Speyer. Noch bis zum 21. August erwartet die Besucher des Speyerer Doms ein besonderes Angebot: Die ukrainische Geflüchtete Anastasiia Pashaly aus der Ukraine, Iratxe Fernández Pérez aus Spanien, die Niederländerin Cato Bruinewoud und Sophie Atzpodien aus Deutschland empfangen Besucher in der Vorhalle und bieten ihnen einen Rundgang durch die Kathedrale an. Sie sind damit Teil eines Programms der ökumenischen Organisation ARC.
ARC entsendet junge Leute aus ganz Europa an bedeutende Kirchen, um mit dem Projekt für ein internationales und überkonfessionelles Miteinander zu werben. Das Speyerer Domkapitel beteiligt sich seit mehr als 30 Jahren an dem Projekt und übernimmt die Kosten für Kost und Logis. Die Führungen sind kostenfrei, Spenden zugunsten von ARC sind willkommen. Das Angebot besteht täglich außer dienstags, jeweils von 10 bis 12.30 und 14.30 bis 17.30 Uhr, zudem sonntags nach der Messe ab 11.30 Uhr.
„Wir sind sehr froh, dass wir in diesem Jahr wieder Domführerinnen auf Zeit begrüßen dürfen“, sagt Bastian Hoffmann, Leiter des Besuchermanangements. „Das Anliegen der Organisatoren, so für ein friedliches Miteinander der Nationen und Konfessionen zu werben, hat leider ungewollte Aktualität bekommen. Umso mehr freut es uns, dass sich eine ukrainische Geflüchtete an dem Projekt beteiligt.“
Nach der zweijährigen Zwangspause bieten 2022 vier junge Europäerinnen Rundgänge in deutscher, englischer, französischer, spanischer, niederländischer, ukrainischer und russischer Sprache an. Am Dom wollen sie, gemäß dem Motto der Organisation ARC, „die Steine zum Sprechen bringen“. Ziel ist es, in der Begegnung mit den Besuchern die spirituellen und historischen Dimensionen des beinahe 1000-jährigen Bauwerks erlebbar machen.
Die ARC-Teilnehmerinnen 2022
Alle Teilnehmerinnen bewerben sich mit einem Schreiben und einem persönlichen Gespräch. Bei der Auswahl der Orte können sie Wünsche äußern, werden aber zugeteilt. Iratxe Fernandez Perez studiert in Madrid Ingenieurswesen für Telekommunikation. Die 19-Jährige interessiert sich für deutsche Kultur und bezeichnet sich selbst als gläubige Katholikin. Sie findet es spannend, sich mit anderen jungen Leuten aus Europa auszutauschen.
Die Deutsche Sophie Atzpodien ist 22 Jahre alt und studiert im Master Mathematik und Philosophie in München. In Speyer will sie sich ganz konkret mit Themen außerhalb ihrer Studienfächer beschäftigen. Das Motto sieht sie als eine gute Gelegenheit über die Beschäftigung mit einem Gebäude etwas über die Geschichte zu erfahren. In ihrer Freizeit macht sie gerne Musik (Gesang, Klavier).
Cato Bruinewoud stammt aus dem holländischen Utrecht, ist 19 Jahre alt und studiert niederländische Sprache und Kultur. Sie singt gerne und war über einige Jahre Teil des Chors der Catharina Kathedrale von Utrecht. Den Speyerer Dom hat sie 2021bei einer Reise besucht und war nach eigenen Angaben sehr beeindruckt. Ihre Mutter hat selbst an zwei ARC-Projekten in Trier und Canterbury teilgenommen.
Anastasiia Pashaly ist 21 Jahre alt und kam vor etwas mehr als drei Monaten aus Kiew nach Deutschland. Seit 2018 studiert sie an der Uni Kiew „International Tourism“ im Bachelor-Studiengang und führt ihr Studium derzeit online fort. Sie interessiert sich für Geschichte und Kultur und hat letzten Monat für ein Uni-Seminar eine Online-Präsentation über den Speyerer Dom gehalten: „Ich finde die Geschichte des Doms sehr interessant und denke, dass noch viel mehr Menschen etwas über den Dom erfahren sollten“, beschreibt Anastasiia Pashaly ihre Motivation, bei dem Projekt mitzumachen. Sie hofft, dass sie anderen Geflüchteten den Dom zeigen kann. Auf das Projekt aufmerksam wurde sie über ihre Deutschlehrerin an der Speyerer Volkshochschule.
Bastian Hoffmann, der die Betreuung der Studentinnen vonseiten des Domkapitels übernimmt, hat selbst bereits Gruppen ukrainischer Geflüchteter geführt und hatte die Idee, jemand aus diesem Kreis ins ARC-Projekt zu integrieren. Über das Ehrenamtsbüro der Stadt wurden die Informationen verbreitet und es kam letztlich der Kontakt zu Anastasiia Pashaly zustande.
Teil des Projekts ist das Leben als internationale, christliche Gemeinschaft. Die vier jungen Leute eint nicht nur ihre Tätigkeit am Dom. Sie leben in einer Unterkunft zusammen und verbringen ihre Freizeit miteinander – auch dies ist Teil der Grundidee des Programms. Das Besuchermanagement hat in diesem Jahr unter anderem einen Ausflug ins elsässische Wissembourg auf dem Programm. is
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