Verkehr - Betroffene reagieren frustriert auf Verzögerung der Salierbrücken-Sanierung / Stadtchefin befürchtet ausbleibenden Besuch

„Bittere Pille für Speyer“

Von 
Bernhard Zinke und Matthias Mühleisen
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Mit Schadstoffen belastet: Die Salierbrücke über den Rhein bei Speyer. © Venus

Speyer. Chaos auf den Straßen, Sorgen beim Handel und sinkende Besucherzahlen in Speyer: Die Nachricht von der einjährigen Verzögerung bei der Sanierung der Salierbrücke sorgt bei den Betroffenen für reichlich Frust. „Das ist eine sehr bittere Pille für Speyer“, betonte etwa Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler am Freitag. „Einzelhandel und Unternehmen werden weitere Einbußen hinnehmen müssen. Für die Pendlerströme nach Speyer bedeutet es in vielen Fällen längere Anfahrtszeiten“, so die Stadtchefin. Kleinere Unfälle auf den Ausweichrouten würden für chaotische Zustände auf den Straßen sorgen, die Zahl der Besucher in der Stadt sei in den vergangenen Monaten deutlich gesunken. Der Schwetzinger Landtagsabgeordnete Daniel Born (SPD) sprach von einem „schweren Schlag“. „Wir brauchen diese Brücke. Und es wird deutlich: Wir bräuchten auch eine zweite. Unsere Region versinkt im Verkehrschaos.“

Diese Hiobsbotschaft hatte am Donnerstagabend das für die Reparaturen verantwortliche Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe dem Projektbegleitkreis Salierbrücke überbracht (wir berichteten kurz). Demnach werden sich die Arbeiten bis ins Frühjahr 2022 hinziehen. Ursprünglich betrug die Bauzeit 26 Monate und sollte im März 2021 abgeschlossen sein.

Deutliche Mehrkosten

Grund für die Verzögerung sind unerwartete Schadstoffe und falsche Baupläne aus den 1950er Jahren, wegen denen die Arbeiten erheblich umgeplant werden müssen. Michael Lumpp, Leiter des verantwortlichen Baureferats Nord beim RP, ist optimistisch, dass dieser Zeitplan eingehalten werden kann. Das gelte möglicherweise aber nicht für die Mehrkosten, die durch die Änderungen anfallen. Statt elf Millionen Euro soll das Vorhaben nun 16,7 Millionen kosten. „Aber das wird wohl nicht die letzte Zahl sein“, fürchtete Lumpp.

Eine derartige Häufung von Problemen habe er noch nie gehabt. Es sei auch das erste Mal, dass man PCB (Polychlorierte Biphenyle) in einer Brücke gefunden habe. Normalerweise komme dieser Giftstoff im Hochbau, aber nicht im Brückenbau vor, sagte Walter Katzik, Referatsleiter für den Ingenieurbau beim RP. Eingearbeitet worden ist dieser hochgiftige Stoff im Jahr 1967, als die Kappen, der seitliche Anbau an die Brücke, saniert wurden. Der Fund der giftigen Substanz habe aufwendige Schutz- und Reinigungsmaßnahmen erforderlich gemacht.

Ein weiteres Problem sind die alten Baupläne aus den 1950er Jahren, die sich von der tatsächlichen Bausubstanz unterscheiden. Die Pfeilerköpfe, auf denen die Brücke aufliegt, waren im Plan anders dargestellt, der Abbruch des Betons dadurch aufwendiger. Die Stahlmatten im Beton unter der Fahrbahn lagen statt vier nur zwei Zentimeter tief, was die Brückenstatik über den Haufen warf. Deckbleche waren anders verschweißt als eingezeichnet.

Dies alles habe eine Verschiebung der Arbeiten bedeutet, die in der feuchten Jahreszeit nicht mehr erledigt werden können. „Korrosionsschutz und Feuchtigkeit vertragen sich nicht“, erläuterte Lumpp. Allein die Entfernung der PCB-belasteten Stahlhöcker habe eine Verzögerung von 35 Wochen nach sich gezogen. „Aber wir gehen davon aus, dass nicht viel weiteres Unvorhergesehenes kommen kann.“

A 61 soll baustellenfrei bleiben

Auf Unverständnis stößt das alles beim Bund der Selbständigen Römerberg-Speyer. „Man hätte bereits vor der Sperrung Untersuchungen am Beton durchführen müssen, um nicht von Schadstoffbelastungen überrascht zu werden“, sagte die Vorsitzende Liliana Gatterer. „Der Bau der Salierbrücke hat von der Vergabe bis zur Übergabe weniger als drei Jahre gedauert. 60 Jahre später dauert eine Sanierung drei Jahre. Das ist für mich vollkommen unverständlich.“ Für die Wirtschaft sei die Verzögerung ein harter Schlag. Die Kundschaft von badischer Seite orientiere sich bereits um.

Als Konsequenz der Verzögerung wird laut RP der Korrosionsschutz auf der A 61-Rheinbrücke bei Speyer erst nach dem Sanierungsende an der Salierbrücke aufgetragen. Die A 61 dient als Umleitungsstrecke und soll nicht Baustellen-belastet sein. „Wir werden alles daran setzen, ein möglichst frühes Bauende zu erreichen“, bat die Karlsruher Regierungspräsidentin Sylvia M. Felder um Verständnis. Man wisse um die Umstände und Belastungen für die Menschen in der Region.

Protestzug an diesem Samstag

  • Speyerer Gewerbetreibende planen für diesen Samstag, 30. November, einen Protestmarsch vom Altpörtel bis zur Rheinbrücke.
  • Initiator Matthias Schalk, der in Speyer einen Laden betreibt, ärgert sich vor allem über den nicht wahrnehmbaren Baustellenbetrieb auf der Salierbrücke. „Wochenlang habe ich keinen einzigen Bauarbeiter gesehen“, klagte er.
  • Der Protestzug formiert sich um 9 Uhr am Altpörtel. Es ist auch eine Kundgebung geplant. bjz

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

Redaktion Redakteur im Bereich Hockenheim und Umland sowie Speyer

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