Bürstadt. „Viva la vida“ von Coldplay auf der Orgel? Klingt sehr schön. Das Stück hat Moritz Getrost bereits in einen Gottesdienst eingebaut. Der 17-Jährige ist einer von fünf Organisten der evangelischen Gemeinde, hat im März 2020 die D-Prüfung abgelegt und ist seit Dezember offiziell unter Vertrag. Er hat eine Viertelstelle, also zwölf Gottesdienste im Jahr.
Wenn die denn wieder stattfinden können, denn Corona weist alle in die Schranken. „Im letzten Jahr habe ich gerade noch einen Gottesdienst gespielt, dann kam der erste Lockdown. Im Herbst gab es dann wieder einige. Wann es wieder weiter geht, weiß niemand“, zuckt Getrost mit den Schultern. Er mag es, moderne Stücke einzubauen, je nachdem, welchen Gottesdienst er spielt und wie sich das Publikum zusammensetzt.
Musik ist eine der Leidenschaften des Abiturienten, der in Bensheim aufs Gymnasium geht. Mit sechs Jahren hat er angefangen, Klavier und Akkordeon zu spielen. Mit 14 kam dann die Orgel dazu. „Sie klingt so majestätisch. Darauf gebracht hat mich mein Musiklehrer, der selbst Orgel spielt“, erzählt Getrost. Die D-Prüfung ist ein Eignungsnachweis in den „Fähigkeiten für den kirchenmusikalischen Dienst“, so der offizielle Ausdruck.
Dafür musste der 17-Jährige nicht „pauken“ wie im Unterricht. „Vieles davon lernt man beim Spielen“, bestätigt er. In einem Prüfungsgespräch musste er erzählen, wie das Kirchenjahr aufgebaut ist, was alles im Gesangbuch steht, er musste selbst singen, Intervalle hören und anstimmen, und ein bisschen Orgelbaukunde stand ebenfalls auf dem Programm.
Lautes Tosen und leichte Klänge
Die größte Orgel, auf der er gespielt hat, steht im Lampertheimer Dom. Das Instrument in der Heinrichstraße ist dagegen nur ein Knirps mit ihren zwei Manualen. Aber selbst das bietet viele Möglichkeiten, ein Stück zum Klingen zu bringen. Beispielsweise mit dem Register „Mixtur“, das den richtigen Orgelklang erzeugt.
Aber es gibt weitere Register, mit denen die Töne nach Oboen, Flöten, Posaunen oder anderen Instrumenten klingen. Ganz so, wie Getrost sich entscheidet. Denn nicht immer muss die Orgel brausen und tosen. Es gibt auch Gottesdienstteile, in denen leichte und luftige Klänge gefragt sind. „Es ist erstaunlich, wie viel man mit der Orgel instrumentieren kann“, so der 17-Jährige. Wenn er die Wahl hätte, auf welcher Orgel er spielen dürfte, fällt ihm das Straßburger Münster oder die in Notre Dame in Paris ein, was ja derzeit leider nicht geht.
Was er nach dem Abitur beruflich machen will, weiß Getrost jetzt noch nicht. „Vielleicht Kinderarzt oder Jura studieren. Die Musik ist eine meiner Leidenschaften, die wird für immer bleiben, auch wenn ich einen anderen Beruf ergreife.“ So ganz ausschließen will er die Musik allerdings nicht. Als sportlichen Ausgleich spielt er Tischtennis beim TV.
Ein eigenes Instrument hat er nicht. Dafür aber den Schlüssel zur Kirche in der Heinrichstraße. „Hier kann ich jederzeit herkommen um zu üben.“ Und das ist nötig, damit er seine Spielfertigkeiten behält.
Er probiert alles aus, von Klassik bis zu aktuellen Stücken. Bach ist für ihn der wichtigste Komponist für die Orgel, und den kann er genauso spielen wie Coldplay oder Stücke aus „Star Wars“. Zum Spielen zieht Getrost spezielle Schuhe an, um die Pedale bedienen zu können, und hat sich für Tanzschuhe mit einem kleinen Absatz entschieden. Und er freut sich drauf, wenn er endlich wieder für die Gemeinde Orgel spielen kann.
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