Atomkraft

Streit um AKW-Abfall aus Biblis

Der Büttelborner Deponiebetreiber will die 60 Tonnen Bauschutt aus dem Bibliser Atomkraftwerk nicht einlagern. Das hat zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung geführt. Im April soll es eine Entscheidung geben

Von 
Petra Schäfer
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Auf diesem Bild aus dem Jahr 2022 sind hier neben Block B die Container mit Abbruchmaterial auf dem Kraftwerksgelände in Biblis zu sehen. © Bernhard Zinke

Biblis. Bis Mitte April rechnet der Zweckverband Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße (ZAKB) mit einer gerichtlichen Entscheidung zur Lagerung von Bauschutt aus dem Bibliser Atomkraftwerk. Dies sagte Kreisbeigeordneter Matthias Schimpf (Grüne) in seiner Funktion als ZAKB-Verbandsvorsitzender in der Verbandsversammlung.

Schimpf berichtete über den aktuellen Stand der umfangreichen juristischen Verfahren rund um die Entsorgung freigemessener Abfälle aus dem Rückbau des Kernkraftwerks. Dazu gehört der ZAKB-Eilantrag auf Anordnung des Sofortvollzugs für die Mitbenutzung der Deponie in Büttelborn. Zuvor war allein ein Bescheid zur Mitbenutzung ergangen. Das Regierungspräsidium Darmstadt hatte dies damals auf Anfrage dieser Redaktion damit erklärt, dass der ZAKB-Antrag auf Anordnung des Sofortvollzugs abgelehnt worden sei, „da die Voraussetzungen für dessen Anordnung nicht vorliegen“.

Falls das Verwaltungsgericht Darmstadt im April dem aktuellen ZAKB-Antrag stattgeben sollte, könnten die auf dem Bibliser Kraftwerksgelände gelagerten 60 Tonnen freigemessener Bauschutt zur Deponie nach Büttelborn gebracht werden. Ob das dann tatsächlich sofort passieren würde, bezweifelt Schimpf allerdings. Für die Gegenseite besteht immer noch die Möglichkeit, die Entscheidung des Gerichts prüfen zu lassen. Und dieses Vorgehen würde erneut zu einem Aufschub führen.

Großer logistischer Aufwand beim Rückbau des Kraftwerks

RWE hat ebenfalls in einem Eilantrag gefordert, den Weg für den Bauschutt nach Büttelborn freizumachen. „Wir wollen einen schnellen und sicheren Rückbau“, betont RWE-Sprecher Alexander Scholl auf Nachfrage dieser Redaktion. „Aktuell stehen uns die Entsorgungswege für den freigemessenen Bauschutt nicht zur Verfügung. Das bedeutet für uns einen größeren logistischen Aufwand.“ RWE will das Kernkraftwerk bis 2032 zurückgebaut haben, so dass die Fläche aus dem Atomgesetz entlassen werden kann und für eine weitere wirtschaftliche Entwicklung zur Verfügung steht.

Die 60 Tonnen Bauschutt bestehen aus Beton, Metall, Ziegeln und Fliesen. Die gemessene Belastung der Baumaterialien liegt unter zehn Mikrosievert und dürfen auf einer dafür zugelassenen Deponie gelagert werden. Das Regierungspräsidium Darmstadt hatte verfügt, dass Büttelborn als nächstgelegene und für diesen Abfall zugelassene Deponie den Abfall nehmen muss. Das führte zu einem juristischen Streit.

Der Zweckverband Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße (ZAKB) ist als öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger im Kreis verpflichtet, diesen Bauschutt zu beseitigen. Dafür braucht er aber eine entsprechend zugelassene Deponie. Sie soll sich möglichst im selben Bundesland befinden, und der Transportweg soll nicht zu weit sein. Der ZAKB stellte deshalb einen Antrag auf Mitbenutzung der Deponie in Büttelborn im Kreis Groß-Gerau. Diese ist für die Lagerung dieses spezifisch freigemessenen Abfalls geeignet.

Im Juli 2023 genehmigte das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt den ZAKB-Antrag. Es bestünden keine Zweifel an der Ungefährlichkeit der freigemessenen Abfälle, hieß es damals seitens des RP. Allerdings hat das Regierungspräsidium zwar die Mitbenutzungsanordnung erteilt. Nicht erteilt wurde jedoch der sofortige Vollzug. Der Büttelborner Deponiebetreiber Südhessische Abfall-Verwertungsgesellschaft mbH (SAVAG) verweigerte daraufhin die Annahme des Mülls aus Biblis. Nun klagt die SAVAG gegen den Bescheid. Das hat aufschiebende Wirkung.

ZAKB Windel-Container in Bensheim

  • Aus Bensheim kam die Forderung, dass der ZAKB ein kostenloses Angebot zur Entsorgung von Windeln auf den Wertstoffhöfen zur Verfügung stellen soll. Die Verbandsversammlung lehnte dies aufgrund fehlender rechtlicher Möglichkeiten ab. Eine juristische Prüfung habe ergeben, dass es dem ZAKB durch Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes rechtlich untersagt sei, dieses kostenlose, aus Gebühren finanzierte Angebot zu machen.
  • Der Zweckverband stelle seinen Mitgliedskommunen auf Wunsch Flächen für Container zur kostenlosen Entsorgung von Windeln auf den Wertstoffhöfen zur Verfügung. Die Beauftragung und Finanzierung dieser Windel-Container seien jedoch Aufgaben der einzelnen Kommunen und nicht des Verbandes. 

Deshalb hatten ZAKB und RWE mit ihren Eilanträgen auf Sofortvollzug nachgelegt, über die jetzt entschieden werden soll. Laut Schimpf hat die Gegenseite unter anderem als Argument gegen die Lagerung angeführt, dass der Bauschutt aus dem Atomkraftwerk nach einem Einbau in die Deponie später nicht mehr herausgeholt werden könne. Der ZAKB habe zu diesem Einwand ein Gutachten anfertigen lassen. Dieses komme zu dem Schluss, dass es sehr wohl möglich sei, den Bauschutt auszubauen. Damit sei dieses Argument nicht mehr haltbar.

Redaktion Redakteurin Südhessen Morgen

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