Bundestagswahl

AfD-Kandidat Kaufmann: Energiewende nach Wahlerfolg stoppen

Der Bundestagsabgeordnete Malte Kaufmann (AfD) strebt eine zweite Amtsperiode an. Mit welchen Themen er das erreichen will.

Von 
Martin Tangl
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Malte Kaufmann ist der Kandidat der AfD für die Bundestagswahl im Wahlkreis für Heidelberg und den nördlichen Rhein-Neckar-Kreis. © Marcus Schwetasch

Rhein-Neckar. Als Anfang Februar die inzwischen viel zitierten Rückreisetickets symbolisch an Migranten und andere Menschen verteilt worden sind, will Malte Kaufmann das weder gesehen noch jemals einen in der Hand gehabt haben. Und das, obwohl er selbst mehrere Stunden am Wahlkampfstand der AfD in der Heidelberger Innenstadt gewirkt hat, wie er gegenüber dieser Redaktion sagt. Es ist ein Muster, das die in Teilen rechtsextreme Partei seit Jahren benutzt: Erst laut provozieren und dann leise zurückrudern. Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft, was da genau los war. Aber wer ist dieser Malte Kaufmann? Der sein Abitur an einem Heidelberger Privatgymnasium ablegte. Der als Panzerfahrer einen Wehrdienst hinter sich brachte. Der einen Doktortitel an einer rumänischen Wirtschaftsuniversität in Bukarest erwarb und der bei der bevorstehenden Bundestagswahl für die Alternative für Deutschland (AfD) ein zweites Mal in den Bundestag einziehen möchte.

Malte Kaufmann (AfD)

Geburtstag: 14. Dezember 1976

Geburtsort: Mannheim

Wohnort: Mühlhausen

Familie: Verheiratet, vier Kinder

Beruf: Diplom-Volkswirt

Beruflicher Werdegang: Studium der Immobilienwirtschaft (Saarbrücken), Studium der Volkswirtschaftslehre (Heidelberg), Unternehmensgründung Kaufmann Immobilien, Promotion in Bukarest

Politisches Engagement: Sprecher AfD Heidelberg, Bundes- und Europadelegierter der AfD, Fraktionsvorsitzender im Kreistag und in der Verbandsversammlung der Metropolregion Rhein-Neckar, Mitglied des Bundestages

In einem Gespräch mit dieser Redaktion präsentiert er sich als ganz normaler Wirtschaftsliberaler, der sich kritisch mit der Migrationspolitik der Bundesregierung auseinandersetzt. Ob zu dieser kritischen Auseinandersetzung auch die genannten Ausreisetickets gehören, die seine Parteikollegen bereits wenige Wochen zuvor in Karlsruhe unters Volk gebracht hatten, erfahren wir nicht. Kaufmann gibt sich eher staatsmännisch. Sein Hauptaugenmerk liege auf nationaler Kontrolle und der Stärkung der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit Deutschlands, sagt er.

Malte Kaufmann will die Energiewende und illegale Migration stoppen

Der 48-jährige promovierte Volkswirt und selbständige Immobilienmakler kandidiert im Wahlkreis 274 für Heidelberg und den nördlichen Rhein-Neckar-Kreis. Für Windräder, wie sie im nahe gelegenen Odenwald und in Heidelberg gerade diskutiert werden, hat er wenig übrig. Wenn er könnte, würde er sie wohl alle wieder abbauen lassen. Kaufmann, der in Mannheim geboren wurde, möchte die Energiewende stoppen, während seine Parteivorsitzende Alice Weidel im typischen Jargon über „Windrädern der Schande“ schwadroniert. Kaufmanns Kampagne thematisiert außerdem den auch von anderen Parteien angestrebten Abbau von Bürokratie. Der Wirtschaft will er mehr Freiheiten geben, sagt er. Und den Unternehmern mehr Entfaltungsmöglichkeiten.

Kaufmann beschreibt sich selbst als konservativ-christlich. Er steht für ein an der Tradition ausgerichtetes Weltbild, das die Familie als „Keimzelle der Gesellschaft“ sieht. „Das haben wir auch bei unserem Parteitag in Riesa einstimmig beschlossen. Da gibt es keine zwei Meinungen“, betont er und schließt damit quasi aus, dass beispielsweise homosexuelle Menschen wie Alice Weidel, die mit einer 43-jährigen Partnerin aus Sri Lanka zusammenlebt, ebenfalls zentrale Rollen in der Gesellschaft spielen können.

Malte Kaufmann mag es klassisch. Mit seiner Ehefrau sowie zwei Töchtern und zwei Söhnen im Alter zwischen 16 und 21 Jahren lebt er in Mühlhausen im Kraichgau. Dass ein deutscher Schäferhund dort ebenfalls sein Körbchen hat, passt insofern ins Bild.

Malte Kaufmann bei einer Rede im Bundestag im Mai 2024. Der gebürtige Mannheimer strebt mit der AfD eine weitere Amtszeit in Berlin an. © picture alliance/dpa

Immerhin räumt er ein: „Wir wollen keine anderen Lebensformen verbieten“. Er betont, dass die AfD oft missverstanden werde: „Wir werden in eine Ecke gestellt, in die wir nicht gehören.“ Die Einstufung der Partei durch den Verfassungsschutz als teilweise oder sogar als gesichert rechtsextrem gefällt ihm nicht. „Ein Stück weit politisch motiviert“, findet er. Ob er an die symbolischen Ausreisetickets denkt, während er das sagt? Sie erinnern an jene Freifahrtscheine nach Jerusalem, die es schon mehrmals in der deutschen Geschichte gab. Zum Beispiel in den 1930er Jahren, als die Nationalsozialisten sich regierungsfertig machten.

Zu Björn Höcke äußert sich der Bundestagskandidat nur zurückhaltend

Zu seinem durch extremistische Parolen bekannt gewordenen Parteifreund Björn Höcke äußert sich Kaufmann nur zurückhaltend und verweist stattdessen auf seine eigene Kandidatur in Baden-Württemberg: „Ich bin Kandidat für Heidelberg, stehe auf Platz zwölf der baden-württembergischen Landesliste. Darüber stimmen die Menschen ab, und nicht über die Landespolitik in Thüringen.“

Malte Kaufmanns politische Karriere begann in der CDU, der er von 2002 bis 2016 angehörte. Den Wechsel zur AfD begründet er mit der für ihn unverständlichen Entwicklung der CDU unter Angela Merkel, insbesondere in Bezug auf den Kernenergieausstieg, die Euro-Rettungspakete für Griechenland in der Finanzkrise. Seit 2015 sind nach seiner Ansicht „unkontrolliert Flüchtlinge illegal ins Land geströmt“.

„Ich bin nicht ausländerfeindlich und gegen Migration per se eingestellt. Aber wir können die Menschen nur kontrolliert in unser Land lassen“, sagt Kaufmann, dessen Partei es geschafft hat, den menschenverachtenden Begriff der „Remigration“ zum Standardrepertoire an deutschen Stammtischen zu machen. Für ihn sei eine effektive Kontrolle an den EU-Außengrenzen unerlässlich, um illegale Migration zu verhindern und die Fluchtbewegungen durch kriminelle Schleuser einzudämmen. Sollte das in Europa nicht klappen, plädiert er für eine moderne Grenzüberwachung in Deutschland, beispielsweise durch Drohnen und eine intensive Schleierfahndung.

Der AfD-Politiker ist besorgt über die Abwanderung deutscher Fachkräfte ins Ausland

Darüber hinaus fordert Malte Kaufmann eine optimierte legale Einwanderungspolitik, um dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken.

Die Politik von Donald Trump, einschließlich des Austritts aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und der „America-first-Politik“, findet bei Kaufmann und der AfD Zustimmung. Auch der erneute Fokus der USA auf fossile Energieträger entspricht seinen Vorstellungen. „Die Energiekosten müssen runter – dafür brauchen wir grundlastfähige Energie aus Kohle und Gas“, argumentiert er. Kaufmann kritisiert den deutschen Kernenergieausstieg und plädiert für den Erhalt von effizienten Kohlekraftwerken wie dem GKM in Mannheim.

„Sanktionen gegen Russland schaden Deutschland mehr“

Kaufmann ist überzeugt, dass die Sanktionen gegen Russland Deutschland mehr schaden als Russland und Putin selbst. Zwar verurteilt er den Angriffskrieg gegen die Ukraine, fordert jedoch eine diplomatische Lösung, „eine langfristige Friedensarchitektur“. „Wir brauchen Kompromisse“, sagt er und verweist auf bestehende Friedenspläne. Auch plädiert er nach einem „Einfrieren des Krieges und einem Waffenstillstand“ für Referenden in den betroffenen Gebieten unter Aufsicht der OSZE oder der UNO. Der Krieg koste Deutschland sehr viel Geld, ebenso wie die Finanzierung des Konflikts im Gazastreifen.

Mit Blick auf den Wahltag zeigt sich Kaufmann optimistisch. Mehr als 20 Prozent der Stimmen hält er für realistisch. Und dann hätte er gerne eine Mehrheit für einen Corona-Untersuchungsausschuss.

Dieser Text über den AfD-Kandidaten Malte Kaufmann erschien in einer gedruckten Version als Teil einer Serie, in der diese Redaktion die Bundestagskandidaten der verschiedenen Parteien im Wahlkreis Heidelberg porträtiert. Der Text wurde verfasst, bevor im Wahlkampf rund um einen Werbestand der AfD „Rückreisetickets“ für Migranten auftauchten. Deshalb hat die Redaktion den Text unter anderem um diesen Aspekt ergänzt.

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