Soziales

Bürstadt stärkt Nachbarschaft mit neuer Kontaktbörse

Warum sich die Bürstädter Kontaktbörse für Nachbarn neu aufstellen will. Beim Pressegespräch erzählt Helfer Alaa Alshamy, worauf es ankommt.

Von 
Sandra Bollmann
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Hoffen auf viele Unterstützer: Edith Hartel (v.l.) und Carolin Schleicher von der Gemeinwesenarbeit mit PauLa Michaela Weber und Alaa Alshamy werben kräftig für mehr Nachbarschaftshilfe. © Sandra Bollmann

Bürstadt. Die Nachbarschaftshilfe in Bürstadt ist angelaufen. Alaa Alshamy, Mann der ersten Stunde, macht fleißig Werbung. „Ich mag es, Menschen zu helfen“, sagt er. Einen festen Klienten hat er bereits, einen älteren Herrn, mit dem er ein bis zwei Stunden Zeit verbringt. Alshamy sitzt mit „PauLa“ Michaela Weber, Edith Harter und Carolin Schleicher von der Gemeinwesenarbeit im städtischen Büro MITtendrin. Die drei Frauen haben zum Pressegespräch eingeladen, um für das neue Projekt zu trommeln: Sie wollen Kontakte stiften, Menschen zusammenbringen – und damit hoffentlich die Einsamkeit lindern, die doch viele Menschen in Bürstadt verspüren.

Alshamy nickt. Er kennt das Thema. Er hat auch schon eine Seniorin besucht, die sich einfach nur jemanden zum Erzählen gewünscht hat. Zeit verbringen, reden, gemeinsam Tee trinken – „das ist sehr schön“, findet er. Für seinen Beistand erhält er ein kleines Taschengeld. Bis zu zwölf Euro bezahlt die Pflegekasse. Allerdings nur, wenn ein Helfer oder eine Helferin offiziell anerkannt ist. Und wenn der oder die Hilfesuchende einen Pflegegrad hat.

Jede Art von Hilfe ist gefragt, auch ohne offizielle Anerkennung

Auf so einen Aufwand haben viele allerdings keine Lust. Auch wenn sie sehr gerne bereit sind, im Nachbarsgarten ein bisschen Unkraut zu jäten oder für den Haushalt nebenan ein paar Einkäufe mitzubringen. Aber auch diese Hilfe ist gefragt, versichern die drei Gastgeberinnen. Und nennen die Kontaktbörse deshalb „Miteinander Bürstadt & Ried“. Damit sind alle gefragt, die gerne ein bisschen Austausch und Unterstützung hätten.

„Oft bekommen wir gar nicht mit, was die Leute untereinander vereinbaren“, macht Edith Harter deutlich. Ob sich zwei einfach nur zum Kaffee verabreden oder jemand gegen einen kleinen Unkostenbeitrag Besorgungen erledigt, das können die Beteiligten ganz unkompliziert unter sich regeln. „Es muss auch niemand seine Telefonnummer an Fremde herausgeben“, betont Michaela Weber, als PauLa Ansprechpartnerin für Senioren im Ried. „Wir vermitteln den Kontakt sehr gerne.“

Ansprechpartner für gute Nachbarschaft

  • Die Kontaktbörse „Miteinander in Bürstadt und Ried“ wird organisiert von den PauLas, psychosozialen Fachkräften auf dem Land, und der Gemeinwesenarbeit der Regionalen Diakonie in Bürstadt. Sie findet etwa alle drei Monate im städtischen Büro MITtendrin, Nibelungenstraße 44, statt.
  • Wer sich offiziell als Nachbarschaftshelfer anerkennen lassen will, braucht ein polizeiliches Führungszeugnis und einen Erste-Hilfe-Kurs, der nicht älter als ein Jahr sein darf. Zuständig ist die Fachstelle Leben im Alter im Landratsamt. Kontakt: 06252/155198 oder leben-im-alter@kreis-bergstrasse.de.
  • Fragen beantworten auch die beiden PauLas Michaela Weber und Christina Adler-Schäfer unter 06206/909487 oder paula-norie(@)kreis-bergstrasse.de. Die Gemeinwesenarbeit in der Erbacher Straße 2 ist unter 06206/9129-348 zu erreichen.

Bei zertifizierten Nachbarschaftshelfern wie Alaa Alshamy sieht das allerdings anders aus. Er hat bei der Fachstelle im Alter des Kreis Bergstraße die Anerkennung beantragt. Dafür musste er einige persönliche Angaben machen, ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und einen aktuellen Erste-Hilfe-Kurs nachweisen. „Das war für mich gar kein Problem, ich arbeite ja beim Roten Kreuz in Bürstadt.“ Im Hauptberuf steht er in der Bürstädter Flüchtlingsunterkunft für die Anliegen der Bewohner und Organisatorisches aller Art bereit. Und wenn er es einrichten kann, ist er als Nachbarschaftshelfer aktiv.

Erster Klient ist ein Mann mit Demenzerkrankung

Gleich beim ersten Infovortrag im März entschied er sich mitzumachen. Gleich als erstes hat sich eine Frau gemeldet, deren Mann an Demenz erkrankt ist und nicht mehr allein zu Hause bleiben kann. „Das ist mein erster Klient“, berichtet Alshamy mit einem Lächeln. Ihn besucht er inzwischen regelmäßig für ein bis zwei Stunden, im Gepäck einige Spiele zum Gedächtnistraining.

Manchmal ist es auch schön, einfach nur zusammenzusitzen und zu plaudern. © Philipp von Ditfurth/dpa

Inzwischen hat bereits eine zweite Kontaktbörse stattgefunden. Und mit dem Interesse ist Edith Harter sehr zufrieden: Einige Gäste haben sich die Formulare zur Zertifizierung gleich mitgenommen. Andere wollen keine Anerkennung, ihre Hilfe aber ehrenamtlich und unentgeltlich anbieten. Besonders schön: Es wurden direkt und unkompliziert Kontakte geknüpft. Eine Seniorin hat mit einem anerkannten Helfer Telefonnumern ausgetauscht und freut sich jetzt auf Unterstützung im Alltag – beim Einkaufen beispielsweise.

Die Organisatorinnen hoffen sehr auf noch mehr Interessenten – ob mit oder ohne offiziellen Status. „Bedarf gibt es genug“, bestätigen die Frauen. Die Kontaktbörse soll nun regelmäßig alle drei Monate stattfinden. Auch über einen neuen Gesprächskreis wird nachgedacht. „Die Anregung kam von einer Besucherin“, berichtet Michaela Weber.

Unterstützung unter Nachbarn hilft auch gegen Einsamkeit

Als eine der beiden PauLas im Ried weiß sie genau, wie einsam manche Menschen sind. „Es gibt sehr viele, die nicht einmal ihre direkten Nachbarn kennen.“ Als psychosoziale Fachkraft auf dem Land berät sie ältere Menschen, damit sie die Hilfe bekommen, die sie brauchen. Ziel ist es, so lange wie möglich selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden zu wohnen. „Ein bisschen Unterstützung aus der Nachbarschaft kann einen großen Unterschied machen“, davon sind auch die beiden Mitarbeiterinnen der Gemeinwesenarbeit überzeugt. Auch ihr Job ist es, die Menschen in der Stadt zusammenzubringen und als Ansprechpartnerinnen bereit zu stehen. Dass auch jüngere Leute mit Einsamkeit zu kämpfen haben, wissen sie nur zu gut. Und auch, dass ein netter Kaffeeklatsch manchmal eine große Hilfe ist.

Nachbarschaftshilfe in Lampertheim und Bürstadt läuft nun an

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Redaktion Redakteurin "Südhessen Morgen", Schwerpunkt Bürstadt

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