Bürstadt/Biblis. In der Praxis von Dr. Michael Moser in Bürstadt klingelt unentwegt das Telefon. Seit der Aufhebung der Impfpriorisierung ist in vielen Hausarztpraxen die Hölle los. „Es ist ziemlich stressig, der Arbeitsaufwand fürs ganze Team enorm“, sagt der Arzt. Auch sein Bibliser Kollege Dr. Panagiotis Porikis spricht von „höchster Belastung.“ Elfi Hoffmann weiß schon gar nicht mehr, wie lang die Warteliste für eine Corona-Impfung in der Hausarztpraxis am Jahnplatz ist. Und Thuy Thuy Truong schafft es vor lauter Arbeit noch nicht einmal ans Telefon.
„Das Impfen stellt die Hausarztpraxen vor ein Riesenproblem“, fasst es Hoffmann zusammen. Dabei hatten viele Allgemeinmediziner schon zu Beginn der Impfkampagne gefordert, die Spritze in der eigenen Praxis zu geben. „Das Impfen ist dabei auch der kleinste Akt, aber das ganze Drumherum – E-Mails beantworten, Anrufe entgegennehmen – kostet viel Zeit“, erklärt Michael Moser. Seine Kollegin Elfi Hoffmann übt vor allem Kritik an der vielen Bürokratie, was Beratung und Aufklärung anbelangt. „Wir machen bald nichts mehr außer Impfen“, beklagt die Medizinerin. Dabei gebe es ja noch andere Erkrankungen ihrer Patienten, um die man sich dringend kümmern müsse.
Lieferung ungewiss
Bei den meisten Allgemeinmedizinern in Bürstadt und Biblis hat es bisher zwei Impftage in der Woche gegeben. Mittlerweile gibt’s die Spritze aber auch an anderen Tagen vor und nach der Sprechstunde. In der Praxis Truong und Vinh Hoan Du seien bisher mehr als 665 Menschen gegen Covid-19 geimpft worden, diese Woche 42, teilt Mitarbeiterin Thuy-Nga Truong mit. Mittlerweile sei der Impfstoff weniger geworden, so dass bei ihnen momentan keine Impfungen mit dem Präparat von Biontech/Pfizer möglich seien. „Diese Woche impfen wir mit Johnson & Johnson und AstraZeneca.“ In der Praxis von Dr. Moser werden jede Woche etwa 100 Menschen geimpft.
Die Impfstoffbeschaffung ist auch bei allen befragten Medizinern nicht einfach. „Wir rufen dienstags in der Apotheke an, und donnerstags wissen wir, was wir für die kommende Woche kriegen“, sagt Elfi Hoffmann. Wie viel die Praxis dann wirklich bekomme, sei sehr unterschiedlich.
Immer auf dem Schirm haben müssen die Ärzte dabei die Zweit-impfung, die in gewissem Abstand erfolgen muss. „Wir bestellen immer die Höchstmenge, die man pro Arzt bekommt“, erzählt Panagiotis Porikis. Seit die Betriebsärzte auch mit-impfen, bekomme er allerdings etwas weniger Vakzin.
Probleme macht den niedergelassenen Ärzten nicht nur die Impfstoffbestellung, sondern auch die Terminvergabe. „Viele Patienten sind ungehalten, weil die Politik etwas verspricht, das kaum umzusetzen ist“, erklärt Porikis. Nicht jeder, der möchte, könne sofort einen Termin bekommen. Teilweise stehen mehrere hundert Patienten bei den Hausärzten auf der Warteliste. „Die Patienten reagieren sehr unterschiedlich“, sagt Elfi Hoffmann: „Diejenigen, die schon sehr lange warten, sind frustriert, weil andere woanders vor ihnen einen Termin bekommen. Da gibt es dann Impfneid.“
Und wieder läutet das Telefon. Um der Lage Herr zu werden, gibt es in der Praxis Truong eine Bandansage zur aktuellen Impfsituation . Auch Michael Moser zieht ebenfalls Konsequenzen: Seine Praxis bekommt eine neue Telefonanlage, um besser mit dem Patientenansturm klar zu kommen.
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