Bürstadt. „Sich einfach mal umschauen und sehen, was sich so bietet!“ So wie Tiana ergeht es einem Großteil der Schüler, die sich ab 8 Uhr in der TSG-Halle einfinden. Die Ausbildungs- und Jobmesse von Stadt, Arbeitsagentur und Erich-Kästner-Schule (EKS) soll jungen Menschen berufliche Perspektiven aufzeigen. Vor allem Themen rund um die Pflegeberufe interessieren die 14-Jährige, die später Tierärztin werden will. „Vielleicht nebenbei in der Pflege mithelfen“, das kann sich Tiana gut vorstellen. Einen ersten Einblick habe sie bereits mithilfe ihrer Schule erhalten. „Old meets Young“ heißt das Projekt, bei dem die Schüler Seniorenheime aufsuchen und den Umgang mit älteren Menschen erlernen.
Auch Sara und Anousha besuchen die neunte Klasse des gymnasialen EKS-Zweigs. Für Anousha ist Informatik am spannendsten. Das Fach oder eine artverwandte Disziplin möchte sie später studieren. Ihre Computer-Affinität bringt die 15-Jährige schon jetzt im Wahlpflicht-Unterricht ein, gemeinsam mit Tiana und Sara.
Neues Format soll das Informationsangebot noch attraktiver machen
Damit Schüler und Betriebe sich kennenlernen, dafür engagiert sich seit Jahren Beate Späth. Als Ausbildungskoordinatorin ist sie für die Berufsberatung der EKS zuständig. Heute hat sie alle Klassen aller Schulzweige ab Jahrgangsstufe acht zum Besuch der Messe motiviert. Auch wenn das Format in dieser Form neu ist, gibt es reichlich Erfahrung: Bisher hatte in der Schulturnhalle eine reine Ausbildungsmesse stattgefunden, berichtet die Lehrerin für Mathematik, Religion und Arbeitslehre. Nun ist alles größer und damit ein „klassischer Testballon“, wie Michael Kalman und Janina Deutsch beipflichten. Das Duo vertritt den Arbeitgeberservice der Bundesagentur und kooperiert mit der Stadt. „Möglichst hürdenfrei“ wolle man den Weg von jungen Menschen ins Unternehmen gestalten. Die von der EKS initiierte Messe-Ausweitung soll das Angebot für die Schüler noch interessanter machen, sagt Bürstadts Wirtschaftsförderer Tim Lux.
Neu ist auch der zweite Programmteil ab 12.30 Uhr. Dann öffnet sich die Halle für arbeitssuchende Erwachsene, die neue berufliche Perspektiven oder den Wiedereinstieg anstreben. Reichlich Andrang herrscht derweil bei der Bundespolizei. „Alles, was Uniform hat, ist beliebt“, weiß das Team der Einstellungsberatung. „Heute suchen wir zur Abwechslung mal die Guten“, prangt als launiges Motto auf einem Werbebanner. „Sichere Zukunft, attraktiver Verdienst“ – das verspricht die Behörde sowohl in Form einer Ausbildung im mittleren Dienst als auch mit dem dualen Studium an der Bundespolizeiakademie, das den Weg in den gehobenen Dienst eröffnet.
Eine Vielzahl der 50 Aussteller entfällt an diesem Tag auf den sozialen und administrativen Bereich, durchaus ein Trend. „Pflege ist Kunst“, heißt es am Stand von Agaplesion. Die in Frankfurt ansässige Organisation ist Träger des Dietrich-Bonhoeffer-Hauses in Lampertheim, dem Arbeitsplatz von Silke Ofenloch. Die Wohnbereichsleiterin und Praxisanleiterin sucht „immer wieder Azubis“. 15 sind derzeit unter Vertrag. Mindestens ein Jahr dauert die Ausbildung zur Pflegehelferin, drei Jahre die generalisierte Ausbildung zur Pflegefachfrau.
Für das Handwerk ist es schwierig, Interessenten zu finden
Besonders schwierig ist die Suche für das klassische Handwerk, wo de facto ein Mangel herrscht: „Wir benötigen Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik“, appelliert Heiko Blumenschein. Der Betriebsleiter bei Brenner Elektrotechnik hat den Beruf einst erlernt und sich zum Betriebswirt weitergebildet. Der Ausbildungsgang ist speziell und gilt als anspruchsvoll. „Nur 45 Personen werden im Moment in ganz Hessen ausgebildet“, berichtet die Führungskraft. Deswegen sei man für diesen Job der größte Ausbildungsbetrieb im gesamten Land. Vier Azubis will man pro Lehrjahr einstellen, „um die Rentenabgänge der nächsten zehn Jahre zu kompensieren“. Einer, der schon dabei ist, ist Lennart Jahr.
Der 17-Jährige hat im Sommer den Realschulabschluss der EKS erreicht. Als ehemaliger Schüler ist er ein gern gesehener Ansprechpartner für die jungen Besucher – ein Konzept, das auch andere Aussteller umsetzen. Physik, Mathematik, handwerkliches Interesse, darauf komme es bei der dreieinhalbjährigen Ausbildung zum Elektroniker für Maschinen- und Antriebstechnik an. Immerhin sei man am Ende „Schlosser, Mechaniker und Elektriker in einem“, betont Heiko Blumenschein, der schon bei den Messen in der Turnhalle der EKS präsent war. Ein derartiges Engagement des Handwerks sei dringend notwendig, die Interessenten stünden nicht gerade Schlange. Zoll, Polizei und Gesundheitsberufe seien bei den Schülern oft angesagter, „das Handwerk schreckt noch zu viele ab“.
Auch bei der Arbeitsagentur beobachtet man die Entwicklung „hin zur weiterführenden Schule“. Wirtschaftsförderer Tim Lux würdigt die erneut sehr gute Zusammenarbeit mit der EKS. Erfolgreiche Vermittlungen gebe es immer wieder, nicht nur bei Brenner Elektrotechnik. Mit dem Zuspruch beim neuen Messe-Format ist die Stadt Bürstadt zufrieden. Profitieren soll vor allem die Schule, der die Überschüsse zugutekommen. Anschaffungen sollen damit ermöglicht werden. Zur Finanzierung der Ausbildungs- und Jobmesse haben unterdessen allein die Standbetreiber beigetragen.
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