Darmstadt. Das Landgericht hat einen Geschäftsmann aus Einhausen und ehemaligen Trainer des VfR Bürstadt wegen Betrugs und Steuerhinterziehung zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, seine Ehefrau zu einem Jahr und zwei Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Ob das Ehepaar in Berufung geht, entscheidet sich erst in der kommenden Woche.
"Ich sitz doch net für Dinge ein, die ich nicht getan hab'!" Bevor der vierte Verhandlungstag überhaupt begonnen hatte, herrschte Aufregung im Saal 4 des Darmstädter Landgerichts. Das Strafmaß in Höhe von fünf Jahren, das der Staatsanwalt gefordert hatte, sei ein "Witz in Dosen", schimpfte er vor sich hin. Seine Ehefrau schien gefasst, schaute nur einmal kurz ratlos in Richtung Publikum.
Am Ende blieb die Schimpferei zwecklos, für den vorsitzenden Richter der Wirtschaftsstrafkammer, Marc Euler, lag die Wahrheit nämlich bereits klar auf dem Tisch. Und bei der Urteilsverkündung war der Angeklagte plötzlich ganz ruhig. Dass der Geschäftsmann aus Einhausen alles offen auf den Tisch gelegt und ein Geständnis abgelegt habe, sei ein erster Schritt hin zu einem besseren Leben. "Sie haben jetzt alles richtig gemacht", sagte Richter Euler. Denn bislang ist es so gewesen, so der Eindruck des Richters, dass im Leben des 61-Jährigen zwei Realitäten weit auseinanderklaffen: "Einerseits sind Sie der große Fußballmäzen, der die Ideale verkörpert, und andererseits besteht ihr geschäftliches Gebaren aus Lügen und Betrug", so der Richter.
"Spitze des Eisbergs"
Der Angeklagte hatte bereits am ersten Verhandlungstag alle Vorwürfe eingeräumt: verdeckte Gewinnausschüttungen, gefälschte Belege und Unterschriften, mit denen er sich Geld von der Bank oder Fördermittel der Stadt Bürstadt erschlichen hat, Steuerhinterziehung und der Handel mit Schrottimmobilien. "Sie haben in den vergangenen Jahren ein Berufsumfeld aufgebaut, das in seiner Komplexität abenteuerlich ist", sagte der Richter. Und dieses Verhalten ziehe sich wie ein roter Faden durch das Leben des Angeklagten. "Sie können froh sein, dass wir heute nur die Spitze des Eisberges verhandelt haben", sagte Euler. "Das Urteil ist ein Denkzettel, aber gleichzeitig sind Sie damit sehr gut bedient."
Immer wieder hatte der Angeklagte in der Verhandlung betont, dass seine 51-jährige Frau von seinen Machenschaften nichts gewusst habe. "Das haben wir Ihnen nicht geglaubt", so Euler. Dem Gericht liegt ein Schreiben des 61-Jährigen aus dem Gefängnis vor. Darin teilt er seinem Sohn mit, dass seine Frau alles gewusst habe. "Wie kamen Sie denn auf die Idee, so etwas zu schreiben?", fragte Richter Euler verwundert.
Der Angeklagte hatte auch behauptet, einige E-Mails, die angeblich er geschrieben hat, mit dem Namen seiner Frau versehen zu haben. "Aber wir wissen um Ihre Lese-Rechtschreib-Schwäche. Die E-Mails waren fehlerfrei, die haben nicht Sie geschrieben", so urteilte der Richter. In Handschellen wurde der sichtlich mitgenommene Angeklagte nach der Verhandlung abgeführt.
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