Damit alle Kinder die gleichen Chancen auf eine frühe Förderung haben und Eltern Familie und Beruf vereinbaren können, sind gute Betreuungsangebote unerlässlich. „Gemeinsames Ziel von Bund, Ländern und Kommunen ist es daher, bundesweit ein bedarfsgerechtes und zugleich qualitativ hochwertiges Angebot an Betreuungsplätzen zu schaffen“, schreibt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf seiner Homepage.
Ist dieses Ziel schon erreicht? Wie sieht es in den Kommunen vor Ort aus? In unserer Serie „Gut betreut?“ blicken wir in den kommenden Wochen auf die Situation in den Städten und Gemeinden des Verbreitungsgebiets dieser „MM“-Ausgabe. Zum Auftakt beantworten wir heute einige wichtige Fragen zum Thema.
Wer hat einen Rechtsanspruch?
Seit dem 1. August 2013 gibt es für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Dieser Anspruch ist geregelt in Paragraf 24 des achten Sozialgesetzbuchs und gilt ohne Einschränkungen, also auch für Kinder mit besonderem Förderbedarf. Für Kinder unter drei Jahren kann er durch einen Platz in einer Kindertageseinrichtung (Kita) oder in der Kindertagespflege – also bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater – erfüllt werden. Ab dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt gibt es einen Anspruch auf Betreuung in einer Kita. Der zeitliche Umfang muss sich danach richten, welchen Bedarf die Eltern haben.
Wer ist für die Bereitstellung des Angebots zuständig?
Dafür, dass ein bedarfsgerechtes Angebot an Betreuungsplätzen zur Verfügung steht, sind grundsätzlich die Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig. In Baden-Württemberg sind dies die Jugendämter der Stadt- und Landkreise. Für die konkrete Umsetzung allerdings werden im Kita-Gesetz von Baden-Württemberg die Städte und Gemeinden herangezogen. Sie sind es also, die dafür sorgen müssen, dass vor Ort die Plätze bereitgestellt werden. Klagen von Eltern wegen eines fehlenden oder (zeitlich) nicht ausreichenden Angebots richten sich wiederum gegen das Kreisjugendamt.
Welche Betreuungsformen gibt es?
Kinder unter drei Jahren können Kinderkrippen besuchen. Diese sind auf die besonderen Bedürfnisse von Kleinkindern abgestimmt. Eine Alternative ist die Betreuung durch eine Tagesmutter oder einen Tagesvater – die sogenannte Kindertagespflege. Vorteil für Eltern: Hier können die Betreuungszeiten oft individueller abgestimmt werden. Ab dem dritten Lebensjahr bis zur Einschulung können Kinder einen Kindergarten besuchen. Es gibt aber auch Einrichtungen mit altersgemischten Gruppen. Ein zunehmend wichtiges Thema ist auch die Inklusion. Hier verfügen die Tagesstätten allerdings über ganz unterschiedliche räumliche wie pädagogische Voraussetzungen.
Wer unterhält die Kindertagesstätten?
Das sind die öffentlichen und die freien Träger. Öffentliche Träger sind die Kommunen. Freie Träger sind beispielsweise die Kirchen, die dafür aber ebenfalls öffentliche Mittel erhalten. Auch Verbände der freien Wohlfahrtspflege oder gemeinnützige Vereine gehören zu den freien Trägern. In größeren Unternehmen gibt es zuweilen eine betriebliche Kinderbetreuung.
Wer trägt die Kosten für die Angebote?
Für Kindergärten erhalten die Gemeinden vom Land pauschale Zuweisungen aus der Finanzausgleichsmasse. Bei der Kleinkindbetreuung trägt das Land 68 Prozent der Betriebsausgaben. Es leitet die Mittel nach der Zahl der betreuten Kinder an die Kommunen weiter. Die freien Träger erhalten für ihre Einrichtungen Geld von den Städten und Gemeinden. Die Höhe ist im KiTa-Gesetz Baden-Württemberg geregelt: Krippen werden demnach von der Standortgemeinde mit mindestens 68 Prozent der Betriebsausgaben bezuschusst, Kindergärten mit 63 Prozent. Viele Kommunen übernehmen darüber hinaus noch Teile der übrigen Kosten, soweit diese nicht durch die Elternbeiträge gedeckt werden. Zudem beteiligen sie sich an den Investitionsausgaben. Ein Mustervertrag des Gemeindetags sieht dafür einen Zuschuss von 70 bis 90 Prozent vor.
Woher bekommen die Kommunen außerdem Geld?
Um die Kommunen beim Thema Kinderbetreuung mit Mitteln auszustatten, werden – je nach politischem Willen – Förderprogramme für bestimmte Zwecke aufgelegt. So unterstützte beispielsweise der Bund den Ausbau von Betreuungsplätzen mit verschiedenen Investitionsprogrammen. Für Qualitätsverbesserungen sollen jetzt aus dem Gute-KitA-Gesetz bis 2022 rund 730 Millionen Euro nach Baden-Württemberg fließen; die Mittel verteilt das Land. Dieses hat mit den Kommunen außerdem den „Pakt für gute Bildung und Betreuung geschlossen“: Mit rund 80 Millionen Euro sollen die Kita-Träger bis 2024 unter anderem dabei unterstützt werden, mehr Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher zu schaffen.
Was kostet Eltern die Kinderbetreuung?
Das ist von Kommune zu Kommune unterschiedlich. Mancherorts werden Beiträge nach der Zahl der minderjährigen Kinder einer Familie gestaffelt – woanders nach der Zahl der Kinder, die gleichzeitig eine Betreuungseinrichtung besuchen. Auch das Familieneinkommen wird zuweilen bei der Bemessung der Beiträge herangezogen. Nicht zuletzt leidet die Vergleichbarkeit darunter, dass die Kitas zum Teil unterschiedliche Zeitmodelle verfolgen. Zur Veranschaulichung: In Edingen-Neckarhausen kostet ein Kindergartenplatz mit verlängerten Öffnungszeiten 137 Euro monatlich, wenn es nur ein minderjähriges Kind in der Familie gibt. Eltern mit vier Kindern zahlen nur noch 24 Euro. 132 Euro kostet ein vergleichbarer Platz in Heddesheim für das erste Kind. Für das zweite Kind, das gleichzeitig den Kindergarten besucht, zahlen Eltern nur noch die Hälfte und für jedes weitere Kind gar nichts mehr.
Wo gibt es finanzielle Hilfen für Eltern?
Eltern, denen die Belastung durch die Beiträge wegen ihre Einkommens nicht zuzumuten ist, können eine Ermäßigung oder Befreiung beantragen. Zuständig dafür ist das Jugendamt des Landratsamts. Den Antrag, in dem die Daten zu Einkünften und Belastungen abgefragt werden, kann man sich im Internet herunterladen (Kurzlink: bit.ly/2U4JySI).
Wo melden Eltern ihre Kinder an?
Anmeldung und Vergabe werden wiederum in fast jeder Gemeinde unterschiedlich gehandhabt. Es ist daher ratsam, sich zunächst in den Rathäusern oder bei den Kitas zu informieren. In Heddesheim und Edingen-Neckarhausen etwa wenden sich Eltern direkt an die Leitung der jeweiligen Einrichtungen. In Schriesheim existiert für die Kinderkrippen ein trägerübergreifendes Online-Portal. In Ladenburg melden Eltern ihren Betreuungswunsch generell im Kinder- und Jugendbüro der Stadt an.
Was, wenn das Kind keinen Platz in einer Kita bekommen hat?
Zunächst ist festzuhalten: Einen Anspruch, ihr Kind in einer ganz bestimmten Wunsch-Einrichtung betreuen zu lassen, haben Eltern nicht. Welcher Umweg zu einer anderen Kita ihnen aber zuzumuten ist, ist nicht klar geregelt. Die Rechtssprechung gibt lediglich Anhaltspunkte: Das Verwaltungsgericht Köln hat 2013 in einem Urteil einen „wohnortnahen“ Platz so definiert, dass er nicht weiter als fünf Kilometer weg sein dürfe. Eine halbe Stunde Fahrzeit hielt im selben Jahr das Verwaltungsgericht München für zumutbar. Wird den Eltern tatsächlich gar kein entsprechender Platz angeboten, müssen sie zunächst gegen die Absage Widerspruch einlegen. Ist dieser erfolglos, wäre eine Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht der nächste Schritt. Denn gegebenenfalls entstehen den Eltern Ansprüche auf Schadenersatz – etwa, wenn sie eine (teurere) private Betreuung organisieren müssen oder einen Verdienstausfall haben. Die Hürden sind allerdings hoch: Denn nur, wenn die Kommune den Platzmangel selbst verschuldet hat, muss sie nach einem BGH-Urteil Schadenersatz zahlen.
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