Politik

In Bürstadts Parlament entbrennt Streit um Posten

Wortbruch wirft Holger Halkenhäuser von den Freien Wählern der SPD vor. Denn diese gesteht der CDU plötzlich das Amt als Stadtverordnetenvorsteher zu. Das übt bis Herbst noch Franz Siegl aus

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Corinna Busalt
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Wer folgt auf Franz Siegl als Stadtverordnetenvorsteher? Im Herbst will sich der Bobstädter mit 74 Jahren komplett aus der Politik zurückziehen. © Berno Nix

Bürstadt. Franz Siegl (SPD) will Mitte Oktober seine letzte Stadtverordnetenversammlung leiten und sich dann mit einer persönlichen Erklärung von der Kommunalpolitik verabschieden. Holger Halkenhäuser von den Freien Wählern möchte den Posten übernehmen, doch SPD-Fraktionsvorsitzender Lothar Ohl sieht diesen Posten plötzlich bei der CDU als größter Fraktion. „Das ist Wortbruch“, sagt Halkenhäuser.

Halkenhäuser erinnert an die Abmachung nach der Kommunalwahl, als sich seine Fraktion mit SPD und Grünen darauf geeinigt hatte, dass zuerst die SPD mit ihren erfahrenen Politikern den Stadtverordnetenvorsteher und auch den Ersten Stadtrat stellen und nach der Hälfte der Legislaturperiode wechseln.

Wechselnde Mehrheiten geplant

Dann sollten die Freien Wähler zum Zug kommen. Daraufhin wurden zwei SPD-Urgesteine gewählt: Werner Klag zum Ersten Stadtrat und Franz Siegl zum Stadtverordnetenvorsteher. Christoph Lang von den Freien Wählern hat Klag bereits ersetzt, weil der die Chance ergriff, ins Parlament zurückzukehren. Siegl will wie geplant im Herbst aufhören.

 Bürstadts Parlament

  • Bürstadts Parlament hat 31 Sitze.
  • Stärkste Kraft ist die CDU mit elf Stadtverordneten, gefolgt von Freien Wählern mit sieben, SPD mit sechs, Grüne mit fünf und FDP mit zwei Kommunalpolitikern.
  • Die nächste Sitzung der Stadtverordnetenversammlung steht am Mittwoch, 10. Oktober, 19.30 Uhr, an.

„Im April 2021 war ein anderer Politikstil gewünscht“, sagt Halkenhäuser. Nach der langen politischen Übermacht durch die CDU sollte es bei Entscheidungen im Parlament wechselnde Mehrheiten geben. Die CDU wurde zwar stärkste Kraft mit elf Sitzen, blieb wegen der Abmachung zwischen Freien Wählern, SPD und Grünen bei den wichtigsten Ämtern aber außen vor - was zu Kritik führte. Jetzt sagt Lothar Ohl: „Die CDU kann als stärkste Fraktion den Stadtverordnetenvorsteher stellen.“

In den Reihen der SPD gebe es keinen geeigneten Kandidaten. Halkenhäusers Vorwurf, dass er sein Wort breche, lässt Ohl nicht gelten. „Die Abmachung war mit dem Namen Felix Koch verknüpft. Für Halkenhäuser gibt es keine Mehrheit, das weiß er.“

„Flurschaden hinterlassen“

Felix Koch, der bislang den Bauausschuss leitet, verlässt das Parlament, weil er nach Groß-Rohrheim zieht. Übrigens muss auch Svenja Halkenhäuser, die nun in Lampertheim lebt, ihr Mandat für die Freien Wähler niederlegen. Für sie rücken Niklas Strandt und Tanja Vetter nach, informiert Holger Halkenhäuser. Er will an Kochs Stelle bei der Wahl des Stadtverordnetenvorstehers antreten. „Dann müssen alle Farbe bekennen.“ Für das Amt würde er den Fraktionsvorsitz abgeben, aber Ortsvorsteher von Bobstadt bleiben.

Behalten will er auch den Vorsitz im Haupt- und Finanzausschusses, in dessen Funktion er parteiübergreifend Lob bekommen habe. „Ich habe mich zweieinhalb Jahre bewiesen.“ Unverständlich ist ihm daher, warum er nicht das Parlament leiten solle. Das enttäusche ihn sehr.

Ich werde sicherleich keinen zwingen, eine bestimmte Person zu wählen. Es ist eine geheime Wahl, und dabei kann alles passieren
Uwe Koch Grünen-Fraktionschef

Lothar Ohl meint, sowohl die SPD- als auch die Grünen-Fraktion habe ein Problem mit Halkenhäuser. Denn dieser war in früheren Jahren schon für beide Parteien aktiv und habe „riesigen Flurschaden hinterlassen“. Grünen-Fraktionschef Uwe Koch sagt nur: „Ich werde sicherleich keinen zwingen, eine bestimmte Person zu wählen. Es ist eine geheime Wahl, und dabei kann alles passieren.“

Zwei von fünf Stadtverordneten seiner Fraktion seien zudem neu und hätten mit der Vereinbarung von vor zweieinhalb Jahren nichts zu tun. Denn für Silke und Erhard Renz rückten vor gut einem Jahr Jan Hoffmann und Klaus Alföldi nach. Koch will erst einmal abwarten, wer sich aufstellen lässt. Chantal Stockmann (FDP) würde sich übrigens Sabine Hofmann von den Grünen wünschen. Voraussichtlich im November steht die Wahl des Stadtverordnetenvorstehers an.

Umstrittene Sitzungsleitung

„Natürlich haben wir geeignete Personen in den eigenen Reihen“, sagt Ursula Cornelius, Fraktionsvorsitzende der CDU. Überrascht habe sie Ohls Ankündigung schon. Namen will sie aber noch nicht nennen. Ihr Parteifreund Alexander Bauer hatte Siegl vor zweieinhalb Jahren sogar vorgeschlagen, sich mit ihm das Amt als Vorsteher zu teilen - und abwechselnd auszuüben. Ambitionen habe er jetzt aber nicht, sondern als Landtagsabgeordneter genug zu tun.

Bauer findet es nur richtig, wenn die stärkste Kraft im Parlament diesen Posten erhält. Er denkt dabei an Jürgen Eberle, der das Amt vor der Kommunalwahl schon einmal inne hatte. „Damals gab es keine Beschwerden und keinen Abwahlantrag“, sagt Bauer - mit Verweis auf Siegls umstrittene Sitzungsleitung.

Siegl selbst gibt zu: „So neutral, wie ich hätte sein sollen, konnte ich nie sein.“ Nach 25 Jahren als SPD-Fraktionschef sei ihm das eben schwer gefallen. Mit 74 Jahren - davon 34 Jahre in der Kommunalpolitik - sei jetzt der richtige Zeitpunkt, um aufzuhören. „Nun müssen 31 Stadtverordnete aus ihrer Mitte heraus den Vorsteher wählen.“ Wer das ist, müsse ihm egal sein. „Dass nun das Hauen und Stechen darum losgeht, wundert mich aber schon.“

Redaktion Redakteurin des Südhessen Morgen und zuständig für die Ausgabe Bürstadt/Biblis

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