Bürstadt. Mit einer Art Ringtausch wollen die Bürstädter Grünen gemeinsam mit der SPD den Gordischen Knoten in Sachen Obdachlosenunterkunft in Bürstadt zerschlagen. Dazu legen die beiden Fraktionen ein umfassendes Konzept vor - und hoffen, dass nun Bewegung in die Sache kommt. „Uns kann jetzt niemand mehr vorwerfen, alles abzulehnen und keine eigene Idee zu haben“, sagt Uwe Koch, Fraktionschef der Grünen. Denn die CDU hatte bereits ein Konzept vorgelegt - das die Obdachlosenunterkunft auf dem Freizeitkickergelände vorsieht.
„Auf freier Fläche was Neues zu bauen, ist einfach. Wir aber kommen mit den vorhandenen Grundstücken aus“, argumentiert Koch für den Vorschlag. Demnach sollen nacheinander die maroden städtischen Unterkünfte abgerissen und wieder aufgebaut oder kernsaniert werden. Dafür wünscht sich Lothar Ohl (SPD), der das Konzept mit Koch entwickelt hat, baldmöglichst Diskussionen in allen Ausschüssen. „Wir müssen im nächsten Haushalt Geld dafür einstellen, um endlich Nägel mit Köpfen zu machen.“
Da Koch und Ohl an den bisherigen Standorten festhalten, sind übergangsweise Container nötig, um die Menschen unterzubringen, während die maroden Häuser kernsaniert oder abgerissen und neu gebaut werden. Dieses Containerdorf sehen Grüne und SPD auf dem Bolzplatz an der Karlsbader Straße oder auf den Berliner Platz. Einziehen sollen zunächst Bewohner der Görlitzer Straße. Deren Unterkunft gilt als nicht mehr menschenwürdig. Doch auf einen neuen Standort können sich die Fraktionen im Parlament seit Jahren nicht einigen.
Manche unverschuldet in Not
Ob eine Sanierung sinnvoll ist oder etwas ganz Neues in der Görlitzer Straße entsteht, müsse noch entschieden werden. Sobald die neue Unterkunft bezugsfertig ist, sollen zunächst Bewohner der Unterkunft Bahnhofsallee 1-3 einziehen, damit dort das Gebäude abgerissen werden kann. Der Neubau für Wohnungslose solle in Modulbauweise entstehen, wie es die Planungsgruppe Soziale Partnerschaft (SoPa) vorgeschlagen hat.
Damit würde Bürstadt über zwei neue Unterkünfte verfügen - und den verschiedenen Arten der Obdachlosigkeit gerecht werden. So sieht es Diakonie-Mitarbeiterin Katharina Alborea vor, die in Bürstadt zuständig ist für Wohnungslose. Demnach gibt es ältere Menschen, die finanziell in einer schwierigen Situation sind, und dann eben die „prekäre Obdachlosigkeit“, die Drogen- oder Alkoholsucht zur Ursache hat. Beide Gruppen leben in der gleichen Unterkunft in der Görlitzer Straße. Diesen unzumutbaren Zustand wollen Grüne und SPD ändern und räumliche Distanz schaffen.
In der erneuerten Bahnhofsallee wollen sie die schwierigen Fälle mit Suchtproblematik unterbringen - in unmittelbarer Nähe zur Ordnungspolizei im Bahnhofsgebäude. Diese könne bei Problemen schnell eingreifen. Vor allem wäre diese Bewohnergruppe in der Bahnhofsallee nicht in unmittelbarer Nähe zu Schulen, Kindergärten oder Spielplätzen. „War dies doch eines der Hauptargumente gegen einige der alternativ vorgeschlagenen Standorte“, erläutern Grüne und SPD.
In die dann neuen Unterkünfte der Görlitzer Straße sollen Rentner oder auch Frauen ziehen, die unverschuldet in Not kamen. Das seien umgängliche Menschen, die die Anwohner vor Ort nicht belasten. Die Themen bezahlbarer Wohnraum und menschenwürdige Unterkünfte seien also eng verzahnt.
Freizeitkicker bleibt unangetastet
Sobald die beiden Obdachlosenunterkünfte fertiggestellt seien und das Containerdorf leer stehe, könnte Letzteres Flüchtlinge aufnehmen. Falls dies nicht notwendig sei, weil genügend Wohnungen gefunden oder Menschen ohne Bleiberecht zurückgeschickt wurden, würde es wieder abgebaut. SPD und Grüne sehen in diesem Ringtausch viele Vorteile: Alle Gebäude und Flächen gehören der Stadt, es müssten keine Bebauungspläne geändert werden - und es könnte bald losgehen. Zudem bliebe der vieldiskutierte Freizeitkicker unangetastet.
„Jetzt hören wir auf mit Prestigeprojekten wie dem Campus und kümmern uns endlich um die Obdachlosen“, fordert Lothar Ohl. Sein Kollege Uwe Koch zeigt sich zudem offen, gemeinsam mit allen Stadtverordneten zu einer guten Lösung zu finden. „In den Ausschüssen diskutieren wir darüber - dabei könnten weitere Ideen einfließen.“
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