Fastnacht

Geister tummeln sich im Bürstädter Rathaus

Beim Rathaussturm gibt Bürgermeisterin Bärbel Schader diesmal recht schnell und ohne großen Kampf auf. Offenbar hat sie "Die Geister, die ich rief" angesichts der vielen Baustellen satt

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Corinna Busalt
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First Lady Bärbel Schader (l.) überlässt Viviane I. und Andreas II. den Schlüssel zum Rathaus. © Berno Nix

Bürstadt. Bürstadt. An uralten, rostroten Schreibmaschinen tippen die Sekretärinnen vor dem Rathaus. Mit rosigen Wanken, ein Glas Sekt neben sich, hauen sie im Takt zur Musik in die Tasten. Beim Rathaussturm zeigen sich die Verwaltungsmitarbeiter mal wieder von der närrischen Seite. Schmunzelnd klagt ihre Chefin über die vielen Baustellen in Bürstadt. So sei das Geld knapp, und ständig müsse sie nach Wiesbaden, um neues zu holen, jammert Bärbel Schader als First Lady. Die närrische Übermacht winkt da bloß ab und lässt sich nicht beirren, schließlich wollen die Fastnachter die Macht im Rathaus übernehmen.

Das schaffen sie dieses Mal ohne Mühe. Schader wirkt selbst erschrocken angesichts der „Geister, die ich rief“. Dem Motto entsprechend, stiften die blassen, gruseligen Gestalten ordentlich Unruhe, bringen die Akten auf dem Schreibtisch und die Frisuren der Damen durcheinander. Vereins AG-Präsidentin Sandra Beilstein, die die Narren anführt, zeigt wenig Erbarmen: Da hätte Schader, die viel gestalten will, ihre Baustellen wohl besser verwalten müssen. „Oh Gott, oh Gott, moi Rothaus, do hilft bloß noch Gläser rücke“, meint Schader. Das ganze Haus sei „besesse: Die Geister, die ich rief, werd’ ich nimmer los.“ Da sei es doch besser, schlägt Beilstein vor, den Fastnachtern das Rathaus zu überlassen und eine Auszeit zu nehmen. Das Prinzenpaar hilft gern: Vadder und Dochder - Prinz Andreas II. mit Viviane I. - zeigen keinerlei Furcht vor den Geistern. Die First Lady wirkt erleichtert: „Ei subba, da geh’ ich glei’.“

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Geister sind beim Bürstadts Rathaussturm unterwegs

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Ausgerechnet der Kreis Bergstraße soll helfen. Die schrullige Frau Holle, geborene Schneewittchen, schickt ihre Zwerge, äh Geisterjäger. Unter den Klängen der Serie „Ghostbusters“ jagen sie mit Staubsaugern hinter den Gespenstern her. So verlangt Schader von den Narren nur noch, drei Rätsel zu lösen. Sie sollen die richtigen Filme zu den gespielten Szenen erraten. Ob es sich dabei aber um „Der Exorzist“ oder „Die Schwarzwaldklinik“ handelt, wird nicht ganz klar. Das verrückte Rumpelstilzchen tanzt im Kreis, und der Flöte des „Rattenfängers“ folgen die Geister plötzlich wie gebannt ins Bürgerhaus. Vielleicht, weil da schon die Getränke zur Stärkung der närrischen Runde stehen. Als die First Lady die weiße Fahne in die Hand nimmt, stellt sie selbst fest: „Die brauch’ ich heut nicht.“

Fünf Tage lang regieren nun Spaß und Freude im Rathaus, verspricht Sandra Beilstein. Und falls das Ordnungsamt eine Zahlungsaufforderung verschickt, könne es sich nur um eine Verwechslung handeln. „Den Betrag erhalten wir“, meint das Prinzenpaar, „für die Bülent-Ceylan-Stiftung“. Dafür gibt’s Applaus. Natürlich haben sich Vadder und Dochder weitere närrische Paragrafen einfallen lassen. So darf nur noch Bäschdädder Platt gesprochen werden. Wer’s nicht kann, darf zum Babbelkurs bei der Bürgermeisterin.

Die Bauarbeiten auf dem neuen Campus würden sofort eingestellt, damit die Wirte das eingesparte Geld bekommen - um das Prinzenpaar auch spätabends noch zu bekochen. Und der Umzug werde so lange dauern, bis Vadder und Dochder keine Lust mehr haben. Bis Aschermittwoch seien alle Toiletten unisex, weil die Narren bis dahin ohnehin nicht wüssten, „ob sie Männlein oder Weiblein sind“. Schließlich könnten im Rathaus alle Treppen und Aufzüge ausgebaut werden, „weil die Leut’ nach Fastnacht sowieso die glatte Wänd’ hochgehn“.

Darauf gibt’s drei donnernde Helau - und den Umtrunk. „Corona hat Spuren hinterlassen“, meint eine Zuschauerin auf dem Heimweg. So entspannt wie diesmal habe sie den Rathaussturm noch nie verfolgen können. „Es waren viel weniger Leute da.“ Und es sei weniger lustig gewesen als früher. „Aber besser als letztes Jahr - als es ausgefallen ist.“

Redaktion Redakteurin des Südhessen Morgen und zuständig für die Ausgabe Bürstadt/Biblis

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