Am Friedhof hat’s ein wenig länger gedauert, beim Kreisel am Lidl geht’s ruck-zuck: Die neue Kamera hängt nach wenigen Minuten am Laternenmast über den Infotafeln und hält demnächst ganz genau fest, wer alles nach Bürstadt rein- und rausfährt: Autos, Laster mit und ohne Anhänger, Motorrad- und Fahrradfahrer, zählt Corina Strohmenger auf. Allerdings: Es werden weder Nummernschilder noch Gesichter aufgezeichnet. „Wir überwachen unsere Bürger nicht“, stellt die städtische Digitalisierungsbeauftragte klar. Es geht lediglich darum, Daten zu sammeln. Und dafür hat die Kamera den kompletten Kreisel im Blick.
Die Zahl der Fahrzeuge wird künftig an verschiedenen neuralgischen Punkten gemessen. An der Kreuzung Forsthausstraße und Nibelungenstraße beispielsweise. Wo sich der Verkehr oft knäult, wenn die Bahnschranken unten sind. Und sich lange Schlangen bilden, wenn jemand nach links abbiegen will. In der Bobstädter Frankensteinstraße zeichnet eine Kamera dann ebenfalls auf, wie viele Laster durch den Ortsteil brummen. Genau wie an der Wendelinusstraße im Boxheimerhof.
„Wir sind im Endspurt“, berichtet Strohmenger. Gemeinsam mit Ordnungsamtsleiter Rainer Stöckel und den Lampertheimer Kollegen Sabine Vilgis und Christian Pagelkopf ist sie für Smart City verantwortlich. Die beiden Nachbarstädte stemmen das Projekt gemeinsam, und machen damit einen großen Schritt in Richtung Zukunft, ist Strohmenger überzeugt.
Seit Sommer werden in beiden Städten jede Menge Sensoren verbaut – mit sehr unterschiedlichen Funktionen. Sie messen die Trockenheit in den Beeten oder überwachen kritische Straßenzüge, die anfällig für Glatteis sind. Vor allem die Parkplatzsuche soll die neue Technik erleichtern: So zeigen Sensoren an, ob Behindertenparkplätze frei oder besetzt sind und wie es mit Plätzen an den E-Ladestationen aussieht. „Das kann man dann direkt auf unserer Plattform sehen“, kündigt die Digitalisierungsbeauftragte an.
Daten sammeln die beiden Städte auch in den Anglerseen und am Rhein. Wie sieht die Gewässerqualität aus? Und der Pegelstand? Wetterstationen sind ebenfalls geplant. „Wind, Regen, CO₂, Temperatur“, zählt Strohmenger auf. Alle Daten werden gesammelt und in einem Dashboard der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. „Dann kann man bei Hitze auf einen Blick sehen, wo es kühler und angenehmer ist.“
In den nächsten Wochen könnte es so weit sein: „Wir gehen bald online“, freut sich Strohmenger, wenn das aufwendige Projekt abgeschlossen ist. Und auch Stöckel nickt überzeugt. „Sehr arbeitsaufwendig“, nennt er das Projekt. Das meiste sei inzwischen aber geschafft, jetzt müssten noch die neuen Verkehrskameras und die letzten Sensoren eingepflegt werden. Einen festen Starttermin gibt es noch nicht, spätestens im neuen Jahr soll es allerdings so weit sein. Dieser Termin wurde beim Besuch der hessischen Digitalministerin Kristina Sinemus im Sommer als Zielvorgabe genannt.
Förderprogramm „Starke Heimat“
- Mit dem Förderprogramm „Starke Heimat“ unterstützt Hessen Digitalisierungsprojekte der Städte und Gemeinden. Dazu gehört auch die „Interkommunale Smart City Strategie“, für die sich nur jeweils zwei Kommunen zusammen bewerben können.
- Für ihr neues, gemeinsames Sensornetz erhalten Bürstadt und Lampertheim rund 2,5 Millionen Euro und damit 90 Prozent der Kosten. Die übrigen zehn Prozent zahlen die beiden Städte selbst.
- Noch bis Ende des Jahres haben die beiden Städte Zeit, alle Vorhaben in die Tat umzusetzen und das Projekt Smart City abzuschließen. Alle Daten sollen nach erfolgreichem Abschluss unter smarte-region-hessen.de online gestellt werden.
- Beide Städte laden zum öffentlichen Infoabend am Montag, 24. November, 19 Uhr , ins Lampertheimer Stadthaus ein, um das Projekt, den aktuellen Stand und den Zeitplan vorzustellen.
Dann können die Einwohner ganz genau im Auge behalten, was in ihren Städten vorgeht. „Man kann sich von jedem Sensor die Statistiken anschauen und die Daten herunterladen“, kündigt die Rathaus-Mitarbeiterin an. Und zwar nicht nur vom eigenen Rechner oder Smartphone aus, sondern auch an neuen Stellen, wie sie unter anderem am Bürstädter und auch am Lampertheimer Marktplatz aufgebaut werden sollen.
Zunächst geht es vor allem um Informationen, die die beiden Städte sammeln und die beispielsweise in die Verkehrsplanung fließen. „Wir können mit den Kameras belegen, wie viele Laster durch Bürstadt fahren“, macht die Fachfrau deutlich. Verkehrsströme lenken ließen sich damit allerdings nicht.
Automatisches Steuern ist dagegen bei den smarten Laternen möglich, wie sie beispielsweise zwischen Bürstadt und Riedrode vorgesehen sind. „Wenn es dort einen Notfalleinsatz gibt, können wir sie tatsächlich heller machen.“ Einige reagieren auch auf Bewegungen, werden heller, wenn sich jemand nähert, und dunkler, wenn sich jemand entfernt. „Auf dem Bildungs- und Sportcampus funktioniert das schon“, versichert Strohmenger. Ein kleiner Film soll die spezielle Lightshow demnächst auch in den sozialen Medien bekannt machen, hat sie sich vorgenommen.
Zumindest das Bauhof-Team dürfte sich sehr darauf freuen, dass künftig Eisglätte per Sensor gemessen wird. „Dann muss niemand nachts wach bleiben und aufpassen, ob es Frost gibt“, kündigt die Digitalisierungsbeauftragte an. Der Alarm kommt künftig automatisch übers Handy – eine neue Technik, die für ruhigen Nachtschlaf sorgt. „Das ist doch eine Riesenerleichterung.“
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