Bürstadt. Dass er in einem Jahr gleich zweimal die Preise anhebt, hätte Gregor Gebhardt nie für möglich gehalten. „So krass war das noch nie“, sagt der 57-jährige Bäckermeister in Bürstadt. Die Preise seien nicht erst seit dem Ukraine-Krieg gestiegen, sondern schon seit letztem Sommer: Mehl, Milch, Butter, Zucker – alles teurer. Dass ihm einige Kunden vorwerfen, er würde sie abzocken, weist er vehement von sich: „Ich bereichere mich nicht! Wir müssen gucken, dass wir über die Runden kommen.“
Die Preiserhöhung bei Gebhardt sei zudem moderat ausgefallen. Wie es in zwei oder mehr Monaten aussieht, vermag der Chef aber noch gar nicht zu sagen. Gerade hat er 5000 Liter Heizöl bestellt – statt der doppelten Menge wie sonst. „Ich muss das ja vorfinanzieren, da wäre das Konto leer.“ Rund 16 000 Euro zahlt er inzwischen für die halbe Tankfüllung. Die Menge reiche gerade mal für zwei Monate, um seine Öfen anzuheizen. „Immerhin besser als mit Gas“, meint Gebhardt.
Gerade habe ihm ein Vertreter, der viel herumkomme, erzählt, dass im Bezirk 16 Bäckereien schließen würden. „Die meisten sind an der südlichen Weinstraße und zum Teil gab es keinen Nachfolger.“ Vor allem aber liege es an den hohen Preisen – wie etwa auch bei Familie Kaufmann in Heppenheim. Diese betreibt ihre Bäckerei in vierter Generation – wie Gregor Gebhardt – und möchte nun der Insolvenz zuvor kommen. So dramatisch sieht der Bürstädter Bäcker die Lage nicht. Aber ob sein 19 Jahre alter Sohn Simon, der in der Backstube mitarbeitet, den Traditionsbetrieb mal übernimmt, vermag Gebhardt nicht zu sagen. Sein Uropa hat die Bäckerei 1883 gegründet.
Bereits in den vergangenen Monaten hat Gregor Gebhardt auf die Kosten geschaut. „Ich schalte den Ofen fünf Minuten später ein. Viel mehr können wir nicht machen, wir haben ja schon früher versucht zu sparen.“ In diesem heißen Sommer seien die Klimaanlagen und Kühlgeräte auf Hochtouren gelaufen. „Anders geht es ja nicht.“ Nun denkt er darüber nach, am Sonntag einen Zuschlag zu berechnen, wenn er für Feste Brot und Brötchen liefert. „Dafür heize ich den Ofen extra an, weil wir nicht geöffnet haben.“ Auch fürs Liefern müsste er wegen der hohen Spritpreise eigentlich was verlangen.
„Es hört ja nicht auf. Zucker und Mehl werden sicher noch teurer. Die Mühlen verbrauchen viel Strom, und die Rüben sind wegen der Trockenheit dieses Jahr viel kleiner“, sagt Gebhardt. Zudem würden die hohen Lieferkosten auf alles aufgeschlagen, die Gehälter gingen auch nach oben. Gleichzeitig spürt Gebhardt, dass die Kunden weniger ausgeben. „Beim Brot merken wir es weniger, aber bei Brötchen und Kuchen.“ Keine Abstriche machen will der Bürstädter bei seinen Produkten. Er setzt auf Mehl aus kleinen Mühlen und auf Eier sowie Obst von Händlern seines Vertrauens – aus der Region. „Da weiß ich, was ich habe.“
Kunden sparen an Süßem
„Die ganzen Preise kennen nur eine Richtung: nach oben“, sagt auch Gebhardts Kollege Andreas Blüm in Bürstadt. Er hat im Juni seine Preise erhöht, und zwar unterschiedlich je nach Produkt. „Für Brot nur ein bisschen – parallel zum Mehlpreis. Für Plunder mehr, weil Öl, Butter und Milch viel teurer wurden“, erklärt der Bäckermeister. Seine Kundschaft möchte Blüm jedenfalls nicht verschrecken. „Die weiß, dass ich sie nicht über den Tisch ziehen will.“ Am Kaffeestückchen werde aber schon gespart, fällt ihm auf. Relativ entspannt ist er, was Energiepreise angeht, da er seine Verträge erst verlängert hat. „Dennoch ist es viel teurer: 34 000 Euro mehr als sonst.“ Jetzt hofft Blüm nur, dass die Energieversorger auch liefern können. Weil er sich dessen nicht sicher ist, investiert er gerade in ein Notstromaggregat. „Wenn ich nichts produzieren kann, verkaufe ich nichts und kann mein Personal nicht mehr bezahlen.“ 15 Angestellte beschäftigt Blüm in seinem Geschäft in der Nibelungenstraße.
Ganz ähnlich sieht es bei der Traditionsbäckerei Helmling in Biblis aus, wo der 52-jährige Alfred Helmling das Geschäft führt. „Wir wollen uns nicht verrückt machen und abwarten, was kommt“, sagt die Seniorchefin im Laden. Ihre Preise mussten sie auch erhöhen.
Die allgemeine Preissteigerung ist übrigens nicht der Grund dafür, dass Gregor Gebhardt seine Filiale in Bobstadt Ende Juni aufgegeben hat. „Unsere Verkäuferin dort ist in Ruhestand gegangen, und ich kriege keine Leute“, sagt der Chef. Trotz Plakaten und Anzeigen hätten sich kaum Interessenten gemeldet, und dann habe es entweder an Deutschkenntnissen oder an der Einstellung gehapert. Der Fachkräftemangel – wieder ein anderes Thema.
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