Gedächtniskirche

Schmerzliches Ringen mit hymnischen Momenten

Jochen Steuerwald spielt an der Orgel in Gedächtniskirche Werke von Johann Sebastian Bach, Christian Heinrich Rinck und Georg Friedrich Händel.

Von 
Uwe Rauschelbach
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Jochen Steuerwald beim Konzert an der Kleuker-Orgel der Speyerer Gedächtniskirche. © Uwe Rauschelbach

Das Wichtigste in Kürze

Jochen Steuerwald spielt an der Orgel in Gedächtniskirche Werke von Johann Sebastian Bach, Christian Heinrich Rinck und Georg Friedrich Händel .

Speyer. Eine Toccata, die auch als Präludium und in einer anderen Tonart überliefert ist, ein Orgelkonzert, das genauso gut für ein Kammerensemble mit Soloflöten geschrieben worden sein könnte, französische Spätromantik ohne die hierfür benötigten Registermischungen und ein Orgelkonzert ohne Orchesterbegleitung: Jochen Steuerwald hatte Werke auf sein Programm in der Speyerer Gedächtniskirche gesetzt, die mit einem schillernd-heterogenen Charakter versehen sind und für eine Aufführung einige souveräne Entscheidungen zuvor benötigen.

Die vier Werke spielte der Landeskirchenmusikdirektor im Wechsel an der großen Kleuker-Orgel und an der Klais-Orgel im Chorraum. Die Wege, die er dafür zurückzulegen hatte, ließen sich als willkommene Pausen zwischen den Stücken erleben, die mit Johann Sebastian Bach, Christian Heinrich Rinck und Georg Friedrich Händel nicht allzu weit auseinander lagen und nur durch César Franck eine gewisse Zäsur erfuhren.

Bachs E-Dur-Toccata und Fuge (das Werk liegt auch als Präludium und Fuge in C-Dur vor) enthält einige Passagen, deren stoisch-lehrhafte Konsequenz durchaus gewisse redundante Wirkungen nach sich zieht. Dennoch widmete sich Jochen Steuerwald diesen in barockem Gleichmut angelegten Durchgängen in gemäßigten Tempi und mit konzentrierter Sorgfalt. Dank einiger Manual- und Registerwechsel erfuhren fugierte und toccatische Abschnitte an der Kleuker-Orgel auch klangliche Differenzierungen. Die majestätische Schlusskadenz ließ dem Werk dank der ins Weite und in die Tiefe strahlenden Gravität eine nachdrückliche Würdigung zukommen.

Kurzen Fehler an der Setzeranlage schnell überwunden

Den Solostimmen in Rincks Flöten-Konzert verlieh Steuerwald an der Chororgel ein authentisches Profil. Die Melodielinien zeichnete er an diesem Instrument kantabel nach, was auch den zahlreichen ornamentalen Details zugute kam. Muss die Orgel bei Konzerten häufig ihre Klangpracht demonstrieren, so überfordert sie dabei nicht selten das Gehör. Umso aparter durfte sie dank der sensiblen und versierten Handhabung des Organisten mit kammermusikalischer Distinktion glänzen. Die Schrecksekunde zu Beginn, als ein Fehler an der Setzeranlage für eine Unterbrechung sorgte, war schnell vergessen.

César Francks „Prière“ beanspruchte das Zungenregister der Kleuker-Orgel, strahlte an diesem Instrument aber eher in matten, geradezu fahlen Farben, die der wehen Melancholie dieses musikalischen Gebets freilich angemessen schienen. Der Organist legte hierbei einen gewissen drängenden Gestus an den Tag, der das hymnische Thema luzide aufatmen ließ. Eine überaus seelenvolle Darbietung eines wohl schmerzlichen Ringens, dem aber zumindest in kurzen Momenten Erfüllung zuteil wurde.

Händels toccatische Aufschwünge in seinem von Alexandre Guilmant eingerichteten d-Moll-Konzert kontrastierten mit einem entrückt wirkenden Andante, dem auch das Uhrzeitgeläut der Gedächtniskirche nichts anhaben konnte. Steuerwald ermöglichte durch sein akkurates und transparent registriertes Spiel einen höchstmöglichen Nachvollzug. Der kammermusikalische Habitus der Chororgel ließ sich dank der souveränen Darbietung abermals bestätigt finden; in den Schlussakkorden bewies sie auch die ihr eigene Stärke und Größe.

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