Bürstadt. Wörter wie Subbedibbedeggel oder Fissimatenten gefallen ihm besonders gut. „Wenn es melodisch klingt, ist das einfach schön – überhaupt diese Sprachwucht im Dialekt“, schwärmt Alexander Bauer. Vor gut einem Jahr veröffentlichte der 53-Jährige seine erste Mundartfibel, nun ist bereits die dritte Auflage erschienen. „In der zweiten sind noch viele Worte ergänzt worden, jetzt liegt die korrigierte und letzte Version vor - nun mit goldenem Cover.“ Für zehn Euro ist das 80-seitige Werk erhältlich. Verdienen will Bauer daran aber nichts, deshalb unterstützt er mit 1000 Euro aus dem Erlös die Bürgerstiftung Bürstadt.
Es sei eine echte Herausforderung, Begriffe richtig einzusortieren, erzählt Bauer. Dialekt als gesprochene Sprache verändere sich stetig und werde von verschiedenen Menschen auch unterschiedlich ausgesprochen. „Dickkopf zum Beispiel. Das kann man mit ,gg’ oder ,ck’ in der Mitte schreiben“, meint der 53-Jährige. Natürlich führe das zu lustigen Diskussionen mit Mundartexperten in Bürstadt. Doch von denen gebe es eben immer weniger, bedauert er. Deshalb hatte sich Bauer überhaupt vorgenommen, 1000 Begriffe im Dialekt aufzuschreiben. Als Wortschatz-Fundgrube und Verstehenshilfe für „Babbler“, also Profis und „Noigeriddschde“ sozusagen. Übrigens mit starker Unterstützung von Frank Gumbel, der als „Ober-Babbler“ in Bürstadt schon etliche Treffen zur „Muddasprooch“ organisiert hat. Aus zunächst 1000 Worten ist das Nachschlagewerk nun auf 3177 Einträge angewachsen. Wer darin stöbert, hat allen Grund, sich zu amüsieren.
Fibel soll viel mehr als Unterhaltungswert haben
Natürlich sei es schön, wenn die Fibel Unterhaltungswert hat. „Es ist aber vor allem eine Einladung, sich produktiv mit unserem Ortsdialekt zu beschäftigen“, sagt Bauer. Ihm geht es auch darum, dass der Dialekt nicht ausstirbt. Er selbst wusste erst gar nicht, mit wem er noch Bäschdädderisch reden kann, als seine Eltern starben. Denn vor allem die Älteren sprechen Mundart, der Nachwuchs orientiere sich am Hochdeutschen. Dabei kämpft Bauer regelrecht gegen den schlechten Ruf des Dialekts an. Denn häufig wird man als „dümmlich“ oder „einfach gestrickt“ abgekanzelt - und unterschätzt.
Sprache der Heimat
- In Februar 2024 hat Alexander Bauer das erste Bürstädter Mundart-Wörterbuch mit rund 1000 Wörtern veröffentlicht. Im Februar folgte die zweite, erweiterte Auflage. Jetzt liegt die korrigierte dritte Auflage mit goldenem Einband vor.
- Erhältlich ist das 80-seitige Wörterbuch „Gesprochene Heimat“ für 10 Euro bei Platten Noll in der Industriestraße 20, sowie bei der Brillenschlange, Nibelungenstraße 81.
- Bestellungen können per E-Mail an Kontakt@Mundartretter.de gerichtet werden. Wer es zugesandt haben möchte, zahlt 2,50 Euro Verpackungs- und Versandpauschale innerhalb Deutschlands.
- Weitere Informationen gibt es unter mundartretter.de .
Insofern freut sich Bauer, wenn bekannte Personen wie etwa Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann ihren Dialekt zelebrieren. Mundart vermittelt in seinen Augen eine gewisse Bodenständigkeit und Nähe zu den Menschen. Zudem habe die Hirnforschung längst bestätigt, dass Dialekt schlau mache. „Wer also neben dem Hochdeutschen auch noch Bäschdädderisch spricht, trainiert sein Gehirn wie ein Mehrsprachler“, sagt der 53-Jährige. Je früher, desto besser. Nur schade, dass die Kinder es nicht mehr können. Seine genauso wenig wie die von Bürgerstiftungsvorstand Rüdiger Engert. Bei ihm kommt Bauers Engagement gut an. Die Bürgerstiftung fördert selbst gerne Projekte rund um die Heimatgeschichte.
Spätestens in der Weihnachtszeit soll etwas Neues herauskommen
Bauers neue Idee, unter dem Titel „sellemols & heit“ Straßennamen, bekannte Persönlichkeiten, Geschäfte, Bäckereien, Metzgereien oder Gaststätten näher zu beleuchten, damit das nicht in Vergessenheit gerät, findet Engert ebenfalls spannend. Bauer hofft, dass er diesen Vergleich zwischen früher und heute vielleicht schon im Herbst oder spätestens zur Weihnachtszeit herausbringen kann. Wie es vor 40 Jahren in Bürstadt ausgesehen hat, wissen Engert und Bauer noch sehr gut. Engert erinnert sich mit Wehmut an „das früher gelebte Miteinander und den Austausch“ und unternimmt mit seinen Kindern gerne Spaziergänge durch Bürstadt, um ihnen zu erzählen, was es in seiner Kindheit alles gab.
Für Alexander Bauer steht schon fest, an wen der nächste Spendenbetrag gehen soll: „Der Seniorenbeirat will eine Rikscha kaufen, das will ich gerne mit dem nächsten Betrag unterstützen“, kündigt Bauer an. „Ich mache das alles in der Freizeit - aus Liebe zur Heimat“, betont der Berufspolitiker. Die Mundartfibel gibt's in Bürstadt in zwei Geschäften zu kaufen: bei der Brillenschlange und bei Platten Noll. Zudem vertreibt Bauer diese online auf der Internetseite mundartretter.de, wo die Wörter ebenfalls zu finden sind: Von Aabee für Toilette bis Zwoggel (kleine Person) reicht die Bandbreite.
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