Ladenburg

Stürmischer Applaus für den „Sturm“ der Theaterinitiative Ladenburg

Rund 400 Jahre alt ist "Der Sturm" von William Shakespeare. Wie das Stück auch heute noch bestens funktioniert, zeigt aktuell sehr eindrucksvoll die Theaterinitiative Ladenburg (TiL). Ein Besuch bei der Premiere

Von 
Sylvia Osthues
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Voller Magie mit wenigen, aber effektvollen Mitteln: Shakespeares „Sturm“ in der Inszenierung der Theaterinitiative Ladenburg. © Marcus Schwetasch

„Ist das schon das Theaterstück?“, rätseln die Zuschauer, die langsam die Plätze in der Plastemühle füllen. Auf offener Bühne wuseln Akteurinnen und Akteure herum, kehren den Boden, putzen Kulissen, studieren Schauspielpläne und rufen in den Raum: „Stimmt der Ton?“ (Technik: (Christian Gaber, Jaron Goldschmidt). Mittendrin sitzt eine Frau und liest „Der Sturm“ von William Shakespeare. Die Theaterinitiative Ladenburg (TiL) brachte das Drama des englischen Autors am Samstagabend vor begeistertem Premierenpublikum auf die Bühne.

Dass Shakespeares Unterhaltungskünste auch vierhundert Jahre nach der Erstaufführung noch hervorragend funktionieren, ist Regisseur Tobias Schindler bei seiner dritten Inszenierung und mit dem großartigen Ensemble hervorragend gelungen. Es ist nicht die erste Shakespeare-Inszenierung der 1980 gegründeten TiL, die aus einem Kurs an der Volkshochschule Ladenburg-Ilvesheim hervorgegangen ist: 1991 hatte die Truppe „Ein Sommernachtstraum“ gegeben.

Unterhaltsam und anregend

Der Stoff, aus dem die Träume sind – dieses Shakespeare-Zitat trifft den Kern des Theaterstücks: die Welt als Bühne, die Bühne als Welt – Theater als Magie. Prospero als allmächtiger Regisseur, der Menschen zu Marionetten degradiert. Es geht um Macht und Unterdrückung, Natur und Zivilisation, Ausbeutung und Aneignung – zeitlose Themen. Schindler inszeniert Shakespeares letztes Stück als Märchenspiel und bittersüße Reflexion über das Theater und seine Mittel – unterhaltsam und zum Nachdenken anregend. Er hat das Stück radikal entschlackt. Und siehe da: „Reines Schauspielertheater kann ziemlich gut sein“, meinte eine begeisterte Besucherin. Die zwölf Ensemblemitglieder machen ordentlich Radau: stürmisches Getöse, Trampeln, Zischen, Säuseln, Möwenkreischen, Seemannslieder, Donner.

Schindlers Inszenierung lässt Spieler individuell glänzen: Die ausdrucksstarke Susanne Beier ist als Prospero das Zentrum der Inszenierung und gleichzeitig Spielleiterin im Versuch, dem eigenen Schicksal einen Sinn abzutrotzen. Heike Ernst als Prosperos Tochter Miranda ist die Entdeckung dieses Abends. Obwohl durch Prosperos Zaubereien scheinbar paralysiert durch die Welt taumelnd, scheint sie alle amourösen Tricks des Anschmachtens schon zu kennen. Ernst gibt ihre Miranda überzeugend als selbstbewusste junge Frau, die sich ihren begehrten Prinzen Ferdinand (Simon Benz) einfach nimmt – der Abwehr ihres Vaters zum Trotz.

Bahattin Korkmaz und Leo Wagenfeld schlüpfen in verschiedenste Rollen – auch das im Auftrag von Prospero. Beeindruckend, wie die beiden nur über Gestik, Stimme und Akzent in Sekunden zu neuen Personen werden. Caliban (Mika Berner als Prosperos Sklave) ist der wilde, missgestaltete Sohn der Hexe Sycorax – herrlich schräg Matthias Langholz als geiferndes und sabberndes Monster. Anja Kohlhepp (Tanzchoreographie) ist ein fantastischer, auch mimisch sehr präsenter Ariel: verpasst ihm Arroganz des Überlegenen, sprachlich pointierte Schlauheit und körperliche Wendigkeit. Ihr Ariel ist Prospero für nichts dankbar, sondern sehnt sich nach Freiheit.

Dieser Ladenburger „Sturm“ auf minimalistisch gehaltener Bühne (Bernd Christensen) ist ein leichtfüßiges, durch und durch verspieltes Theatervergnügen, das Freude an schlichten, aber wirkungsvollen Effekten hat. Vorgeführt wird eine nebulöse Welt voller Intrigen, wo es keine Freunde gibt und Liebe vielleicht nur durch Zaubersprüche. Utopische Entwürfe von Gleichheit und Freiheit werden bei der witzigen Inszenierung durch den königlichen älteren Rat Gonzalo (Bernd Christensen) skizziert.

„Gut gespielt und kurzweilig“

Eva und Thorsten Walther, Bürgermeister von Ilvesheim, gefiel das Stück „sehr gut“. Barbara Hack, Laura Freund und Franz Reinisch freuten sich über „sehr schöne Bilder und witzige Momente“ in diesem „Sturm“, der „gut gespielt und kurzweilig“ über die Bühne geht. Das Publikum bedankte sich mit stürmischem Applaus, und man wünscht dieser unterhaltsamen Shakespeare-Fassung möglichst viele, vor allem auch junge, Besucher.

Ensemble und Aufführungen

Weitere Termine (alle 20 Uhr, außer sonntags, 18 Uhr): Freitag 1., Samstag 2., Sonntag, 3., sowie Freitag 8., und Samstag 9. März. Karten sind zu 15 Euro bz. 10 Euro (Schüler und Studenten) im Vorverkauf erhältlich bei Bücher am Markt (Marktplatz 2) oder per Mail (til-ladenburg@web.de).

Die Mitwirkenden: Susanne Beier (Prospero), Jim Benz (Alonso, Matrose, Iris), Simon Benz (Ferdinand), Mika Berner (Caliban, Bootsmann), Bernd Christensen (Gonzalo, Ceres), Heike Ernst (Miranda), Anja Kohlhepp (Ariel), Andrea Krüger (Adrian), Bahattin Korkmaz (Stephano, Matrose, Juno), Matthias Langholz (Sebastian, Hexe Sycorax), Eric Sasse (Antonio), Lea Wagenfeld (Francisco, Trinculo, Kapitän)

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