Am 15. Mai soll die Saison im Bürstädter Waldschwimmbad starten – mit Personal des Energieversorgers GGEW am Beckenrand und an der Technik. Im Haupt- und Finanzausschuss sahen alle Kommunalpolitiker nur Vorteile in der Betriebsübernahme, insofern dürfte der entscheidende Beschluss in der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 21. März, Formsache sein.
„Es reicht nicht aus, mit unserem Herrn Bergmann und Herrn Kardasch das Bad zu betreiben“, sagt Bürgermeisterin Bärbel Schader in der Sitzung. Wobei genau das über viele Jahre Alltag war: Seit bald 40 Jahren ist Schwimmmeister Hans-Jürgen Bergmann quasi Herr der Becken, seit 2010 steht ihm Leonid Kardasch zur Seite. Schichten von bis zu 13 Stunden, über Wochen ohne freien Tag waren für sie selbstverständlich. Bis zur Pandemie, inzwischen ist dies im Sinne des Arbeitsschutzes undenkbar. Also suchte die Stadt mühsam Personal – wie viele andere Freibäder auch. Denn Rettungsschwimmer für die Aufsicht sind rar in der kurzen Saison. In der Not griff die Stadt auf einen Personaldienstleister zurück – übrigens denselben, den auch die GGEW nutzt.
Künftig falle die schwierige Suche nach Personal weg, zudem könne endlich ein elektronisches Kassensystem realisiert werden. Die GGEW kümmere sich ohnehin um die Technikzentrale fürs Wärmenetz, die auf dem Freibadgelände steht, so Schader. Gespräche mit dem Versorger gibt es daher schon länger, und in der letzten Saison haben ihr die Bensheimer sogar aus der Patsche geholfen. „Als sich ein Becken braun verfärbte und Herr Bergmann krank war, habe ich in meiner Not die GGEW um Hilfe gebeten“, erzählt Schader. „Sie sind sofort gekommen und haben eine Lösung gesucht.“
Modernisierung dennoch geplant
Für Schader ist „jetzt ein guter Zeitpunkt“, das anzugehen – analog zu Lorsch. Dort betreibt die GGEW seit 2005 das Freibad. Um die Grünanlagen kümmert sich der Versorger aber nicht, und das ist auch in Bürstadt nicht vorgesehen. „Unsere Stadtgärtnerei wird weiterhin so liebevoll die Außenanlagen pflegen“, kündigt Schader an. Zudem werde die Stadt weiterhin die Eintrittspreise und Öffnungszeiten festlegen.
Nichts ändern werde sich auch an den Plänen, im Freibad die Umkleiden sowie den Eingang zu modernisieren und den Zugang vom Bildungs- und Sportcampus zu gestalten – und zwar mit Zuschüssen. Allerdings wurde die Bewerbung fürs Förderprogramm SWIM, als Kurzform für Schwimmbadinvestitionsprogramm, beim Land Hessen schon zweimal abgelehnt. „Aller guten Dinge sind drei“, kündigt Schader einen neuen Versuch an.
Dass die Entscheidung für die Betriebsübernahme so kurzfristig – gerade mal zwei Monate vor der geplanten Eröffnung – fällt, hängt laut Schader auch damit zusammen, dass das Wärmenetz schon ab April im Probebetrieb laufen soll. Insofern passe das, wenn die GGEW auch den Rest der Technik vor Ort verantwortet. Das würde der Versorger übrigens auch gerne in Lampertheim übernehmen. Mit den Biedensand Bädern gebe es Gespräche, sagt Uwe Sänger, technischer Bereichsleiter. Er ist bei der GGEW nicht nur für den Bäderbetrieb zuständig, sondern auch für die Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Glasfaser. „Mit Lampertheim hätten wir personell eine richtig gute Mannschaft und bräuchten nur noch in Spitzenzeiten den Personaldienstleister.“
Neues Kombiticket gewünscht
In Bürstadt spricht Sänger von einer „überschaubaren Technik“ im Freibad. Das weiß er von seinem Besuch vergangenen Sommer. Übrigens gehört zur Betriebsführung durch die GGEW künftig auch das Putzen und der Kassendienst. Wobei geplant ist, dass Gäste ihre Eintrittskarten daheim online kaufen und dann über ein Drehkreuz ins Bad kommen. Zudem überlegt Sänger, einen Ticket-Automaten aufzustellen. „Nur wer bar bezahlt, geht dann noch an die Kasse.“
Was mit den beiden beliebten Mitarbeitern im Freibad passiert, will Lothar Ohl (SPD) wissen. Das werde noch geklärt, so Schader. Vorstellbar ist laut Sänger ein Personalüberlassungsvertrag. Wobei die Bürgermeisterin eher daran denkt, dass die Stadt die beiden abordnet. „Das soll nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden werden“, findet Chantal Stockmann (FDP). Schader bestätigt, dass das ein sensibles Thema ist – gerade wenn jemand „schon 40 Jahre für die Stadt Bürstadt arbeitet“, wie Bergmann, und nur noch wenige Jahre bis zur Rente habe.
Stockmann wünscht sich zudem ein Kombiticket mit Bensheim, damit Bürstädter nach der Saison vergünstigt ins Hallenbad gehen können. Die von Energieried ausgestellte Kombikarte mit Lampertheim ist schon wieder vom Tisch, weil es Energieried nach der Fusion mit der GGEW so nicht mehr gibt. Die paar ausgegebenen Karten seien diesen Sommer aber noch gültig.
Dass die Stadt künftig Geld spart, wenn sie den Betrieb der GGEW überlässt, freut Levin Held (CDU). Heinz Huth (Freie Wähler) lobt den tadellosen Badebetrieb in Bensheim und, dass das Personal von drei Bädern aushelfen könne, sollte es einen Engpass geben. Überhaupt schwärmen alle Kommunalpolitiker im Ausschuss von der Sauberkeit und Führung des Basinus Bads sowie des Sees in Bensheim.
Energieversorger
Die GGEW hat sich vom kleinen Gaswerk Bensheim 1886 zum Anbieter für Energie, Mobilität und Infrastruktur entwickelt. Das rein kommunale Unternehmen sitzt in Bensheim. Im August 2023 wurde die Fusion mit Energieried umgesetzt, seither haben auch die Städte Bürstadt und Lampertheim Anteile an der GGEW.
Seit 2003 betreibt die GGEW AG das Basinus Bad und den Badesee in Bensheim – mit jährlich 350 000 Besuchern.
Seit 2005 führt die GGEW das Lorscher Freibad mit rund 105 000 Gästen in der Saison.
Ab Mai soll die GGEW die Betriebsführung im Bürstädter Freibad übernehmen. Es lockt pro Saison in der Regel 60 000 bis 70 000 Gäste an. cos
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