Speyer. Im Team des Speyerer Zimmertheaters gibt es viele Fans der NDR-Kultserie „Der Tatortreiniger“, erzählt Regisseurin Maria Breuer. Kein Wunder also, dass sie den Vorschlag von Schauspieler und Co-Regisseur Andreas Krüger gerne aufgegriffen hat, drei Episoden der preisgekrönten Serie auf die Bühne zu bringen - als Auftakt zur neuen Spielzeit im Theaterkeller.
Der Charme des „Tatortreinigers“ liegt in seiner einzigartigen Mischung aus skurrilem Humor, Menschlichkeit, Philosophie und Alltagsnähe. So auch in Speyer: Heiko „Schotty“ Schotte, überzeugend gespielt von Andreas Krüger, kommt als findiger Handwerker an Orte, an denen das Leben gerade aufgehört hat - an Tatorte. Dort säubert er, was andere nicht mehr sehen wollen: „Meine Arbeit fängt da an, wo andere sich übergeben.“ Er gerät dabei immer wieder in absurde und mitunter tiefsinnige Gespräche mit den Hinterbliebenen. Das Alltägliche und das Extreme liegen oft erstaunlich nah beieinander - und genau darin liegt der Witz, der einem bisweilen im Hals stecken bleibt.
In „Ganz normale Jobs“ trifft „Schotty“ auf die Prostituierte Maja, gespielt von Véronique Weber. Was zunächst peinlich beginnt, entwickelt sich zum pointierten Dialog über Vorurteile und Doppelmoral. Weber verleiht Maja Verstand, Würde und schlagfertige Stärke - sie wird zur moralischen Gegenspielerin „Schottys“ und zur selbstbewussten Verteidigerin beruflicher Selbstbestimmung. Damit gelingt eine humorvolle, kluge Einführung in die Welt des „Tatortreinigers“, die schon im Fernsehen den Auftakt der Serie bildete. Da wird dann auch über die begriffliche Verwandtschaft von „Prost“ und „Prostituierte“ gefachsimpelt.
Skurriler wird es im „Auftrag aus dem Jenseits“, wenn „Schotty“ auf einen selbsternannten Schamanen trifft. Schauspieler Markus Maier glänzt als esoterischer Geistheiler – behängt mit Fellmütze, Amuletten, Holzperlen und Lederbändern. Mit seiner spirituellen Reinigung des Ortes erreicht er „Schotty“ auf komische, aber nicht bösartige Weise ganz persönlich. Zwischen Mummenschanz und rätselhaften Zaubersprüchen entspinnt sich ein herrlich komischer Schlagabtausch über Glauben und die Grenzen des Rationalen.
Mit moralischem Rückgrat den Naziplunder entsorgt
Nach der Pause verwandelt sich das Zimmertheater in ein Vereinsheim, dekoriert mit Hitler-Porträt und anderen Nazi-Memorabilien. In der Episode „Schottys Kampf“ wird der „Tatortreiniger“ politisch, wenn er auf die Vorsitzende eines Vereins von Alt-Nazis trifft. Er gerät in eine unerträgliche Auseinandersetzung über Schuld, Verantwortung und die deutsche Vergangenheit, verquickt mit slapstickhaften Einlagen zu den Dialogen. Was als Routineeinsatz beginnt, entwickelt sich zu einem offenen Schlagabtausch zwischen Verdrängung und Widerstand. „Schotty“ zeigt moralisches Rückgrat, indem er seinen Aufpasser „Bombe“ überlistet und den Naziplunder mithilfe des Publikums in einer Mülltonne entsorgt. Ein Kammerspiel über Haltung und Zivilcourage.
Die Speyerer Inszenierung bleibt den Originaltexten treu. Die Schauspieler überzeugen durch eine perfekte Mischung aus trockener Komik, Menschlichkeit und subtiler Ironie. Das minimalistische Setting und die dichten Dialoge tragen die Aufführung ebenso wie die Spielfreude des Ensembles. Die Technik hatte zur Premiere des Stückes am Samstag ihren eigenen Kopf: Das Licht ließ sich an manchen Stellen erst nach einigem Hin und Her blicken. Die Schauspieler nahmen es mit Fassung und einem Schuss Ironie, sodass die kleinen „dunklen“ Momente eher für Heiterkeit sorgten.
Weitere Aufführungen gibt’s am 10.,11. Oktober, 8., 9. November, 27., 28. Dezember und 30., 31. Januar.
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