwaltung solle prüfen, ob sich die Frist verlängern lässt. Ob das gelingt, ist offen.
Viel Spielraum sieht Finanzchef Niederhöfer im Haushalt aber nicht. Der Entwurf für den Haushaltsplan 2023 bereitet ihm schon Sorgen: „Uns fällt die Kreis- und Schulumlage auf die Füße.“ Mit den Kosten für die Abwasserbeseitigung stünden plötzlich 2,65 Millionen Euro mehr als 2022 im Ergebnishaushalt. „Das müssen wir erst mal ausgleichen.“ Wenn Bürstadt dann noch die Förderung für die Geräte zurückgeben muss, kostet das alles plötzlich eine Million Euro, machte er klar.
„Es ist auch nicht so, dass die Erzieher begeistert wären darüber“, sagte Bürgermeisterin Bärbel Schader. „Da gibt es Ängste – vor allem wegen der Größe und der Lautstärke.“ Daraufhin überlegte Chantal Stockmann (FDP), ob das Personal die Geräte am Ende überhaupt nutzen und einschalten würde. Auch Lena Molitor (CDU) meinte, es sei kein Allheilmittel gegen Corona, und ob die Summe nicht besser anders für Kinder eingesetzt werden sollte. „Was ist sinnvoll? Und was kann ich mir leisten“, fragte Felix Koch (Freie Wähler) laut. Für ihn sprachen mehr Gründe dagegen: die Kosten, der Zeitdruck und die Vorbehalte in den Einrichtungen.
Als Mitarbeiter wäre er früher sicher nicht gefragt worden, wenn sein Arbeitgeber eine Lüftungsanlage installiert hätte, wandte Franz Siegl (SPD) ein. Er argumentierte mit Werner Klag (SPD) für die Anschaffung der Geräte. Beide hielten am Beschluss des Parlaments vor eineinhalb Jahren fest – vergeblich. Die Mehrheit im Ausschuss wollte die Pläne nicht weiter umsetzen. Mal sehen, wie die Stadtverordnetenversammlung entscheidet.
Geld muss die Stadt in den kommenden Jahren ohnehin in ihre Gebäude investieren. Laut Schader prüft die neue Klimaschutzmanagerin Michelle Ohl, wo es Potenziale gibt und was Priorität hat. „Wir müssen sehen, dass wir effektiver werden.“ Die Kita Arche Noah brauche eine neue Heizung. Dabei werde gleich kontrolliert, ob das Dach eine Photovoltaikanlage tragen könnte.
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