Dreifaltigkeitskirche

Auf dem Weg ins Paradies

Die klassische Band „Spark“ begeistert mit Sänger Valer Sabadus

Von 
Uwe Rauschelbach
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Speyer. Sie bezeichnen sich als „klassische Band“. Und tatsächlich haben die Musiker von „Spark“ einen Stil entwickelt, der traditionelle Formen mit moderner Ästhetik verschmilzt. Mögen die Grenzen zwischen E und U schon lange offen sein, so überschreitet sie das Quintett beim Konzert in der Kammermusikreihe „Resonanzen“ in der Speyerer Dreifaltigkeitskirche mit einer solchen Selbstverständlichkeit, als hätte es so etwas wie Gattungsunterschiede in der Kunst nie gegeben.

Die von den Instrumentalisten selbst arrangierten Stücke tragen dazu bei, dass das Konzept aufgeht. Auf diese Weise wirkt auch ein Händel nicht wie ein alter Zopf und sprühen bei Vivaldi die Funken. Wobei man natürlich sagen muss, dass alte Musik dank der Errungenschaften der historischen Aufführungspraxis und in den Händen spezialisierter Ensembles längst nicht mehr alt aussieht. In puncto Lebendigkeit und Esprit kann die sogenannte Ernste Musik also mindestens mithalten.

Bei „Spark“ sind es vor allem die beiden Flötisten Andrea Ritter und Daniel Koschitzki, die den Sound prägen und die Musik dank ihres erfinderischen und virtuosen Spiels energisch vorantreiben. Zu Händels „Rinaldo“-Arie „Augelletti, che cantate“ entfacht Koschitzki auf der Piccolo-Flöte ein lebhaftes Vogelgezwitscher und bereitet dem Gesang ein sinnliches Entrée. Denn im Mittelpunkt des Konzerts steht Valer Sabadus, der über einen feminin getönten Countertenor verfügt. Der Sänger verleiht Arien und Liedern einen leidenschaftlichen Ausdruck – ob es Stücke aus dem Barock, der Romantik oder der Rockmusik sind.

Keine Angst vor Rammstein

Denn auch davor haben die Musiker von Spark mitsamt Sänger Sabadus keine Berührungsängste. Den Titel „Seemann“ der Deutschrockband Rammstein setzen sie, inklusive See- und Takelagegeräusche, mit melodramatischer Wucht in Szene. Auch bei den Songs „One Caress“ von Depeche Mode und „Vermeer’s Wife“ von Filmkomponist Michael Nyman wildern sie im Rockgenre. Im Volkslied „Ich hab die Nacht geträumet“ aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts fügen sie atmosphärisch-illustrative Klänge hinzu.

Manche Arrangements wirken in ihrer epischen Anlage und dynamischen Fülle etwas überladen und auf Effekt ausgerichtet, so Robert Schumanns Lied „Aus der Fremde“. Doch der Stilmix, den das Ensemble in der Dreifaltigkeitskirche zelebriert, verrät eine große Vertrautheit mit den unterschiedlichen Genres. Und er wird mit einer solchen musikantischen Könnerschaft kreiert, dass auch die Übertreibung und das leicht Karikierende ein zustimmendes Augenzwinkern im Publikum provozieren.

Besonders homogen wirkt der moderne und eigensinnige Zugriff auf das traditionelle musikalische Material in jenem Konzertabschnitt, in dem „Spark“ mit Countertenor Sabadus einen Bogen vom Impressionismus eines Maurice Ravel oder Erik Satie zum französischen Chanson und zur leichten Muse schlagen.

Rasante Nummern sind die Tango-Versionen von Kurt Weills „Youkali“ und Lev Zhurbin, einschließlich der Akkordeon-Anspielungen von Flötist Koschitzki auf der Melodica. Auch der von Cellist Victor Plumettaz komponierte „Scotch Club“ besticht durch tänzerische und rhythmische Finessen. Geiger und Bratschist Stefan Balazsovics sowie Pianist Christian Fritz drücken in diesen Titeln mächtig aufs Gas.

Mit „Closer to Paradise“ hat Flötist Daniel Koschitzki einen Song geschrieben, der das Epische und Melodramatische mit dem Topos der Sehnsucht nach dem Paradies in allen Ausdrucksfacetten beschwört. Valer Sabadus kann hier noch mal stimmlich in allen Registern schwelgen und hat dennoch genügend Atem für eine fulminante Zugabe: Barry Manilows Song „Could it be magic“, in dem das Sehnsuchtsparadies mit dem Namen einer „Sweet Melissa“ verknüpft ist. Inklusive Zitate eines Chopin-Préludes. Das ist dann fast schon zu viel des Guten.

Freier Autor

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