Menschen in der Metropolregion - Heinz und Marianne Muhn wollten im Alter nicht alleine sein und gründeten eine Senioren-WG

"Wir-Gefühl" gibt Geborgenheit

Von 
Nadine Kunzig
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Heinz und Marianne Muhn haben sich in ihrem ehemaligen Gästehaus den Traum von einer Senioren-WG erfüllt.

© Kopetzky

Grasellenbach. Heinz und Marianne Muhn sind beide 76 Jahre alt, ihre einstige Schönheitsfarm in Grasellenbach haben sie aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters geschlossen. Aber ganz alleine in einem großen Landhaus wollten sie auch nicht leben. Dann kam ihnen eine Idee - sie bauten um und gründeten eine Senioren-WG. Die Gedanken dahinter: eine alternative Wohnform zum Altenheim. Nicht alleine sein. Im Alter unabhängig bleiben. Jeder für sich, aber bei Bedarf auch in Gemeinschaft leben.

"Alles hier ist ein Geben und ein Nehmen. Jeder der Bewohner hat seinen eigenen Wohnbereich mit Küche, Bad, Schlafzimmer, Wohnzimmer und Balkon. Alle Bewohner führen ihr eigenes Leben. In diesem Sinne sind wir keine Gemeinschaft. Wenn aber jemand Gesellschaft haben möchte, dann ist sie überall zu finden", sagt Marianne Muhn über das Konzept der Senioren-WG. Vergleichbar ist die Wohnsituation mit einer Studenten-WG, "es ist aber komfortabler": Jeder Bewohner gestaltet seine Wohnung selbst und muss sie auch eigenständig sauber halten. Den Garten allerdings hat sich eine Bewohnerin zu eigen gemacht: Sie ist leidenschaftliche Gärtnerin und kümmert sich um die Pflanzen im und am Haus.

Auf vier Etagen gibt es einen Speise- und Aufenthaltsraum, eine große Küche, Schönheitssalon, Wellnessbereich mit Sauna und einen Gemeinschaftsgarten. Sie und ihr Mann sind stolz auf ihre "komplett neue Wohnform" und froh, dass sich alle Bewohner gut verstehen. Insgesamt wohnen derzeit acht Personen in dem Landhaus: ein weiteres Ehepaar sowie vier einzelne Damen in frisch renovierten Wohnungen von 50 bis 120 Quadratmetern. "Das ist sozusagen die Vorstufe zum Altersheim, nur ohne zu pflegende Senioren", sagt das Ehepaar. Wichtig ist Ehepaar Muhn, dass alle Bewohner selbstständig sowie jung geblieben sind und sich auch noch selbst versorgen können. Dabei spielt das Alter keine Rolle. Ein Auto ist von Vorteil, allerdings ist eine Straße weiter auch eine Bushaltestelle. Derzeit ist der jüngste Bewohner Ende 50 - wenn man die beiden Katzen zweier Bewohnerinnen nicht einrechnet - der älteste Ende 70.

Ob es da auch einmal Reibereien gibt? Klar! Wie in jeder Familie und Wohngemeinschaft üblich, gibt es auch in einer Senioren-WG Meinungsverschiedenheiten, "das gehört dazu. Aber grundsätzlich sind mir Frieden und viel Lachen sehr wichtig. Unstimmigkeit macht mich krank", so Marianne Muhn. "Menschen, die einziehen wollen, müssen hier herpassen." Deswegen lernen sie sich im Voraus bei einem Gespräch schon einmal kennen. Da bisher niemand wieder ausziehen wollte, scheint das Auswahlkonzept aufzugehen. "Wir fühlen uns alle wohl. Jeder Mensch ist ein Unikat und als solcher muss er vor jedem Achtung haben. Jeder hat Höhen und Tiefen, aber Kommunikation ist sehr wichtig", betont die 76-Jährige. Deswegen sind alle Bewohner per Du, "wenn das jemand aber nicht möchte, dann ist das auch nicht schlimm", sagt Heinz Muhn.

Jeder Bewohner trägt seinen Teil dazu bei. "Manchmal kocht einer für alle, dann gibt jeder einen kleinen Betrag für die Einkäufe und es wird gemeinsam in familiärer Atmosphäre gegessen", so Marianne Muhn. Ganz nach dem Motto "Gemeinsam sind wir stark", leben die Bewohner in der Senioren-WG. Damit das funktioniert, ist auch Besuch von außerhalb erlaubt. Gäste können in zwei Gästezimmern übernachten.

In naher Zukunft ist geplant, den großen Speiseraum mehr zu nutzen. "Vielleicht mit einer Märchenerzählerin bei Kaffee und Kuchen, wo alle Bürger vorbeikommen können", überlegt Marianne Muhn und stellt fest: "Wir leben, wo andere Urlaub machen." Während Christa Lorenz-Kunz die gute Luft und die Freundlichkeit der Bewohner schätzt, lieben Werner und Liselotte Rössling den einmaligen Blick über die Landschaft. "In der Senioren-WG ist es optimal", sagt Lorenz-Kunz, "ich wohne seit sieben Monaten hier und habe es zu keinem Zeitpunkt bereut", betont sie. Aus acht verschiedenen Menschen ist in der Senioren-WG "ein Wir geworden", sagen die Muhns.

Familie Muhn

Im Jahr 1979 bauten Heinz und Marianne Muhn das Landhaus in Grasellenbach und betrieben ein Hotel, das ab der Jahrtausendwende in eine Schönheitsfarm umgewandelt wurde.

Da ihr Sohn weiter entfernt wohnt und sie im Alter nicht alleine so ein großes Haus bewohnen wollten, kamen sie auf die Idee, eine Senioren-WG zu gründen.

Der Übergang verlief schleichend, nach und nach wurden ab 2013 Wände durchbrochen sowie Räume renoviert und umgebaut.

Anfang dieses Jahres wurde die letzte Wohnung bezugsfertig. Hierfür wird noch ein neuer Mitbewohner gesucht.

Informationen unter Telefon 06207/94020 oder per E-Mail an heinzmuhn@googlemail.com.

In dem großen Landhaus wohnen derzeit acht Personen.

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