Bürstadt/Heppenheim. Seit mehr als einem Jahr gibt es die Ersthelfer-App, den sogenannten Kat-Retter. Das ist eine App speziell fürs Handy, die bei einem medizinischen Notfall zum Einsatz kommt und dafür sorgen soll, dass mögliche Ersthelfer schneller vor Ort sind als Notarzt oder der Rettungswagen - weil sie zufällig in der Nähe sind. So kommt es bei einem Herzinfarkt auf jede Minute an - wie kürzlich bei einem Fall in Bürstadt.
Beim Pressegespräch im Landratsamt in Heppenheim zog Landrat Christian Engelhardt eine Zwischenbilanz: „Mir geht es hier um ganz spezielle Fälle mit Personen und nicht nur um Statistiken. Um Fälle, bei denen mit dieser App Menschenleben gerettet werden konnten“. Neben Markus Stracke, dem Leiter der Leitstelle, waren auch die beiden Bürstädter Jan Freitag und Bernd Berg nach Heppenheim gekommen.
Ersthelfer Jan Freitag kam gerade aus der Dusche, als ihn der Notruf ereilte. Wenige Meter entfernt lag Bernd Berg regungslos in der Wohnung. Die Tochter des 65-Jährigen hatte die Leitstelle gerufen. „Ich weiß nur noch, dass ich im Garten war, ins Haus ging und dann gibt es einen Filmriss. Ich bin erst im Kreiskrankenhaus wieder aufgewacht“, berichtete Berg, langjähriger Fraktionschef der Bürstädter FDP. Er ist sich sicher, dass er ohne die schnelle Hilfe nicht mehr am Leben wäre.
System funktioniert immer besser, je mehr Leute sich anmelden
Stracke und Engelhardt ist es wichtig, die Menschen im Kreis Bergstraße auf die Existenz dieser speziellen Warn-App hinzuweisen. „Das ganze System funktioniert immer besser, je mehr sich registrieren und daran teilnehmen. Aktuell sind wir auf einem guten Weg, doch es kann noch besser werden“, sagte der Leistellenleiter und stellvertretende Kreisbrandinspektor. Das Gute an der Kat-Retter-App sei, dass man mit anderen Regionen, Kreisen und Großstädten vernetzt ist.
Bei einem echten Notfall, der von einer Leitstelle ausgelöst wird und die auch Notarzt und Rettungswagen alarmiert, meldet sich die App bei all denjenigen, die eine solche auf ihrem Handy haben und registriert sind. Nur vorher registrierte Nutzer können diese App auch nutzen. Das hat mehrere Gründe: Zum einen soll sichergestellt sein, dass nur Menschen helfen, die auch die nötigen medizinischen Grundkenntnisse haben. Dabei reicht die Teilnahme an einem Erste Hilfe-Kurs, die nicht zu lange zurückliegt. Zum anderen sollen sich diese Personen am Ort des Geschehens auch legitimieren können. Wird beispielsweise in der Mannheimer Innenstadt ein Notruf ausgelöst, könnte ein Heppenheimer oder Bensheimer, wenn er oder sie dort zufällig einkaufen ist, helfen. Auch die Angehörigen müssen wissen, dass da unter Umständen plötzlich ein „Fremder“ ins Haus kommt, der helfen möchte.
Diese Hilfe kann aber auch in der unmittelbaren Nachbarschaft stattfinden. Angeschrieben werden nur Kat-Retter, die sich in einem Radius von einem Kilometer rund um den Notfall aufhalten. In größeren Städten sind es lediglich 500 Meter. Will man bei einem medizinischen Notfall helfen, dann gibt man der Leitstelle Bescheid; kann man das nicht, darf man auch absagen. Seitens der Leitstelle wird übrigens kein Ersthelfer zu gefährlichen Einsätzen wie etwa Gewaltlagen oder Verkehrsunfällen gerufen.
Das Ganze ist ein ehrenamtlicher Dienst. Aktuell gibt es fast 500 registrierte Kat-Retter und im ersten Jahr gab es kreisweit 402 Alarmierungen, wie während des Pressegesprächs berichtet wurde. Die Mehrzahl der registrierten Kat-Retter haben beruflich einen medizinischen Hintergrund oder sind Angehörige von Hilfs- oder Rettungskräften. Und speziell an diesen Personenkreis wie Pflegepersonal oder Ärzte richtet sich der Aufruf, sich bei der Kat-Retter-App anzumelden. Es können sich letztlich aber auch an alle anderen Interessenten melden, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen.
Im Bürstädter Fall war es tatsächlich so, dass sowohl der DRK-Rettungswagen wie auch der Ersthelfer gemeinsam bereits nach nur sechs Minuten beim Patienten waren und ihm das Leben retten konnten - sicherlich ein Idealfall. Berg hatte einen Herzstillstand. Später wurde bei ihm ein Infarkt festgestellt.
Umso wichtiger ist die Ersthilfe, wenn der Rettungswagen nicht so schnell da sein kann. Dazu sind die Kat-Retter dann da oder, falls vorhanden, die sogenannten First Responder-Teams. Jan Freitag kam letztlich in Privatkleidung zum Helfen, doch „ich bin in meiner Freizeit DRK-Helfer, aber ich habe mich in diesem Moment bewusst entschieden, meine Uniform nicht anzuziehen, denn ich wollte als normaler Bürger helfen.“
Anmeldungen nimmt das Landratsamt entgegen
Digitalen Hilfsmitteln wie der Kat-Warn App gehören letztlich die Zukunft, ergänzte der Landrat. Vor allem in Zeitenweniger Fachkräften in manchen Rettungsleitstellen seien diese bald sogar unerlässlich. Wer Interesse hat, anderen Menschen in einer medizinischen Notlage zu Hilfe zu kommen, der kann sich über die Homepage des Landratsamts anmelden beziehungsweise Formulare herunterladen. Ansprechpartner ist die Abteilung Gefahrenabwehr im Landratsamt, die per E-Mail an rettungsdienst@kreis-bergstrasse.de zu erreichen ist.
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