Neurotoxische Wirkung: Wenn Zucker Nervenzellen angreift
Mediziner bezeichnen Zucker inzwischen als „neurotoxisch“. Der Grund: Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel verursacht Entzündungen und oxidativen Stress im Nervensystem. Das beschleunigt den Alterungsprozess der Zellen, macht sie anfälliger für Schäden und erhöht die Wahrscheinlichkeit, an Alzheimer, vaskulärer Demenz oder Schlaganfällen zu erkranken. Damit reiht sich Zucker in die Liste der größten Risikofaktoren für die Volkskrankheit Demenz ein.
ChatGPT:Ein hoher Zuckerkonsum schadet nicht nur der körperlichen Gesundheit, sondern kann auch die Entstehung von Demenz, Alzheimer und Schlaganfällen begünstigen.
Zucker und die Gefäße – ein gefährliches Zusammenspiel
Zucker wirkt nicht nur direkt auf die Nervenzellen, sondern auch indirekt über die Blutgefäße. Steigt der Blutzucker immer wieder stark an, lagern sich Fett- und Eiweißreste in den Gefäßwänden ab. Diese Ablagerungen verengen die Adern, durch die das Gehirn mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Die Folgen reichen von Gedächtnislücken bis hin zu Schlaganfällen. Besonders problematisch ist dies bei Menschen mit Typ-2-Diabetes, deren Risiko für eine Demenz doppelt so hoch liegt wie bei Gesunden.
Der Einfluss von Insulin
Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Hormon Insulin. Es reguliert nicht nur den Zuckertransport in die Körperzellen, sondern auch die sogenannte Blut-Hirn-Schranke. Diese Barriere schützt das Gehirn vor Schadstoffen und sorgt für eine stabile Versorgung mit Nährstoffen. Ist der Insulinspiegel dauerhaft zu hoch, etwa durch häufigen Konsum stark zuckerhaltiger Lebensmittel, wird dieser Schutzmechanismus gestört. Nervenzellen nehmen dann weniger Glukose auf, während sich gleichzeitig schädliche Eiweißablagerungen – sogenannte Plaques – bilden. Diese Plaques gelten als eine der Hauptursachen für Alzheimer.
Zucker und geistige Leistungsfähigkeit
Ein weiteres Problem: Zucker scheint die Lernfähigkeit des Gehirns langfristig einzuschränken. Studien zeigen, dass eine zucker- und fettreiche Ernährung die neuronale Plastizität beeinträchtigt – also die Fähigkeit von Nervenzellen, sich neu zu vernetzen und flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Betroffen ist insbesondere der Hippocampus, das Gedächtniszentrum des Gehirns. Wer regelmäßig zu viel Zucker zu sich nimmt, riskiert also nicht nur körperliche Erkrankungen, sondern auch ein schwächeres Gedächtnis und geringere geistige Flexibilität.
Warum uns der Verzicht so schwerfällt
Viele Menschen wissen um die Gefahren – und greifen trotzdem immer wieder zu. Der Grund liegt im Belohnungssystem des Gehirns: Zucker führt zur Ausschüttung von Dopamin, einem Hormon, das Glücksgefühle erzeugt. Gleichzeitig senden Magen und Darm Signale, die das Verlangen nach noch mehr Zucker verstärken. So entsteht ein Teufelskreis, der an Abhängigkeit erinnert. Schon ein kleines Stück Schokolade kann das Bedürfnis nach der ganzen Tafel wecken.
Politische Ansätze: die Zuckersteuer
In Deutschland liegt der jährliche Zuckerkonsum pro Person bei etwa 33 Kilogramm – fast doppelt so viel, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt. Fachgesellschaften wie die Deutsche Hirnstiftung oder die Deutsche Gesellschaft für Neurologie fordern deshalb politische Maßnahmen. Eine Möglichkeit wäre eine Abgabe auf besonders süße Getränke, wie sie in Großbritannien seit 2018 gilt. Dort hat sich der durchschnittliche Zuckerkonsum bereits verringert, und die Zahl stark übergewichtiger Kinder ist zurückgegangen.
Hoffnung durch Galaktose
Nicht jeder Zucker wirkt gleich schädlich. Erste Forschungsarbeiten beschäftigen sich mit Galaktose, einem speziellen Einfachzucker, der offenbar auch dann in die Nervenzellen gelangt, wenn Insulinrezeptoren geschädigt sind. Erste Versuche mit Patienten deuten darauf hin, dass kleine Mengen Galaktose Gedächtnis und Aufmerksamkeit verbessern könnten. Ob dieser Ansatz tatsächlich eine Therapieoption bei Demenz bietet, müssen jedoch noch große klinische Studien zeigen.
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