Natur

Fast fünf Kilo schweres Hornissennest am Bürstädter Beethovenplatz entfernt

Im Schutzanzug und mit doppelten Handschuhen holt Nicole König das Nest von Asiatischen Hornissen aus einer Baumkrone am Bürstädter Beethovenplatz. Wieso ihr der Kampf gegen die invasive Art so wichtig ist.

Von 
Corinna Busalt
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Fast fünf Kilogramm wiegt das Nest von Asiatischen Hornissen, das Nicole König aus einer Baumkrone am Bürstädter Beethovenplatz entfernt. © Berno Nix

Bürstadt. Es brummt und summt im großen Sack, in dem Nicole König das Nest mit Asiatischen Hornissen verstaut hat. Fast fünf Kilogramm wiegt das eindrucksvolle Gebilde mit dem raffinierten Muster. Mit den hübschen Bögen, die die Insekten aus Spucke und Holz formen, ist es ein echter Hingucker - selbst bei König, die seit Jahren gegen die invasive Art kämpft, weil die Hornissen unsere heimischen Insekten auffressen. „Wunderschön ist es“, meint die Fachberaterin und erzählt, dass sie das Sonnenbad der Drohnen stören musste. „Ganz viele männliche Tiere saßen darauf und genossen die Wärme.“ Mit Relaxen ist es allerdings vorbei, wenn die Bürstädterin mit Rasierschaum und Säge anrückt - hoch oben in der Krone des Laubbaums am Beethovenplatz.

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Das Teleskopmastfahrzeug der Freiwilligen Feuerwehr Bürstadt bringt die 38-Jährige in luftige Höhe. „Boah ist das schwer“, sagt sie eine Viertelstunde später, als Brandschützer Jonas Bechtold den Korb behutsam wieder nach unten steuert. Ruckzuck hat sie sich zuvor den Weg mit ihrer handlichen Akku-Kettensäge freigeschnitten, um näher heranzukommen, und dann das Loch am Nest mit Rasierschaum verschlossen - damit die Insekten nicht mehr entwischen können. Um sie herum schwirrt es allerdings heftig. „Sie hat Fans da oben“, witzelt Feuerwehrmann Alexander Horn. Denn die weiblichen Hornissen wollen sich Königs Angriff nicht bieten lassen und versuchen sie abzuwehren. Ohne Chance. Die 38-Jährige nimmt das imposante, tropfenförmige Gebilde zügig ab.

Mit doppelten Handschuhen, dickem Schutzanzug und Brille

„Jetzt um diese Jahreszeit ist das Entfernen der Nester einfacher, weil es weniger Arbeiterinnen gibt. Sie sind für den Schutz der Brut verantwortlich und ziemlich aggressiv.“ Sogar Gift spritzen sie aus ihrem Hinterteil, um alle abzuwehren, die ihrem Nest zu nahe kommen, erzählt König. Von den schmerzhaften Stichen ganz abgesehen. Deshalb trägt die Bürstädterin ihren dick wattierten Schutzanzug, zieht Gummihandschuhe über und darüber noch welche aus Leder. „Sonst stechen sie durch. Ich habe es schon erlebt, nur doppelt bin ich geschützt.“

Hoch oben im Baum haben die Hornissen ihr großes Nest gebaut - mit dem Gelenkmast der Feuerwehr kommt Nicole König leicht heran. © Berno Nix

Die hilfsbereiten Feuerwehrmänner Jonas Bechtold und Alexander Horn bleiben lieber unten - weit weg von den kampflustigen Insekten. Der Korb des Teleskopmastfahrzeugs lässt sich auch von unten steuern. Mit der Gegensprechanlage bleibt König mit ihnen in Kontakt und kann sie dirigieren. Wobei das Nest auch aus der Ferne gut zu sehen ist - nachdem der Laubbaum seine Blätter in der Krone verloren hat. „Vor ein paar Tagen hatte ich es noch nicht entdeckt, ich wurde darauf aufmerksam gemacht“, sagt König. Denn eigentlich blicke sie ständig nach oben - und suche nach weiteren Nestern. „Hier schwirrt es an so vielen Stellen, dass ich ständig Ausschau halte.“

70 Nester hat Nicole König dieses Jahr schon entfernt, neun davon in Bürstadt. „Aber es gibt noch mehr, die bisher nicht entdeckt wurden“, ist sie überzeugt. Vor allem in Richtung Tennisclub vermutet sie ein Nest, ebenso im Wohngebiet Heppenheimer und Bensheimer Straße. Entweder hänge es versteckt in einem Schuppen oder in einem Nadelbaum. Sie hofft, dass es bald entdeckt wird, sonst verbreiten sich die Hornissen immer weiter. Jetzt im Herbst produzieren die Königinnen Nachwuchs - die wiederum im neuen Jahr für ein eigenes Nest und Nachkommen sorgen. Das Eindämmen der invasiven Art werde immer schwieriger, je mehr sie sich ausbreite.

Invasive Art



Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina) stammt aus Südostasien und gelangte vermutlich 2004 mit Waren per Schiff nach Europa. Erstmals wurde sie 2004 in Südfrankreich gesichtet, 2014 dann in Süddeutschland und 2019 in Mannheim .

Asiatische Hornissen sind 1,7 bis 2,4 Zentimeter lang, Königinnen bis zu drei Zentimeter groß. Von den europäischen unterscheiden sie sich durch ihre dunklere Grundfärbung . Die Brust ist schwarz, der Hinterleib dunkel mit wenigen gelben Binden. Die Beine sind schwarz-gelb.

Die asiatische Hornisse gilt als invasive Art . Bisher wurde ihre Ausbreitung bekämpft, da negative Folgen für das Ökosystem aber auch die menschliche Gesundheit befürchtet wurden. In diesem Frühjahr hat das Bundesumweltministerium sie als „etabliert“ eingeschätzt, weshalb nicht mehr jedes Nest vernichtet werden muss.

Um die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse weiter beobachten zu können, bittet das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) darum, Nester weiterhin zu melden: online unter hlnug.de/hornisse .

Nicole König ist Hornissenberaterin , Imkerin sowie stellvertretende Obfrau für Bienengesundheit . Bei Fragen ist sie per E-Mail an velutinakoenig.buerstadt@gmail.com erreichbar. Infos gibt es zudem auf der Internetseite luma-koenig.de . cos

„Ich hoffe nur, dass die Leute sich nicht zurückhalten, bei mir oder dem Nabu in Bürstadt anzurufen. Aus Angst, dass sie für das Entfernen viel Geld zahlen müssen“, sagt die Hornissenexpertin. Zwar bekommt die 38-Jährige ihren Aufwand nicht mehr wie im vergangenen Jahr vom Land Hessen bezahlt. „Aber ich stelle Privatleuten keine Rechnung. Ich freue mich über eine Spende als Spritgeld.“ König handelt aus Überzeugung. Die Entscheidung des Bundesumweltministeriums, die Asiatische Hornisse als „weit verbreitet“ einzustufen und nicht mehr systematisch zu bekämpfen, findet sie falsch. Denn die Insekten fressen die heimischen Arten: Bienen, Wespen, Hummeln wie Spinnen oder Schmetterlinge. Ihren Hoodie mit der Aufschrift „Velutina Army“ trägt sie daher voller Stolz.

Staubsauger „Körbi“ sieht später aus wie nach einer Schaumparty

Erleichtert ist sie über die unkomplizierte Kooperation mit der Feuerwehr. „Wir helfen immer gerne“, bestätigt der stellvertretende Stadtbrandinspektor Manuel Hildebrandt. Mit dem Gelenkmast hat sie schon einige Nester entfernt. Immer mit an Bord ist neben der Säge auch ein Staubsauger, um die angriffslustigen Hornissen einzusammeln. Das Gerät trägt nicht nur große Augen unter dunklen Wimpern und einen Mund aus glitzernden Punkten, sondern auch einen Namen. „Er heißt Körbi“, sagt die 38-Jährige grinsend, „und ist eineinhalb Jahre alt“. Nach dem Einsatz am Beethovenplatz ist er voller Rasierschaum. „Als wäre er auf einer Party gewesen“, meint König amüsiert.

Unverzichtbar: Mit ihrem Staubsauger „Körbi“ sammelt König die aggressiven Hornissen rund ums Nest ein. © Berno Nix

Redaktion Redakteurin des Südhessen Morgen und zuständig für die Ausgabe Bürstadt/Biblis

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