Edingen-Neckarhausen, Ladenburg. Es ist eines der wenigen Projekte in der Region mit einer so langen Vorgeschichte, vermutlich sogar das einzige: Zwischen Ladenburg und Neckarhausen entsteht gerade eine neue Neckarbrücke. Mehr als 100 Jahre lang wurde sie gefordert, Anfang 2025 begann schließlich ihr Bau. Sie ist Teil einer Nord-Süd-Verbindung zwischen Mannheim und Schwetzingen.
Spätestens im Jahr 2027 soll das Bauwerk für den Verkehr freigegeben werden, zwei Jahre später als bei Baubeginn geplant. Die Neckarbrücke ist Teil der L 597 und schließt eine Lücke im Straßennetz, die seit den 1970er Jahren besteht. Damals wurden bereits Teile der Straße im Mannheimer Stadtteil Friedrichsfeld gebaut.
Von der A 656 kommend, führt der Weg Richtung Norden noch immer durch die Ortschaften. Vor allem der Mannheimer Stadtteil Seckenheim und die Inselgemeinde Ilvesheim sind davon betroffen, leiden unter dem Durchgangsverkehr. Besonders in den Morgen- und Abendstunden staut sich der Verkehr durch beide Orte. Mehr als 15.000 Kraftfahrzeuge in 24 Stunden wurden hier in Spitzenzeiten gezählt. „Die Verkehrsverhältnisse sind damit mehr als unzureichend. Sie stellen für die Anwohnerschaft eine hohe Belastung an Lärm und Abgasen dar“, stellt das Regierungspräsidium Karlsruhe dazu fest.
In Mannheim-Seckenheim und Ilvesheim war und ist der Ruf nach dem Neubau der Straße deshalb auch immer am lautesten. Diskutiert wird das Projekt indes schon seit mehr als 100 Jahren. Bereits 1913 gab es entsprechende Überlegungen, wie aus einem Schreiben des früheren Ladenburger Bürgermeisters Reinhold Schulz an den Karlsruher Regierungspräsidenten Trudpert Müller vom 8. März 1983 hervorgeht.
Dass schon Anfang des 20. Jahrhunderts über den Bau einer Neckarbrücke gesprochen wurde, hängt nach Angaben des Referats 44 (Straßenplanung) beim Regierungspräsidium Karlsruhe mit Planungen zum Neckar-Ausbau zusammen, die 1913/14 bereits weit fortgeschritten waren. Um den Neckar für Rheinschiffe befahrbar zu machen, wurde er von 1921 bis 1935 ausgebaut. Der Bau des Neckarkanals machte Ilvesheim zur Insel, und die sollte nicht im Verkehr untergehen.
1959 im Generalverkehrsplan, seit 1979 in Planung
In besagtem Brief des Ladenburger Bürgermeisters heißt es weiter, „dass nur durch diese Maßnahme die Verkehrsprobleme unseres Raumes wirksam gelöst werden können“. Im Mai 1979 hatte Staatssekretär Ludwig dem Schreiben zufolge im Verlauf eines Ortstermins dem Straßenbauamt Heidelberg den Auftrag zur Ausarbeitung eines Entwurfs zum Neubau der L 597 mit Neckarbrücke bei Ladenburg erteilt. Das Gesamtprojekt L 597 stand bereits 1959 im ersten Generalverkehrsplan des Landes Baden-Württemberg. Der erste Bauabschnitt wurde in den Jahren 1974 bis 1976 realisiert, und zwar im Mannheimer Stadtteil Friedrichsfeld. Zu verdanken war das der Bundesbahn, die auf ihren Hauptstrecken in einem beschleunigten Programm Bahnübergänge beseitigte.
Der zweite Bauabschnitt folgte rund zehn Jahre später. Damals wurde die Anschlussstelle Seckenheim verlegt und die Straße zwischen Saarburger Ring und der heutigen L 637 ausgebaut. 1985 wurde dieser Teil für den Verkehr freigegeben.
Jahrelang haben Politiker immer wieder den Bau der Straße versprochen. Verzögert hat sich das Vorhaben unter anderem wegen der Forderung der Naturschutzbehörden nach einem Umweltbericht. Doch auch als dieser 1991 vorgelegt wurde, zog sich das Genehmigungsverfahren weiter hin.
Feldhamster, die man auf dem Gelände entlang der Trasse vermutete, machten abermals Änderungen notwendig. So entstanden 2015 beim Neubau des Radweges zwischen Edingen-Neckarhausen und Seckenheim mehrere Tunnel für die Nager, damit diese die Straße und die RNV-Gleise sicher unterqueren können.
Erst fehlt die Genehmigung, dann das Geld
Dass der Neubau auch nach dem Planfeststellungsbeschluss im Jahr 2005 nicht vorankommt, liegt vor allem am Geld. Weil das Land 2008 mit dem Bau des 93 Millionen Euro teuren Branich-Tunnels bei Schriesheim beginnt, stehen keine Mittel für ein zweites Millionen-Projekt in Nordbaden zur Verfügung. Im Juni 2016 gibt Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) die Umgehungsstraße der Weinstadt mit der Röhre im Berg für den Verkehr frei.
L 597 mit Neckarbrücke
Länge: 3,3 Kilometer (3. Abschnitt)
Fahrbahnbreite: 8,0 Meter
Zahl der Bauwerke: neun
Kernstück: Neckarbrücke mit 350 Meter Länge und 15 Millionen Euro Baukosten (letzte Schätzung)
Durchgängiger Radweg parallel zur L 597 bis zur Wallstadter Straße in Ladenburg
Baubeginn: 1. Quartal 2019
Bauende: 2027 (zuletzt war 2026 geplant)
Baukosten: 77,5 Millionen Euro (Stand 2025)
Dossier: Online hat der „MM“ das Projekt von Anfang an begleitet. Das Dossier enthält Fotos, Videos und Grafiken: mannheimer-morgen.de/L597
Eineinhalb Jahre später verkündet der Politiker, was allen seinen CDU-Vorgängern bis dahin nicht gelungen war: Die Neckarbrücke bei Ladenburg und die neue L 597 können ab 2019 gebaut werden. Christian Specht, zu diesem Zeitpunkt noch Erster Bürgermeister von Mannheim, nennt das Projekt damals eine „Nord-Süd-Tangentialverbindung der Mittelzentren Viernheim und Schwetzingen“, also über die Landesgrenze hinweg bis nach Südhessen.
Am 23. Februar 2019 ist es schließlich auch für das letzte Teilstück so weit: Verkehrsminister Winfried Hermann gibt mit einem symbolischen Spatenstich bei Ladenburg die Bauarbeiten frei und verkündet: „Mit diesem Tag werden aus langjährigen Plänen und Debatten greifbare Fakten. Ich freue mich, den Startschuss geben zu können.“
Die Freude ist allerdings nicht ungeteilt. Am Rande des Festaktes unter freiem Himmel protestieren betroffene Anwohner aus Neckarhausen gegen die Art des Baus und fordern einmal mehr eine Lärmschutzwand. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Ruhe klaut“, skandieren sie auf dem Wall, der schon vor Jahren mit Aushub des Branichtunnels aufgeschüttet worden war. Über ihn soll künftig die Straße zur 350 Meter langen Neckarbrücke führen.
Auf beiden Seiten der Brücke rollen bereits Autos
Sechs Jahre später sind weite Teile der Straße fertig. Über den südlichen Abschnitt rollen bereits die Autos bis Neckarhausen, der nördliche Teil in Ladenburg dient als Anbindung des dortigen Industriegebietes. Das Herzstück, die Brücke, ist seit Anfang des Jahres am Entstehen. Weil Taucher zuvor den Neckargrund nach Kampfstoffen absuchen mussten, verzögerte sich der Baubeginn allerdings. Inzwischen ist von einer Freigabe für den Verkehr Anfang 2027 die Rede.
Und weil Zeit bekanntlich Geld ist, bleibt es nicht bei den ursprünglich kalkulierten Kosten. Auch die Corona-Pandemie und der Krieg von Russland gegen die Ukraine haben für Verteuerungen gesorgt. Statt der ursprünglich einmal geplanten 36 Millionen Euro wurde zuletzt ein Betrag von 77,5 Millionen Euro genannt, also mehr als das Doppelte. Hinzu kommen noch einmal rund neun Millionen Euro für den Radschnellweg zwischen Mannheim und Heidelberg. Dieser führt ebenfalls über die neue Brücke und streckenweise auch entlang der Straße.
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