Speyer. Pünktlich zum zweiten Picknickkonzert der Saison ist auch der Sommer in den Speyerer Adenauerpark zurückgekehrt. Bereits am frühen Vormittag malt die Sonne warme Muster auf die Wiesen und Wege, während eine sanfte Brise durch die Bäume streicht. Im kühlen Schatten der alten Kastanien breiten Konzertbesucher ihre Decken aus, öffnen Picknickkörbe und warten gespannt auf die angekündigte Singer-Songwriter-Matinée mit Uli Zehfuß und Anett Kuhr. Einmal mehr sind die Rahmenbedingungen perfekt für das beliebte Konzertformat, das von der Kulturabteilung der Stadt veranstaltet wird.
Für den Speyerer Liedermacher Uli Zehfuß ist es ein Heimspiel und zugleich ein besonderer Moment, vor „seinem“ Publikum live zu spielen. Er misstraut KI-gesteuerter Musik aus der Retorte, die heute aus vielen Kanälen dröhnt. „Es ist immer gut, im Konzert den Menschen mit handgemachter Musik direkt zu begegnen“, sagt Zehfuß, und eröffnet das Konzert mit dem Song „Ohne Euch wär’s zu finster hier im Land“. Zehfuß singt von den einfachen Dingen des Lebens, vom ganz normalen Alltag und natürlich von der Liebe. Auch ein rundum positives Liebeslied wollte er endlich einmal schreiben, sagt er. Herausgekommen ist – typisch Zehfuß – ein Stück mit einem Augenzwinkern und doppeltem Boden: „Wenn ich mal nicht mehr wiederkomm“.
Zehfuß verarbeitet in seiner Musik Kindheitserinnerungen
An diesem Sonntag hat er darüber hinaus mehrere Songs mit Erfahrungen aus der eigenen Kindheit im Gepäck. Aufgewachsen auf einem Bauernhof, vermag er authentisch von der „Erntezeit“, der Spargelsaison in der Pfalz („Spargelzeit“) oder der Magnolienblüte zu singen („Magnolienzeit“). Seine Lieder führen das Publikum durch alle Facetten des Menschseins in Familie und Gesellschaft. Manche Lieder sind poetisch berührend, andere erscheinen abgründig komisch oder politisch konfrontierend. So etwa der Song „Du wirst mich nicht los“, in dem er sarkastisch die allgegenwärtige Plastikvermüllung in unserer Gesellschaft und die sich inflationär verbreitenden Folientunnel auf unseren Äckern entlarvt.
Auch Anett Kuhr, Liedermacherin aus dem württembergischen Rottweil, besingt die Welt der kleinen und vordergründig unscheinbaren Dinge - mit feinem Humor und einem zugeneigten Blick. Sie überzeugt durch eine dunkle, samtweiche Stimme, ihr filigranes Gitarrenspiel und einfühlsame Harmonien. Aufgewachsen am Rande eines Dorfes bei Singen an der Grenze zur Schweiz, hat sie ein scharfes Auge für Naturbeschreibungen und menschliche Beziehungen. In ihren Liedern malt sie Landschaften, Menschen und Lebenssituationen. „Romantik ist der Versuch, mit Mitteln der Naturbeschreibung zu verführen“, sagt sie, und singt von „Lampionblumen“, „Regen“ und dem Rückzug auf die Ostseeinsel „Hiddensee“.
Schmunzelnd ergänzt sie, dass ihr die besten Lied-Ideen dann kommen, wenn sie etwas tut, das „ziemlich doof“ ist - etwa beim Aufräumen oder Putzen. Der Song „Souvenirs“ entstand, als ihr Blick beim Aufräumen neuer Erinnerungsstücke in eine Kiste auf die schon darin gesammelten Dinge fiel und alte Erinnerungen wieder auflebten. Kuhr versucht, zu fast all ihren Konzerten mit der Bahn anzureisen. Deshalb beschreibt sie auch gerne Bahnhofssituationen - und erzählt von der Kritikerin, die ihr vorwarf, in fast allen Liedern würden Bahnhöfe auftauchen. Das ließ sie nicht auf sich sitzen - und schrieb kurzerhand ein Lied über eine Tankstelle.
Zum Schluss gibt’s noch eine Hommage an ihren Lehrer
Das zweite Picknickkonzert im Adenauerpark war ein Konzert der leisen Töne, die vom Publikum dankbar aufgenommen wurden. Verhandelt wurde dabei das Glück der kleinen Dinge. Anett Kuhr und Uli Zehfuß beherrschen dieses Genre meisterhaft und haben viele Gemeinsamkeiten in der Art, wie sie ihre Lieder schreiben. Sie kennen sich seit 2005 aus der von Christof Stählin begründeten Liedermacherschule „SAGO“. Kein Wunder also, dass sie zum Schluss des dreistündigen Konzertes als Zugabe gemeinsam den Song „Die Bahnen“ anstimmen und damit ihrem großen Vorbild Christof Stählin Referenz erweisen.
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