Bürgerversammlung

Einige Bibliser sehen Unterkunft für Geflüchtete skeptisch

Viele Menschen kommen zur Bürgerversammlung. Bürgermeister Volker Scheib will ihnen erklären, wieviele Geflüchtete nach Biblis kommen und wo sie warum untergebracht werden. Doch viele Einwohnerinnen und Einwohner haben Bedenken

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Christine Dirigo
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Das Interesse, aber auch die Skepsis waren groß bei der Bürgerversammlung zum Thema Geflüchtete in Biblis. © Christine Dirigo

Biblis. Gut 100 Besucher waren am Donnerstagabend ins Bibliser Bürgerzentrum gekommen, um sich über die Pläne zur Aufnahme von Geflüchteten zu informieren. Bürgermeister Volker Scheib führte zunächst ins Thema ein: „In Biblis werden wir neun Personen im Monat zugewiesen bekommen. Sie bringen ein Kissen, eine Tasse und eine Decke mit. Alles andere müssen wir organisieren. Keiner fragt, ob wir das können oder ob der Nachbar etwas dagegen hat. Die Menschen fliehen vor Not, Terror, Krieg und Vertreibung“, machte der Bürgermeister die Dramatik der Situation deutlich.

Er erzählte, was die Instandsetzung der drei gemeindeeigenen Häuser und die Erschließung des Goetheplatzes kostet und wo wie viele Geflüchtete untergebracht werden sollen. „Dafür müssen keine Sporthallen oder das Gemeindezentrum geschlossen werden“, so Scheib weiter.

Gleichzeitig nannte er die Möglichkeiten, wie eine Integration mit verschiedenen Kursen gelingen könnte und hoffte auch, dass es Angebote von Vereinen geben wird. Gespannt war er auf die Fragen der Besucher. Schon die erste Eingabe zeigte, in welche Richtung es an diesem Abend gehen würde. Eine Hauseigentümerin aus der Nähe des Goetheplatzes erklärte, ihr seien Kaufinteressen abgesprungen, nachdem bekannt geworden war, dass Geflüchtete mitten im Wohngebiet untergebracht werden sollen. Die gleichen Befürchtungen äußerten noch mehrere Leute, die meinen, dass ihre Häuser an Wert verlieren.

Appell, Menschen kennenzulernen

Sorgen gab es auch von Familien, deren Kinder durch die Goethestraße zur Schule müssen. Weitere Befürchtungen waren, dass Frauen belästigt werden könnten und die Sicherheit im Allgemeinen nicht gewährleistet sei. Dem widersprach Monika Pfeiffer-Hartmann. Die langjährige Kommunalpolitikerin war in der letzten Legislaturperiode noch im Gemeindevorstand. Sie schilderte die Situation der letzten Flüchtlingswelle. Als damals in der Berliner Straße in ihrer direkten Nachbarschaft ein Haus für Flüchtlinge gebaut wurde, hatte es genau die gleichen Befürchtungen und Bedenken gegeben.

„Ich bin dort von Anfang an rein gegangen und hatte sehr guten Kontakt. Gehen Sie doch auch einfach hin und machen Sie sich ein Bild. Das ist für die Leute besser – und auch für uns“, ermunterte Pfeiffer-Hartmann das Publikum.

Auch Pierre-Olivier Denise fand es ungerecht, dass die Geflüchteten vorverurteilt würden, sie würden Frauen mit Messern bedrohen. „Wenn man sie außerhalb von Biblis unterbringen würde, wäre das ein Ausgrenzen. So haben Sie als Anwohner einen Blick darauf, was der Mensch vor Ihrer Tür macht. Auch für die Geflüchteten ist das zum Teil ein Kulturschock, denn sie leben plötzlich ganz nahe mit jemanden, der beispielsweise einer anderen Religion angehört“, machte der junge Bibliser deutlich.

Bürgermeister Scheib hörte sich alle Fragen und Anregungen geduldig an und hatte auf alle eine Antwort. Er wollte sogar Wohnungen im Haus der Besitzerin mieten. Scheib betonte, dass die Verbindung zum Kreis und der Polizei ganz eng sei und auch mit Profis bei den Geflüchteten gearbeitet würde. Der Vorwurf der Bürger sei oftmals, dass sie gerne vor der Entscheidung der Ortspolitik informiert gewesen wären und nicht im Nachhinein vor vollendete Tatsachen gestellt würden.

Scheib bot allen an, deren Bedenken noch nicht endgültig zerstreut waren, zu ihm in die Sprechstunde zu kommen. „Wir tun alles, um Spannungen in den Containern auf dem Goetheplatz anzubauen, und laden jeden ein, sich selbst ein Bild zu machen“, legte er dar. Es sei ein Ringen um die beste Lösung gewesen. Die Entscheidung für eine Unterbringung der Geflüchteten auf dem Goetheplatz sei nicht leichtfertig getroffen worden.

Vorwurf der Arroganz

Aus dem Publikum hörte er den Vorwurf, er sei arrogant und unverschämt. „Mir ist es wichtig, dass wir miteinander reden und nicht nur voneinander lesen. Und wir haben nicht die Möglichkeit, Nein zu sagen“, stellte Scheib klar.

Danach kamen noch allgemeine Fragen zu anderen Themen wie der Temperatur in der Riedhalle im Sommer, dem erhöhten Verkehr in der Wattenheimer Straße und zur Situation der Jugendlichen, nachdem die Sozialagentur Fortuna gekündigt hat.

Freie Autorin

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