Fußball

Einst gemeinsam im Team: Wie zwei Speyerer Teenies den Profifußball aufmischen

In einem Jugendteam des FC Speyer 09 stiegen sie als Zwölfjährige gemeinsam auf - nun ist sie Nationalspielerin und er spielt Bundesliga. Was Brajan Gruda noch über Jule Brand sagen kann und wie sich ihr Trainer erinnert

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Stephan Alfter
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Aufstieg in der Verbandsliga im Jahr 2015: Brajan Gruda (liegend, heute Mainz 05) feiert mit seinem Team. Hinten in der Mitte jubelt Jule Brand. © Gabriel Cordero

Speyer. Der große Traum vom Profifußball - selbst Spielern und Spielerinnen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten bleibt er ganz schön oft verwehrt. Wenn man sich heute vor Augen führt, wie oft Schalke 04 Mesut Özils Kompetenzen bei dessen Probetrainings in Jugendjahren übersah, dann ahnt man, warum einige ihr Ziel nicht erreichen. Hinzu kommt: Nicht jeder und jede ist für das Geschäft gemacht. Nehmen wir Sebastian Deisler oder Robert Enke, die unter dem riesigen Druck litten und daran zerbrachen.

Der deutsche U-21-Nationalspieler Brajan Gruda (19) und die Nationalspielerin Jule Brand (21) haben die ersten Schritte in ihren Bundesligavereinen Mainz 05 und VfL Wolfsburg hinter sich. Beide zählen zu den talentiertesten Kickern. Sie gehören zu den Hoffnungsträgern der Republik, wenn die Zeit von Ilkay Gündogan oder Alexandra Popp endet. FC-Bayern-Profi Thomas Müller besorgte sich nach dem 3:1-Sieg seiner Mannschaft in Mainz schon mal das Trikot von Brajan Gruda. Die ausgeschiedene Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat über Jule Brand mal gesagt: „Jule weiß manchmal noch gar nicht, was sie alles kann.“

Vater Gruda Anfang der 90er im UEFA-Cup

Was selbst intime Kenner der Fußballszene nicht wissen: Gruda und Brand - der Junge und das Mädchen - spielten in der Jugend zeitweise in einem Team zusammen, haben ihre Wurzeln also in Speyer. In der Mannschaft der unter 13-Jährigen (früher hätte man D-Jugend gesagt) stiegen sie mit dem FC Speyer 09 gemeinsam in die Verbandsliga auf, wo die großen Vereinsnamen zu Gegnern wurden - eben Mainz 05 oder der 1. FC Kaiserslautern.

Es existiert ein schönes Bild aus jener Zeit. Der junge Brajan Gruda liegt nach dem geschafften Aufstieg vorne quer vor seinem Team. Jule Brand feiert neben ihrem Trainer. Das war damals Gabriel Cordero. Der heute 50-Jährige stand in seiner Jugend einst für Phönix Schifferstadt auf dem Platz. Er erinnert sich, als er Brajan auf dem Berliner Platz entdeckte. Dort, auf einem Gelände mit viel grauem Beton und eher rauem Jargon im Speyerer Westen, lief der damals Sechsjährige mit seinen Freunden herum.

Jugendtrainer Gabriel Cordero mit einem Shirt seines Ex-Spielers. © Cordero

Brajans Vater Bujar stammt aus Albanien und brachte es für seinen Heimverein Vllaznia Shkoder auf immerhin zwei UEFA-Cup-Spiele zu Beginn der 90er Jahre. Dann setzte er mit einigen albanischen Nationalspielern, darunter der spätere Aachen-Profi Clirim Bashi. in den Westen ab, Gruda kickte später für den FV Speyer in der Oberliga. 2004 kam Brajan zur Welt.

Brajan Gruda: Über Speyer und Karlsruhe nach Mainz

„Lass ihn noch etwas laufen“, habe Bujar Gruda gesagt, als Cordero dessen Sohn um das Jahr 2010 herum zum FC Speyer 09 lotsen wollte - schon ahnend, dass der damalige Erstklässer mit überragenden Fähigkeiten ausgestattet war. Gruda gehört zu den Straßenfußballern, die in einer Zeit, in der viele auf Kunstrasen aufgewachsen sind, überall gesucht werden. Er war in jenem Alter zwar klein, aber schon sehr stabil in der Körpermitte. Die Mutter turnte früher leistungsmäßig, der recht klein gewachsene Papa beeindruckte als Stürmer mit einer außergewöhnlichen Sprungkraft und einem guten Kopfballspiel.

Brajan Gruda in Aktion im Spiel gegen Werder Bremen. © dpa

Cordero sagt über den Nachwuchs: „Brajan war koordinativ stark und überlegen. Dazu hatte er schon früh eine Abgezocktheit und einen gewissen Witz am Ball.“ Schon nach einem E-Junioren-Hallenturnier vor acht Jahren in der Speyerer Osthalle äußerte Cordero über seinen Schützling, dass dieser die Möglichkeit habe, „oben anzukommen“. Die Rede war von der Bundesliga. Fortan fuhr er ihn zum Training zum Karlsruher SC, wo der heutige Profi den nächsten Teil seiner Jugend verbrachte. Nach seinem regelrechten Strahl zum 1:1-Ausgleich im Spiel der Mainzer gegen Gladbach im Oktober kennt ihn nun ganz Fußball-Deutschland.

Jule Brand: Besser als die meisten Jungs

Nicht wie Brajan Gruda auf der rechten Seite, sondern eher links ist Jule Brand für den VfL Wolfsburg und das Nationalteam unterwegs. Gruda hat die Zeit mit der eineinhalb Jahre älteren Mannschaftskollegin beim FC Speyer 09 noch präsent: „Ich erinnere mich auf jeden Fall daran, dass Jule damals sehr gut war - besser als die meisten Jungs“, sagt er auf Anfrage gegenüber dieser Redaktion.

Gabriel Cordero formuliert es noch konkreter: „Jule war die einzige, die das Tempo der Jungs mitgehen konnte. Sie hat ihren Körper reingestellt und hat bei uns sogar auf der Sechser-Position gespielt.“ Und das als Mädchen. Und dann drückt Cordero noch den anderen Punkt aus, der Jule Brand gut beschreibt. „Sie hatte damals schon eine riesige Vision auf dem Platz. Sie hat die Spielräume gesehen und hat immer einen sehr sauberen und klaren Ball gespielt.“

Jule Brand im Kreis der Nationalmannschaft bei einer Pressekonferenz zur EM 2022. Sie schaut in Richtung Svenja Huth. © dpa

Brand ging ihren Weg über das U17-Juniorinnen-Bundesligateam beim FC Speyer und wechselte dann nach Hoffenheim, wo sie im Jahr 2021 erstmals Championsleague spielte. Wie Gruda, kommt sie aus einer Sportler-Familie. Ihr Vater war Handballer, die Mutter Leichtathletin. Bruder Felix spielt Fußball-Oberliga in Mechtersheim.

Kein Statement für die Presse

Gerne hätten wir von der Linksfüßerin gehört, wie sie die Zeit mit Brajan Gruda erinnert, aber sie möchte zurzeit nicht mit der Presse sprechen, nachdem es zuletzt Kritik an ihr gab. Orhan Lokurlu von der gleichnamigen Spielerberatungsagentur sagte eine Interviewanfrage in ihrem Namen ab. Hintergrund: Der Wolfsburger Sportdirektor Ralf Kellermann hat Anfang November gegenüber T-Online gesagt, dass Brand hart an sich arbeiten und zu 100 Prozent für den Fußball leben müsse. Er deutete an, dass ihr Umfeld keinen optimalen Einfluss auf sie habe. Beim Champions-League-Finale gegen Barcelona im Juni saß sie 90 Minuten auf der Bank.

Von eben jener Bank kam Brajan Gruda am vergangenen Sonntag im Spiel bei der TSG Hoffenheim in der 69. Minute. Für ein Tor reichte es nicht mehr ganz. Aber es reichte für einen Dank an seinen früheren Trainer, der unter den Zuschauern war. Gabriel Cordero und Thomas Müller haben nun etwas gemeinsam - ein echtes Trikot von Brajan Gruda.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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