Klassik

Deutsche Staatsphilharmonie spielt bei Musikfest in Speyer acht Konzerte

Von 
Uwe Rauschelbach
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Die Staatsphilharmonie unter Michael Francis in Speyer. © Klaus Venus

Acht Konzerte in fünf Tagen – das ist für die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in normalen Zeiten ein übliches Programm. Doch unter den Bedingungen einer Pandemie nimmt sich das Musikfest in Speyer, wo das Orchester seit acht Jahren die Saison abschließt, als „außergewöhnliches Ereignis“ aus, wie Beat Fehlmann betont. Der Intendant blickt ein wenig ungläubig über die für Corona-Verhältnisse rappelvollen Reihen der Speyerer Gedächtniskirche, wo die Staatsphilharmonie ihre Instrumente fürs Finale stimmt. Dank der kürzlich gelockerten Verordnungen konnten mehr Besucher eingelassen werden. Die zusätzlichen 100 Karten waren binnen weniger Stunden ausverkauft.

Die Dankbarkeit des Publikums, wieder in ein Konzert gehen zu können, hat sich auf die Musiker übertragen. Doch es sind nicht nur jene motivationsfördernden Impulse, welche die Unsicherheiten bei den Planungen für die bevorstehende Konzertsaison überbrücken helfen. Hinzu kommen Erfahrungen mit neuen Formaten und alternativen Besetzungen, die sich, da ist sich Intendant Fehlmann sicher, im Orchesterbetrieb bewähren werden. Richard Strauss’ für 23 Streicher komponierte „Metamorphosen“ in der Fassung für sieben Streicher zu hören, ist beim Musikfest denn auch nicht als Kompromiss empfunden worden, sondern als intensitätssteigerndes Exklusiverlebnis.

Wechsel der Perspektiven

Darunter ist auch der Auftritt des gemischtkulturellen Ensembles Colourage zu rechnen, in dem Instrumentalisten der Staatsphilharmonie mit Studenten und Absolventen des Studiengangs Weltmusik an der Mannheimer Popakademie der Lust am grenzüberschreitenden Spielen und Improvisieren frönten. Das Projekt der Orientalischen Musikakademie Mannheim (OMM) ermöglichte, abgesehen von seinem beträchtlichen Unterhaltungswert, Perspektivwechsel, von denen nicht abzusehen ist, welche ästhetischen Folgewirkungen von ihnen ausgehen werden.

Auch der Auftritt von Stipendiatinnen und Stipendiaten der nach dem ersten Generalmusikdirektor der Staatsphilharmonie benannten Ernst-Boehe-Akademie kann vor diesem Hintergrund als Weichenstellung betrachtet werden, die in eine offene Zukunft führen soll, aber ebenso Bewährungschancen für künftige Führungskräfte in einem Orchester bereithält. Dvoráks Streichquintett in G-Dur op. 77 ließ durchaus Musikerprofile erkennen, die sich höheren Ansprüchen empfehlen.

Hatte Mendelssohns fünfte Symphonie („Reformation“) zu Beginn des Musikfestes Revolutionsstimmung entfacht, die im Choral „Ein’ feste Burg“ freilich in traditionelle sakrale Bahnen gelenkt werden, so konnte Beethovens Fünfte im Finale als Entfesselung jener Kräfte erlebt werden, die den Menschen befähigen, sein Schicksal nicht als hilfloses Opfer zu erleiden. Das unter Chefdirigent Michael Francis grandios musizierte Zeugnis menschlicher Befreiung von obwaltenden Mächten konnte kaum anders wahrgenommen werden denn als Dokument eines glorreichen Triumphes.

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