Speyer. Es ist diese wunderbare Atmosphäre im geschlossenen Rathausinnenhof, die das Jazz-Festival ausmacht. Vom 22. bis 25. August ist es wieder soweit: „Jazz im Rathaushof“ soll wieder Musikgenuss vom Feinsten bieten. Bei insgesamt fünf Konzerten stehen regional, überregional sowie international bekannte Musikerinnen und Musiker auf der Bühne.
„Der ‚Jazz im Rathaushof‘ ist ein musikalisches Highlight im Veranstaltungskalender der Stadt“, würdigt Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler das Festival. „Exzellente Bands im Zusammenspiel mit der herrlichen Kulisse des Rathaushofs und pfälzischen Gaumenfreuden sorgen für die einzigartige Atmosphäre.“
Seit 2014 hat Bernhard Sperrfechter, Leiter der Musikschule, „Jazz im Rathaushof“ geprägt und zu dem beliebten Festival gemacht, das es heute ist. 2024 gibt er den Staffelstab weiter an Matthias Debus. Kulturbürgermeisterin Monika Kabs betont: „Den Erfolg des Jazz-Festivals verdanken wir Bernhard Sperrfechter.
Zehn Jahre lang war er als künstlerischer Leiter das Gesicht des Festivals; er hat es maßgeblich weiterentwickelt. In diesem Jahr verabschiedet er sich vom Publikum und übergibt die Federführung an ,TC’ Debus. Der gebürtige Speyerer ist fester Bestandteil der regionalen Jazzszene und war unser Wunschkandidat für die Nachfolge.“
Dieses Festivalprogramm haben Sperrfechter und Debus noch gemeinsam geplant: Mit den „South West Oldtime All Stars“, den „New Orleans Shakers“, der „Blue note Big Band“, den „Square City Stompers“ und dem Duo Leroi-Herzer stehen preisgekrönte Bands und gefeierte Musiker auf der Bühne – von samtweichen Klängen bis hin zu sattem Bläsersound ist alles dabei.
Auftakt mit höllischem Swing
Eröffnet wird das Festival am Donnerstag, 22. August, um 19.30 Uhr mit den „South West Oldtime All Stars“. Seit ihrer Reunion 2018 hat sich das Ensemble zu einer festen Größe in der europäischen Traditional-Szene etabliert und ist bereits zum zweiten Mal in Speyer zu Gast. Trevor Richards (New Orleans), sorgt durch sein unverwechselbar authentisches Spiel für den wunderbaren Bandsound. Thilo Wagner pflegt einen höllisch swingenden Klavierstil, ist Ehrenbürger der Stadt New Orleans und auch gerne als „schwäbischer Oscar Peterson“ bezeichnet.
Martin Auer lehrt Jazztrompete an der Musikhochschule Leipzig und ist mit Louis Armstrongs Musik aufgewachsen. Gary Fuhrmann ist freiberuflicher Klarinettist, Saxofonist und Preisträger des Jazzpreises der Stadt Worms. Felix Fromm, der Soloposaunist der HR Big Band und musikalische Leiter der Blassportgruppe, ist eh eine Klasse für sich. Und Matthew Bookert gilt als weltweit einziger Sousaphonspieler, der seinem Instrument nicht nur geschmeidig samtweiche Töne wie ein kleines Miezekätzchen, sondern auch brüllende Raubtierklänge entlocken kann.
Beim Konzert am Freitag, 23. August, um 19.30 Uhr beweist Torsten Zwingenberger mit den „New Orleans Shakers“ wieder einmal, dass er in vielen Spielarten des Jazz zuhause ist. Bereits 1976 gründete er mit Thomas L‘Etienne diese Band, bevor er sich nach drei Jahren anderen Projekten zuwandte. Ein Zufall führte die Musiker nach 30 Jahren Spielpause im Jahr 2009 wieder zusammen.
Im Sinne der saftig-erotischen Konnotationen des frühen Jazz weiß der verschmitzte Klarinettist Thomas L’Etienne, dass Jazz nur dann authentisch ist, wenn er mit Schmuddelfaktor gespielt wird. Torsten Zwingenberger brilliert dabei mit seiner virtuosen Schlagzeugtechnik „Drumming 5.1“ für das leicht federnde Swingfeeling. Für eine New-Orleans-Band ist es eine unübliche Besetzung, statt drei Bläsern gibt es hier nämlich nur einen.
So wie auch jedes Jahr der Mardi Gras in New Orleans neu gelebt wird, so spürt man bei den Konzerten der „New Orleans Shakers“ ihre mitreißende Lust am Leben und an der Veränderung, die die Zuschauer immer wieder aufs Neue begeistern.
Am Samstag, 24. August, bringt ab 11.30 Uhr die „Blue note Big Band“ aus Neustadt den Rathaushof zum Klingen. Auf dem Programm stehen Meilensteine der Jazzgeschichte bis hin zu modernem, orchestralen Jazz. Das Repertoire umfasst ein breites Spektrum an Stilepochen und Komponisten: Zeitlich erstrecken sich die Stücke von den 1940er Jahren bis zur Gegenwart, stilistisch zwischen Arrangements von Count Basie, Sammy Nestico, Bob Curnow, Bob Mintzer und Peter Herbolzheimer.
Bernd Gaudera, ehemaliger Landesmusikdirektor, leitet die Big Band seit ihrer Gründung 1986 und formt sie mit seiner anspruchsvollen, unermüdlichen Arbeit zu einem homogenen Klangkörper. 2014 gewann sie den Internationalen Big Band Wettbewerb (IBBC) in Hoof-dorp bei Amsterdam in der „First Class“, der als größter Wettbewerb Europas gilt. Gespielt wird in der Besetzung fünf Saxofone, vier Trompeten, vier Posaunen, Bass, Gitarre, Piano und Drums. Dazu kommen die beiden Sängerinnen.
Alles andere als verstaubt
Samstagabends um 19.30 Uhr nehmen die „Square City Stompers“ Platz auf der Bühne im Innenhof des historischen Rathauses. Jung, dynamisch und voller Begeisterung zeigen sie, dass Jazz kein veraltetes Museumsstück, sondern vielmehr eine der stimmungsvollsten und bewegtesten Musikrichtungen ist, die auf keiner guten Party fehlen darf! Heiße Rhythmen, perlendes Klavierspiel, tanzende Kontrabasslinien und ein traditioneller Saxofon-Sound, der sich mit dem sentimentalen Klang einer Klarinette abwechselt, bilden das instrumentale Fundament der „Stompers“.
Präsentiert wird die Show von Sängerin Seyda Sibel, die das Publikum mit ihren kraftvoll swingenden Versen mitzureißen vermag. Fernab von der Idee eines banalen Coverns werden bekannte Instrumentalstücke teils mit neuen Gesangseinlagen versehen und auch auf die ein oder andere Eigenkomposition und gemeinsame Aktion und Euphorie darf das Publikum gespannt sein.
Tango mit feinem Klangzauber
Mit dem Duo Leroi-Herzer findet das Festival am Sonntag, 25. August, ab 11.30 Uhr seinen musikalischen Abschluss. Eine Krone und ein Herz zieren die Musik dieses Duos. So klassisch-traditionell beginnen manchmal ihre Stücke, dass man nach ein paar Takten gleich die Stimme von Carlos Gardel erwartet. Doch die Musik ist rein instrumental. Genauer gesagt: absolut minimalistisch instrumentiert – nur mit dem Kontrabass von Michael Herzer und dem Akkordeon von Laurent Leroi.
Die eingespielte Zweierbesetzung lässt viel Freiraum für Experimente, auch für den Rollentausch von Rhythmus und Melodie zwischen Akkordeon und Bass. Laurent Leroi, 1960 in Straßburg geboren, studierte Akkordeon. 20 Jahre später in Ludwigshafen sesshaft geworden, traf er in Mannheim damals auf Michael Herzer, der 1962 dort geboren wurde und Kontrabass studierte. Beide spielen und komponieren als Theatermusiker auf den großen Bühnen der Region, arbeiten als Studio- und Bandbegleitung. Vor allem aber spielen sie seit gut 40 Jahren zusammen, in eigenen Bandprojekten wie bei „Les Primitifs“ oder als Duo.
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