Speyer. Mit dem Psalm 130 „Aus der Tiefe rufe ich Herr zu dir“ – gebetet von Domkapitular Dr. Georg Müller – begann die Lichtermesse zum 32. Privilegienfest der Saliergesellschaft im Dom zu Speyer. Das Gebet kam tatsächlich aus der Tiefe, der Tiefe der kaiserlichen Grablege in der Kathedrale. Der Beter des Psalms bittet den Herrn „er möge ihm sein Ohr zuneigen“, weil er weiß, dass kein Sünder vor dem Herrn bestehen kann. Aber er weiß auch, dass bei ihm Vergebung ist und vertraut und hofft mit dem ganzen Volk auf den Herrn: „Denn bei ihm ist Erlösung in Fülle“. Ganz sicher sagt er dann im letzten Vers „Ja er wird Israel erlösen“.
In dieser Zuversicht zogen dann die kleine Delegation der Saliergesellschaft und Zelebrant Dr. Georg Müller mit der Osterkerze zum Gemeindealtar. Da wurde eine Kerze für die Verstorbenen der Saliergesellschaft entzündet und Mitglieder der Gesellschaft brachten das Licht zu den reichlich anwesenden Gottesdienstbesuchern bei dieser traditionellen Messe.
Derweil begrüßte der Vorsitzende der Saliergesellschaft Alfred Schießler die Mitfeiernden und erklärte den Hintergrund des Festes: Kaiser Heinrich V. verlieh der Stadt Speyer anlässlich der Beisetzung seines Vaters Heinrich IV. besondere Privilegien unter der Bedingung, dass zum Jahrestag des Vaters alle zu einer Gedenkmesse in den Dom kommen und mit Kerzen in den Händen für das Seelenheil des Vaters beten. Außerdem solle jedes Haus ein Brot den Armen spenden. Diesem Gebot wird seit 1992 wieder Folge geleistet. Der Teil des kaiserlichen Gebotes, der sich der Armenfürsorge widmet, wird heute durch eine Spende an ein soziales Projekt erfüllt. Spendenempfänger ist in diesem Jahr die Kinder- und Jugenderholung des Diakonischen Werkes.
In einem kurzen Grußwort erklärte Tanja Gambino, vom Diakonischen Werk, dass damit Ferienaufenthalte von Kindern und Jugendlichen aus Familien, denen es nicht so gut geht“, finanziert werden, und verlas ein Grußwort von Diakoniepfarrer Albrecht Bähr.
Chor aus Schwetzingen zu Gast
Jetzt brannten auch alle Kerzen der Gottesdienstbesucher. Dem Kaiser hätte es sicherlich gefallen. „In your presence“ („In Deiner Gegenwart“) sang dann der Gospelchor aus Schwetzingen unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Detlev Helmer. Zum dritten Mal hat dieser Chor die Lichtermesse mitgestaltet. In der Gewissheit seiner Gegenwart, so Dr. Müller bei seiner Begrüßung, wollen wir nun gemeinsam Gottesdienst feiern. Nach der Lesung sangen die schönen Stimmen des Chores „Peace, I give to you“.
Im Mittelpunkt der Predigt von Dr. Müller stand die Machtfrage. Durch wen erhalten die Mächtigen ihre Macht und wie geht man verantwortungsvoll damit um? Das thematisierte er. Auf einer Platte der Reichskrone wird der auferstandene Jesus thronend über dem Weltkreis, von zwei Engeln umrahmt dargestellt. Dazu heißt es in roten Buchstaben auf goldenem Grund „Per me reges regnant“ („Durch mich regieren die Herrscher“). Für die salischen Herrscher und auch die anderen Mächtigen im Mittelalter war klar: Sie regierten „von Gottes Gnaden“, waren von ihm eingesetzt.
Dr. Müller erinnerte an die vor kurzem erfolgte Krönung von König Charles III. von England. Ein weltweites Medienereignis, bei dem wir alle mitverfolgen konnten, wie ihm mit symbolischen Zeichen und Handlungen die Macht übertragen wurde. Nur der entscheidende Teil, die Salbung, ein ganz persönlicher Moment zwischen Gott und Mensch, so Dr. Müller, blieb den Fernsehzuschauern verborgen.
Auch in England liegt die Macht nicht mehr in der Hand des Königs. Die Machtstrukturen im Staat, in der Kirche und in der Gesellschaft haben sich verändert. Umso mehr müsse jeder Mächtige wissen, dass ihm Macht nur für eine begrenzte Zeit übertragen wurde, man verantwortungsvoll damit umgehen und Rechenschaft ablegen müsse. Die verheerenden Folgen von Machtmissbrauch in Staat, Kirche und Gesellschaft seien allgegenwärtig.
Zur Gabenbereitung brachte der Chor dann den Song „Riverside“ zu Gehör, „Sanctus“ und „Agnus Dei“ wurden von der Gemeinde gesungen, „Vater unser“ und „Holy is the lamb“ wurden während der Kommunion vom Chor vorgetragen. Nach dem Schlussgebet hat Dr. Müller dann die Pax-Christi-Brote gesegnet, die am Ende des Gottesdienstes mit der Bitte um eine Spende an die Besucher verteilt wurden.
Nach der Totenehrung und dem Niederlegen von Blumen auf den Grabplatten der Salier-Kaiser und einem gemeinsam gebeteten „Ave Maria“ zur Patronin des Domes, erteilte der Zelebrant den Schlusssegen und auch der Chor erbat mit seinem Schlusslied „Look at the world“ Gottes Segen.
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