Bilanz

Bürstädter Kulturbeirat erlebt schwierige Zeiten

Es gibt zwar keine Einschränkungen mehr durch die Corona-Pandemie. Dennoch ist es für den Bürstädter Kulturbeirat schwierig geworden, Tickets für Kleinkunst- und Comedyveranstaltungen an den Mann und die Frau zu bringen.

Von 
Sandra Bollmann
Lesedauer: 
Voller Erfolg: Boris Stijelja ist am Weltfrauentag für Lizzy Aumeier eingesprungen. Am 24. Mai kommt er auf Einladung des Kulturbeirats erneut nach Bürstadt. © Berno Nix

Bürstadt. Noch immer ist es ein „hartes Brot“, Comedy- und Kabarettveranstaltungen zu organisieren – auch wenn die Corona-Pandemie inzwischen kaum noch eine Rolle spielt. Trotzdem stehen diesmal schwarze Zahlen unter der Abrechnung des Bürstädter Kulturbeirats. „Die Nachholtermine haben’s rausgerissen“, berichtet Roland Weinz, der im Sozialausschuss die Abrechnung für 2022 vorlegte.

„Wir sind gut im Budget“, fasst Weinz zusammen. Im Jahr 2021 hatte es ein Minus von rund 800 Euro gegeben. Dennoch sieht der Vorsitzende des Kulturbeirats nicht allzu zufrieden aus. Der Ticketverkauf für viele Termine lief zögerlich bis enttäuschend. Weinz erinnerte an den Auftritt von Barbara Ruscher, für den nur einzelne Karten verkauft worden sind. Trotzdem ist die Künstlerin bei Wind und Wetter auf dem Bürstädter Marktplatz aufgetreten. „Das hatte sie sich so gewünscht“, erläutert Weinz später am Rande der Sitzung. Die Gage war bezahlt, die Stadt verlegte den Auftritt auf die Kerwe – ohne Eintritt. Dennoch kamen kaum Zuschauer.

Andere Künstler hatten ihre Termine mangels Nachfrage ganz abgesagt. Dagegen lief der Kartenverkauf für Lizzy Aumeier durchaus, kurz vor knapp kam dann aber doch die Mitteilung: Ihr Auftritt am Weltfrauentag fällt aus. Für Weinz ein echtes Ärgernis. „Das war schon das zweite Mal. So jemanden laden wir nicht mehr ein.“

Umso mehr freut er sich, das Boris Stijelja kurzfristig eingesprungen ist und die Gäste an diesem Abend doch noch jede Menge zu lachen hatten. Organisiert habe das Vanessa Heiser, in der Stadtverwaltung für den Kulturbeirat zuständig. „Das ist sehr viel Arbeit. Und sie macht einen Riesenjob“, lobt Wenz. Am 24. Mai ist übrigens noch einmal Gelegenheit, Boris Stijelja zu sehen. Dann findet nämlich der ursprünglich geplante Auftritt des Pfälzer Comedians mit kroatischen Wurzeln statt.

Zum Glück für den Kulturbeirat gab es allerdings auch noch Künstler wie Badesalz, Gerd Dudenhöffer, Daphne de Luxe, Mundstuhl – Weinz kann noch einige mehr aufzählen. Vor allem bei den wegen Corona abgesagten Nachholterminen füllte sich der Bürgerhaussaal mit Zuschauern.

Und dann gab es noch Überraschungserfolge wie Tutty Tran. „Damit hatten wir nicht gerechnet“, räumt Weinz ein. Rund 400 Gäste lachten sich kaputt über die Gags des jungen Berliners – Sohn vietnamesischer Eltern und bekennender Fan „rassistischer Witze“. 600 Personen passen in den Saal, ab 200 verkauften Tickets ist der Kulturbeirat ganz zufrieden, rechnet Weinz vor. Fürs Kikeriki-Theater, das am 12. Mai zu Gast in Bürstadt ist, laufe der Ticketverkauf bereits sehr gut. „Auch damit hatten wir nicht gerechnet, weil das Theater zurzeit in viele andere Städte in der Gegend kommt.“

Angeregte Diskussion

Trotz der ausgeglichenen Bilanz gab es jede Menge Nachfragen und Anregungen im Sozialausschuss. „Warum nur Comedy?“, will Renate Strandt (Freie Wähler) wissen. Chantal Stockmann (FDP) hat gar von Absprachen mit den Nachbarn gehört: „Lampertheim macht Musik und wir Comedy?“ Bürgermeisterin Bärbel Schader schüttelt den Kopf. Solche Absprachen existierten nicht, macht sie deutlich.

Auf die Bürstädter Vereine werde aber durchaus Rücksicht genommen, erläutert Roland Weinz. Fastnachtsauftritte verkneift sich der Kulturbeirat deshalb grundsätzlich. Weinz ist zwar SPD-Abgeordneter, im Kulturbeirat sitzt er allerdings als Vorsitzender der Chorgemeinschaft. Und dass gerade die Gesangvereine unter der Corona-Zwangspause gelitten haben, weiß er nur zu gut. Umso wichtiger findet er eine gute Absprache. „Wenn ein Verein ein Schlagerkonzert plant, macht das der Kulturbeirat dann eben nicht.“ Schließlich soll keine Konkurrenz entstehen.

Zwar habe das Gremium früher auch Bands wie die Höhner engagiert. Das sei inzwischen aber nicht mehr zu stemmen, bedauerte Weinz. Die Gagen seien viel zu hoch. „Dann müssten wir Kartenpreise von 80 bis 90 Euro verlangen.“

Damit sich ein solcher Auftritt rechnet, sei der Bürgerhaussaal einfach zu klein, ergänzt Bärbel Schader. Jugendrat Nico Hoffmann regt an, mehr Termine für ein jüngeres Publikum anzubieten. Mit der richtigen Werbung in sozialen Netzwerken könne man viel erreichen. Holger Halkenhäuser pflichtet ihm bei. „Warum nicht auf Youtube schauen, wer gerade erfolgreich ist?“

Der Kulturbeirat nehme solche Ratschläge gerne an, versichert Weinz. Zumal schon versucht worden sei, bekannte Podcast-Produzenten zu verpflichten. Gemischtes Hack, zum Beispiel. „Aber das ist sehr schwierig.“ Und oft nur kurzfristig zu planen. Ein jüngeres Publikum habe das Gremium aber durchaus im Blick. So würden die Stromer am 19. Oktober vor allem Kinder einladen. „Allerdings bieten sie nur 150 Plätze an, mehr geht nicht.“

Zum Ende der Diskussion gibt es allerdings noch kräftig Lob für den Kulturbeirat. „Sie machen einen Bombenjob“, stellt Franz Siegl (SPD) fest. Ursula Cornelius (CDU) sagt „danke – und machen Sie weiter so“.

Abgerechnet

Für den Kulturbeirat stehen im Bürstädter Haushalt 50 000 Euro zur Verfügung. Dazu kommen Sponsorengelder in Höhe von 6300 Euro.

Zu den Ausgaben im Jahr 2022 zählen insgesamt 45 000 Euro für Personalkosten – auch an der Abendkasse – und Bauhof.

Dazu kommen die Gagen, die nicht näher beziffert werden. Genauso wie die Einnahmen aus dem Ticketverkauf.

Zu den zehn Terminen kamen im Jahr 2022 noch etliche Nachholveranstaltungen, die im Vorjahr wegen Corona abgesagt werden mussten. Zu den zehn Terminen 2023 kommt im Dezember noch der Quatsch-Comedy-Club. sbo

Redaktion Redakteurin "Südhessen Morgen", Schwerpunkt Bürstadt

Copyright © 2025 Südhessen Morgen