Speyer. Er war das Gesicht der Speyerer Stadtwerke: Nach fast drei Jahrzehnten als Geschäftsführer übergibt Wolfgang Bührung die Geschäfte in neue Hände. Dabei hat er schon drei Jahre länger gemacht als es die gesetzlichen Ruhestandsregeln vorsehen. Er habe auf Wunsch seiner Aufsichtsratsvorsitzenden, der Speyerer Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler, gerne verlängert, verrät Bühring im Gespräch. Dabei ging es ihm auch darum, noch einige Projekte voranzubringen. „Ganz fertig ist man nie“, sagt er heute, aber für den Übergang an seinen Nachfolger Georg Weyrich sei jetzt der richtige Zeitpunkt. Er geht mit der Sicherheit, dass „sein Team“, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtwerke, die ihm in den letzten Jahrzehnten ans Herz gewachsen sind, dieses Unternehmen auch ohne ihn gut weiterführen werden.
28 Jahre lang leitete Wolfgang Bühring die Stadtwerke Speyer - eine Zeit mit zahlreichen strategischen Weichenstellungen für das Unternehmen und die Stadt. Mit Unterstützung des Aufsichtsrats setzte er sich entschieden für die Eigenständigkeit der Stadtwerke ein und widerstand allen Angeboten größerer Energieversorger, Anteile zu übernehmen. Dass die SWS als kommunales Unternehmen und Infrastruktur-Entwickler ohne privaten Anteilseigner unabhängig blieben, wertet Bühring heute als wichtigen Erfolg. Dadurch seien zweistellige Millionenbeträge in Speyer geblieben - ein Ergebnis, auf das er erkennbar stolz ist.
Eine weitere strategische Weichenstellung folgte 2005: die konsequente Ausrichtung auf erneuerbare Energien. Schon damals entschieden sich die Stadtwerke bewusst gegen neue Investitionen in fossile Energieträger. 2010 kam mit dem Anschluss an die Fernwärme aus Mannheim der nächste Schritt – verbunden mit dem langfristigen Ziel, das neue Leitungsnetz später auch für Geothermie zu nutzen. Solche Entscheidungen lassen sich nicht einfach umkehren: Ein Leitungsnetz rechnet sich nur, wenn möglichst viele daran teilnehmen.
Immer die breite Unterstützung der politischen Ebene gesucht
Dabei hat er mit seiner Arbeit immer die breite Unterstützung der politischen Ebene gesucht, auch wenn es darum ging gewisse Risiken einzugehen. „Diese Rückendeckung braucht man als angestellter Geschäftsführer ganz besonders“, sagt Bühring heute. Das Gefühl von Stadtspitze und Stadtrat „geschätzt zu werden als Infrastruktur-Werkzeug für die Stadt Speyer“, diese Unterstützung habe er von Anfang an gehabt, sagt Bühring rückblickend.
Das Geothermie-Projekt war von Beginn an langfristig angelegt und hat aus Sicht von Bühring nicht nur für Speyer, sondern für die gesamte Region besondere Bedeutung und Potenzial. Im Umland werde das noch nicht überall erkannt, sagt der erfahrene Energiemanager. Zwar habe es viele konstruktive Bürgerveranstaltungen gegeben, doch seit es um den Erwerb von Grundstücken und die konkrete Durchführung von Bohrungen gehe, werde das Vorhaben von unbegründeten Ängsten begleitet. „Da braucht es noch Überzeugungsarbeit“, räumt er ein.
Grundsätzlich sieht Bühring ein Problem in der gegenwärtigen gesellschaftlichen Haltung: „Egal, was man in Deutschland derzeit macht, man steht einer Gesellschaft gegenüber, die vergessen hat, dass Infrastruktur irgendwann gebaut werden muss.“ In den 1950er-Jahren sei man nach dem Krieg froh gewesen, dass neue Infrastruktur entstand und es aufwärts ging. Heute hätten viele den Eindruck, dass alles schlechter werde - dabei müsse gerade das, was unter der Erde liege, erneuert werden. Dass solche Maßnahmen mit Unannehmlichkeiten verbunden seien, sei unvermeidbar. „Aber wir machen das ja nicht für uns, sondern für die nachfolgenden Generationen“, betont er. Dieses Bewusstsein gehe in einer bequem gewordenen, teils auch egoistisch auftretenden Gesellschaft mehr und mehr verloren.
Bühring suchte in seiner Arbeit stets die breite Unterstützung der politischen Ebene - auch dann, wenn es darum ging, Risiken einzugehen. „Diese Rückendeckung braucht man als angestellter Geschäftsführer ganz besonders“, sagt er heute. Von Anfang an habe er das Gefühl gehabt, dass Stadtspitze und Stadtrat die Stadtwerke als „Infrastruktur-Werkzeug für Speyer“ schätzen - eine Unterstützung, die für ihn unverzichtbar war.
Reiz: für jedes neue Projekt den richtigen Weg zu finden
Seinem Aufsichtsrat und seinem Nachfolger hinterlässt er einige Erfahrungen: Die Flexibilität und Agilität der vergangenen Jahre sollten erhalten bleiben, Risiken sorgfältig abgewogen werden. Ebenso wichtig sei es, den eigenständigen Weg Speyers fortzuführen - und den Teamgeist sowie das gute Arbeitsklima weiter zu pflegen. „Keiner macht das alleine“, lautete stets sein Wahlspruch. Mit dieser Haltung habe er nicht nur Erfolge geteilt, sondern auch seine Wertschätzung für die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gezeigt. Auf deren Leistungen, sagt er, sei er bis heute stolz.
Was er im Ruhestand am meisten vermissen wird? Die Herausforderungen, für jedes Problem, jede Situation und jedes neue Projekt den richtigen Weg zu finden - und daran kontinuierlich zu arbeiten. „Das hat mich angetrieben und gereizt“, sagt Bühring. Der Stadtwerke-Chef wusste, positiv zu motivieren und seine Projekte überzeugend zu vertreten. „Angst ist ein schlechter Ratgeber“, betont er. „Deshalb muss man manchmal auch kämpfen.“
In der Betriebsführung war er kein Freund davon, große Beratungsunternehmen ins Haus zu holen und damit die Mitarbeiterschaft zu verunsichern. Externes Know-how kam für ihn allenfalls projektbezogen infrage - immer begleitet von sorgfältigem Monitoring und enger Einbeziehung des Betriebsrats und der Mitarbeiter. Seine Devise lautete, die Stadtwerke aus der eigenen Kraft heraus zu steuern, die Weiterbildung des Teams konsequent zu fördern und den Aufbau qualifizierter interner Projektarbeit voranzutreiben.
Über das Tagesgeschäft hinaus engagierte er sich in zahlreichen Ehrenämtern, um die Interessen der SWS Speyer zu wahren und zu begleiten. Dazu gehörten unter anderem der Zukunftsrat „Nachhaltige Entwicklung Rheinland-Pfalz“ der Landesregierung und, bis vor wenigen Wochen, das Amt des Landesvorsitzenden des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU) in Rheinland-Pfalz.
Seine Pläne für den Ruhestand? Mehr Zeit für die Familie, die eigenen Interessen und die Natur. Dazu gehören Klettern und Wassersport - Bühring ist ein leidenschaftlicher Segler und möchte dafür künftig wieder mehr Zeit investieren. Auch in Speyer wird er ehrenamtlich weiter aktiv bleiben, unter anderem als Vorsitzender der Johann Joachim Becher-Gesellschaft und im Vorstand der Speyerer Kulturstiftung.
Nach 28 Jahren an der Spitze der Stadtwerke Speyer geht ein echter Macher von Bord. Seine Nachfolge und sein Haus sind gut bestellt - sodass er mit zufriedenem Gefühl in den Ruhestand wechseln kann.
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