Kernenergie

Brennelemente-Zwischenlager in Biblis wird eigenständig

Der Abbau des Kernkraftwerks Biblis schreitet voran: In gleichem Maß werden die Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände eigenständig - mit eigener Zufahrt und eigener Sicherung

Von 
Bernhard Zinke
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Der Rohbau des neuen Wach- und Funktionsgebäudes für die Zwischenlager auf dem Kraftwerksgelände in Biblis steht schon. © Berno Nix

Biblis. Das Bibliser Kernkraftwerk ist eine Großbaustelle. Rund um Block A und B stehen orangefarbene und blaue Container, die das Abbruchmaterial aus den Reaktorblöcken zwischenlagern, bevor es den weiteren Weg der Entsorgung geht. Aber auch weiter südlich auf dem Gelände - im Bereich der Zwischenlager für hoch, mittel und schwach radioaktive Abfälle - tut sich eine Menge. Die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) arbeitet derzeit daran, sich vom restlichen Kraftwerksgelände in allen Belangen selbstständig zu machen.

Gerade entsteht eine eigene Zufahrt, einen Sicherheitszaun um das Gelände gibt es auch schon. Am Mittwoch wurde Richtfest für das neue Wach- und Funktionsgebäude direkt neben dem Brennelemente-Zwischenlager gefeiert.

Bundesgesellschaft für Endlager sucht Endlagerstätte für hoch radioaktiven Müll

Seit 2017 ist gesetzlich geregelt, dass der Bund für die Entsorgung der radioaktiv belasteten Abfälle aus der Kernenergie verantwortlich zeichnet. Die deutschen Kraftwerksbetreiber haben ihre Verantwortung gegen eine Zahlung von 24 Milliarden Euro in einen Fonds abgegeben. Von diesen 24 Milliarden wird die Unterbringung des radioaktiven Mülls finanziert.

Eine eigene Gesellschaft, die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), sucht aktuell eine Endlagerstätte für den hoch radioaktiven Müll. Der Zeithorizont bis zur Fertigstellung ist noch sehr diffus. Solange diese Stätte noch nicht gefunden ist, sorgt die BGZ für den sicheren Einschluss des radioaktiven Abfalls, dies vor Ort an den Standorten der ehemaligen Kernkraftwerke, damit auch in Biblis.

Kraftwerksgelände eine der attraktivsten Gewerbeflächen

Nun geht es darum, die Zwischenlager unabhängig vom restlichen Kraftwerksstandort zu machen. Denn es ist sehr wahrscheinlich, dass zumindest das Brennelemente-Zwischenlager mit seinen insgesamt 108 Castoren über das Jahr 2046 hinaus existieren wird. Solange gilt erst einmal die Genehmigung des Zwischenlagers. Allerdings soll bereits Anfang der 2030er Jahre das Kraftwerk soweit zurückgebaut sein, dass es aus der Zuständigkeit des Atomgesetzes entlassen werden und neues Gewerbe hier entstehen kann.

Das Kraftwerksgelände mit seiner rund 60 Hektar großen Fläche inklusive kompletter Infrastruktur ist eine der attraktivsten Gewerbeflächen ganz Hessens. Zumal drumherum noch weitere 60 Hektar Fläche angrenzen, auf denen einmal die Errichtung von Block C vorgesehen war und die eventuell auch nutzbar wären.

Der Kreis Bergstraße, die Gemeinde Biblis, Grundstücksbesitzer RWE und die hessische Wirtschaftsförderungsgesellschaft Trade & Invest haben schon im vergangenen Jahr eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet und wollen nun unter anderem prüfen, ob das Gelände für die Wertschöpfungskette im Bereich der erneuerbaren Energien genutzt werden könnte.

Investitionen von rund 120 Millionen Euro

Damit dieser Bereich, der sich im Besitz von RWE befindet, aber überhaupt entwickelt werden kann, müssen die Zwischenlager extra gesichert und gemanagt werden. Dafür nimmt die BGZ nun insgesamt 120 Millionen Euro in die Hand. Die Bauphase dauert nun schon drei Jahre, wie Standortleiter Dirk Jonas erläutert. In dieser Zeit seien rund 7500 Lkw-Ladungen an Material hin und her bewegt, 6000 Meter an Wasser- und Stromleitungen verlegt worden.

Ende dieses Jahres werde das Gelände der Zwischenlager mit einer eigenständigen Sicherungsarchitektur autark sein. Im Jahr 2026 will das BGZ das Wach- und Funktionsgebäude beziehen, so Dirk Jonas. Bis dahin sollen auch noch weitere Arbeitsplätze entstehen. Aktuell arbeiten 30 BGZ-Angestellte am Standort in Biblis. Es sollen am Ende dann 70 Kolleginnen und Kollegen sein, die die drei Zwischenlager managen. Aktuell sind die Mitarbeiter noch in einem RWE-Gebäude untergebracht.

Der Bibliser Kraftwerksleiter Ralf Stüwe grüßt zum Richtfest mit knackigem, norddeutschen „Moin“ und freut sich über den Fortschritt des Autarkie-Programms. Ermögliche es doch die Abkopplung von der Rückbaufabrik. Es sei überhaupt erst Voraussetzung für die Entwicklung des Geländes mit seinen gewaltigen Nachnutzungsoptionen.

Wie sehr das Gelände schon jetzt Teil der Energiewende ist, zeigt sich auf dem ehemaligen Mitarbeiterparkplatz, Dort arbeitet seit dem vergangenen Jahr ein Gaskraftwerk, das sich bei Bedarf zuschaltet und Strom produziert, wenn nicht genug Strom durch regenerative Energien zur Verfügung steht.

Konstantin Großmann, Vorsteher der Bibliser Gemeindevertretung, bedankt sich in seinen Grußworten für die große Transparenz der BGZ. Auch begrüßt er es ausdrücklich, dass die Gesellschaft in Biblis noch weitere Arbeitsplätze schaffen will.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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