Kulturbeirat - Kabarettistin Barbara Ruscher amüsiert im Ratskeller mit ihrem Programm "Panierfehler! Ein Fischstäbchen packt aus"

Günther weint um seine Gräte

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Panierfehler: Barbara Ruscher reißt zig Witze in Bürstadts Ratskeller.

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Bürstadt. Diese Frau ist nicht auf den Mund gefallen. Als Barbara Ruscher am Freitagabend in Bürstadt ihr aktuelles Bühnenprogramm "Panierfehler! Ein Fischstäbchen packt aus" präsentierte, war es nur schade, dass die Vorstellung aufgrund mangelnder Nachfrage vom Bürgerhaus in den Kuhstall des Ratskellers verlegt werden musste. Pech für alle, die sich nicht für die Veranstaltung entschieden hatten, denn der Auftritt der bundesweit bekannten Kabarettistin war einen Besuch - und viele Lacher - wert.

Im familiären Ambiente des Kuhstalls fremdelte Ruscher nicht mit dem Publikum, sondern ging direkt auf die Gäste zu. Rasch kam es zum Zwiegespräch mit einem Herrn in der ersten Reihe, sie riss Witze über Fotografen, die immer dann auf den Auslöser drücken, wenn ihre Mimik gerade nicht so fotogen ist, und als die Nase lief, ließ sie sich ein Taschentuch von der freundlichen Dame vor ihrem Klavier reichen.

Der Inhalt des Programms war eher extravagant: Welcher Kabarettist redet schon über Fischstäbchen? Dabei lässt sich hier noch so viel lernen. "1,8 Milliarden Fischstäbchen vertilgen die Deutschen jährlich, die meisten davon die Erwachsenen - allein Rainer Calmund eine Milliarde." Während die Vielfalt von Sushi nichts sei für Entscheidungsschwache, mache der Deutschen liebstes Fischgericht das Leben leicht. In die Pfanne und gut. Ruscher spricht von ihrer Liebe zu Tiefkühlkost, geliefert vom Bofrost-Mann, "der so sicher wiederkommt wie Wollmäuse".

Hohes Tempo, keine Zoten

Was ein Panierfehler ist, beantwortet ein singendes Fischstäbchen namens Günther. Es gammelt in der Tiefkühltruhe einer Intellektuellen vor sich hin - als ehemaliger Seelachs beweint es das Verschwinden seiner Freundin Grete oder Gräte. Und es geht hart mit den Essgewohnheiten der Menschen ins Gericht. Gesundheitsbewusste, die Tofu panieren? Das ist der Panierfehler.

Der Wahl-Kölnerin ist ein Teil der Bundesbevölkerung besonders suspekt: Intellektuelle aus Köln-Sülz. Mit vielen Kindern belagern sie mit ihren Sören-Wotans und Jim-Dschingis die Spielplätze, tragen in ihren Tupperdöschen geschnippelte Rohkost mit sich herum und provozieren mit ihrer demonstrativ zur Schau gestellten Abneigung von Gewalt zur Lösung sozialer Konflikte.

Ruschers Tempo ist hoch, trotzdem überfordert sie ihre Zuhörer nicht. Politik ist nicht ihr Thema, ebenso wenig neigt sie zu billigen Zoten oder Fäkalsprache. Ihre sympathische Art kommt in Bürstadt gut an. Sie spricht Themen an, die großen Wiedererkennungswert haben. Gelächter und Kopfschütteln kommen oft gleichzeitig.

Ob der Mann am Grill tatsächlich deshalb schweigt, "weil er sich schämt, die Wurst nicht selbst gejagt zu haben", kann nicht definitiv geklärt werden. Für Erheiterung sorgen auch das Lied über den Mageninhalt der Generation Rohkost, der Blog eines Digital-Native, und eines Babys aus dem Mutterleib. Außerdem macht Ruscher ihren Zuhörern klar, dass Kindergeld das Gleiche ist wie Arbeitslosengeld - nur ohne Ausschlafen.

Die Botschaft des Abends könnte lauten: Das Leben ist absurd und das Absurde normal. Wer das nicht glaubt, solle doch beobachten, wie sich Menschen, die ein Smartphone besitzen, in Gegenwart anderer benehmen. Kommunikation? Fehlanzeige! Sie sah schon jemanden ins Handy pusten, weil er sich eine Grill-App heruntergeladen hatte und die Glut anfachen wollte. jkl

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