Bürstadt. Seine Entlassungsurkunde hat Werner Klag (SPD) am Montag erhalten, seit Dienstag ist der 70-Jährige nicht mehr Erster Stadtrat von Bürstadt, sondern offiziell Stadtverordneter. „Die Vereinbarung mit den Freien Wählern war ja, dass Christoph Lang das Amt übernimmt, wenn er sich bereit dazu fühlt. Aber ich wollte jetzt die Chance ergreifen, als Nachrücker ins Parlament zu kommen“, erklärt Klag auf Anfrage am Telefon. Diese Gelegenheit bietet sich, weil sein junger Parteifreund Philipp Ofenloch nach Bensheim umgezogen ist und zum Jahreswechsel automatisch sein Mandat für die Stadtverordnetenversammlung abgeben musste. So ist Klag – nach fast 16 Jahren im Magistrat, davon acht Monaten als Erster Stadtrat – wieder einfacher Parlamentarier.
„So groß ist der Unterschied aber gar nicht“, betont Klag. Von Vorteil findet er vor allem, dass er frei reden darf über die Themen, die ihn und Bürstadt bewegen. Die Arbeit im Magistrat dagegen unterliegt der Schweigepflicht. „Aber ich gehe schon mit Wehmut“, gibt er zu. „Fast 16 Jahre sind eine lange Zeit. Wir haben Politik hinter verschlossenen Türen gemacht. Insgesamt ist das schon eine Konsensveranstaltung.“ Etwa die Hälfte seiner Zeit hat er mit Bärbel Schader erlebt, die Jahre zuvor mit ihrem Vorgänger Alfons Haag. „Mit ihm habe ich immer vertrauensvoll zusammengearbeitet“, sagt er mit Nachdruck. Das lässt deshalb aufhorchen, weil er über die Monate als Erster Stadtrat eher kritisch spricht. Klag redet von „deutlichen Unterschieden“ im Umgang mit ihm als Sozialdemokrat – im Vergleich zu seinem Vorgänger Walter Wiedemann (CDU). Natürlich sei es etwas anderes, ein SPD-Urgestein neben sich zu haben und eben keinen langjährigen Parteifreund, so Klag. Trotzdem hatte er erwartet, stärker in die Arbeit mit einbezogen zu werden. Stattdessen habe er vor allem Unterschriften unter amtliche Dokumente gesetzt.
Nachrücker der SPD
- Die freie Position im Magistrat Bürstadt – nach dem Wechsel von Werner Klag ins Parlament – wird die erfahrene Kommunalpolitikerin Edith Appel-Thomas aus Riedrode besetzen. Auf der Magistratsliste steht sie hinter Boris Wenz, der laut Fraktionschef Lothar Ohl aber aus familiären Gründen darauf verzichtet hat, im Magistrat mitzuwirken.
- Den Sitz von Edith Appel-Thomas im Parlament wird Patrick Horn einnehmen. „Er hat schon in der letzten Legislaturperiode Erfahrung als Stadtverordneter gesammelt“, sagt Lothar Ohl. Darüber zeigt sich der Fraktionschef froh – gerade wegen der aktuellen Unruhe rund um die Haushaltsdiskussion.
Meinung öffentlich aussprechen
Seine Erfahrung will er nun im Parlament geltend machen und auch das eine oder andere Mal ans Rednerpult treten, um seine Meinung zu vertreten, betont Klag. Auch in der Vergangenheit habe es ihn immer wieder mal gejuckt, öffentlich zu sprechen – was als Magistratsmitglied allerdings unmöglich war. „Von Gesetzes wegen ist klar, dass nur der oder die Vorsitzende, in unserem Fall die Bürgermeisterin, für das Gremium spricht.“
„Ob ich die vier Jahre bis 2026 dabei bleibe, wird die Zukunft zeigen. Das hängt von meiner Gesundheit und anderen Faktoren ab“, meint Klag. Klar sei aber auch, dass die Arbeit im Parlament jetzt spannender sei als all die Jahre zuvor, als die CDU mit der FDP die Mehrheit hatte und die Richtung bestimmen konnte. „Jetzt haben wir die Chance, Entscheidungen zu finden und zu tragen – auch ohne feste Koalition.“ Wobei das noch nicht heiße, dass die SPD ihre Wünsche durchsetzen kann. Als Beispiel nennt Klag die Straßenbeiträge, an denen seine Fraktion festhalten wollte, aber bei der Abstimmung unterlag.
In einigen schlaflosen Nächten habe er gegrübelt, ob er seine politische Karriere komplett beenden wolle – indem er zu einem späteren Zeitpunkt um die Entlassung als Erster Stadtrat bitte. Oder ob er eben jetzt mit dem Ausscheiden von Philipp Ofenloch die Gelegenheit nutze, noch einmal ins Parlament zu wechseln. Klag entschloss sich für Letzteres: „Diese Entscheidung habe ich ganz alleine mit mir ausgemacht“, betont er. Schon seit 1987 engagiert er sich als gewählter Vertreter in der Kommunalpolitik – zehn Jahre zuvor war er in die SPD eingetreten und wirkte zunächst im Hintergrund mit. „Diese Erfahrungen, die ich gesammelt habe, möchte ich einbringen, solange ich fit bin, und solange das meine Fraktion möchte. Sonst lege ich das Mandat nieder.“
Herausforderungen gesucht
Sein Ehrenamt als Vorsitzender der TG Bobstadt hat Klag bereits abgegeben. Aber nicht, weil er keine Lust mehr darauf gehabt habe, sondern, um seinen jungen Nachfolgern bei Fragen weiterhin zur Seite stehen zu können. In der Politik dagegen sei ein rascher Rückzug viel einfacher zu bewerkstelligen, findet der 70-Jährige. Und von 100 auf null herunterzufahren, kann er sich nicht vorstellen. „Ich brauche noch Herausforderungen, nicht nur die in der Familie mit vier Enkeln“, sagt er und lacht.
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