Konzert

Speyerer Domorganist Markus Eichenlaub eröffnet internationalen Orgelzyklus

Von 
Uwe Rauschelbach
Lesedauer: 
Im Rahmen der Konzertreihe internationaler Orgelzyklus der Dommusik Speyer spielt Domorganist Markus Eichenlaub an der großen Orgel im Speyerer Dom. © Venus

Speyer. Der internationale Orgelzyklus lässt die Alte Musik nicht links liegen. Doch die Konzertprogramme der neun Organistinnen und Organisten, die bis November an der Orgelanlage im Speyerer Dom Platz nehmen werden, verraten einen deutlichen Trend zur Moderne. Das liegt in erster Linie an Max Reger, dessen 150. Geburtstag bei der Programmgestaltung berücksichtigt wird und der Gelegenheit gibt, Regers Einflüsse auf die Orgelmusik des 20. Jahrhunderts kenntlich zu machen.

Zum Auftakt des Orgelzyklus legte der künstlerische Leiter und Domorganist Markus Eichenlaub schon einmal vor. Und das gleich mit einem symphonischen Stück des hierzulande eher unbekannten schwedischen Komponisten Harald Fryklöf (1882 – 1919). Die ersten Töne entwerfen eine dramatische Szenerie und entfalten eine tonale Sprache, die durchaus harmonische Konfrontationen schafft, aber in den Zwischenteilen mit lyrischer Melodiösität bestrickt.

Markus Eichenlaub würdigt dieses facettenreiche Stück mit fein ziselierten Registermischungen und kreiert hintergründig schwebende Stimmungen. Zugleich lässt sich die Klangfülle der Orgel im Speyerer Dom nicht nur in dynamischen Prozessen erleben, sondern auch in ihrer kaum hör-, stattdessen eher wahrnehmbaren räumlichen Resonanzwirkung. Zuweilen knistert der Bass in der kühlen Luft, als sei die Musik mit einer elektrischen Spannung aufgeladen.

Von Jubilar Max Reger werden bei diesem Orgelzyklus vor allem die kleineren, bei Konzerten eher seltener zu hörenden Werke gewürdigt. Das „Ave Maria“ und das „Gloria“ ordnet Domorganist Eichenlaub bewusst noch dem österlichen Festkreis zu und stattet sie in nicht zu überhörender Diktion mit liturgischer Weihe aus.

Gefühlvoll, geradezu versöhnlich schmiegt sich das „Ave Maria“ an das aufgewühlte Eingangsstück an, die sanft tremolierende Vox humaine der Hauptorgel leuchtet in sanften Farben vor den Begleitstimmen auf, die der Organist in sensibler Klangstaffelung auf einem getragenen Bassfundament dahinfließen lässt. Eine friedvolle Stimmung breitet sich aus; die erdenfern-himmlische Sphäre teilt sich in gleichsam entrückter Nähe mit. Das „Gloria“ gestaltet Eichenlaub als deutlichen Kontrast mit einem wahren Triumphzug der Akkorde, die einer umfassenden dynamischen und erhebenden Steigerung anvertraut werden.

Viel Spielfreude und Impulsivität beim internationalen Orgelzyklus in Speyer

Charles-Marie Widors Choral „Haec Dies“ aus der zehnten Orgelsymphonie verleiht der Interpret eine gebetshafte Anmutung, die dank des funkelnden Irisierens der Flöten und der schimmernden Klangwirkungen ein ruhevolles, spirituelles Empfinden ausstrahlt. Olivier Messiaens Stück „Joi et clarté des Corps Glorieux“ aus dem Zyklus „Les Corps Glorieux“ bricht wie ein Freudenfanal in die kontemplative Stimmung ein; Markus Eichenlaub lässt hier viel Spielfreude und Impulsivität walten und ermöglicht mit Messiaens zweitem Stück aus dem Zyklus, „Subtilité des Corps Glorieux“, abermals eine willkommene Gelegenheit des Atemholens.

Messiaens einstimmiges, durch Cornettregister markant in Szene gesetztes Stück mit seinen dialogischen Echowirkungen schafft zugleich genügend Abstand für das Konzertfinale, in dem der Organist seine konzeptionellen Absichten noch einmal auf den Punkt zu bringen scheint. Denn Sigfrid Karg-Elerts Introduktion, Passacaglia und Fuge über B-A-C-H knüpft nicht nur an den großen Orgelkomponisten des Barock an, sondern bezieht auch die Klangsprache Regers ein und führt sie fort.

Die Klangfülle der Orgelanlage im Dom kommt nun in ihrer ganzen Monumentalität zum Tragen. Das auf den vier Noten b, a, c und h basierende zentrale Motiv ist omnipräsent und unterstreicht die Bedeutung, die Bach für die Orgelmusik aufweist. Eichenlaub lässt die enorme dramatische Spannung, die in dieser chromatisch scharfen Tonabfolge liegt, als elementare Erfahrung wirken – als sei das Schicksal der Musik in diesen vier Tönen beschlossen.

Wie von ferne weht barockes Flair in diese kosmischen Strömungen hinein, besonders natürlich in der finalen Fuge. Die Variationen der Passacaglia entwirft der Organist sehr bildhaft - als Skizze, Collage, Aquarell oder Stich. Am Ende setzt der B-Dur-Akkord dem Namen Bachs ein strahlendes Denkmal.

Es war auch der Schlusspunkt unter ein Konzert, das die enorme Virtuosität des Interpreten bestätigt hat. Eichenlaubs Vortrag, der sich zur Sakralität der Orgelmusik in so feinfühliger Weise bekannte, ließ sich zudem als persönliche Aussage vernehmen.

Info: Das nächste Konzert im Internationalen Orgelzyklus Dom zu Speyer findet am Mittwoch, 17. Mai, 19.30 Uhr, statt. Organist ist Jaroslav Tuma (Prag). Eintritt: 15 Euro (ermäßigt 5 Euro). Karten an der Abendkasse oder über die ReserviX Ticket-Hotline 01806/700733. Weitere Informationen: www.dommusik-speyer.de

Freier Autor

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung