Ludwigshafen. Ab August 2026 ist es so weit: Alle Grundschulkinder haben einen Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung. Dieser Anspruch umfasst auch einen Großteil der Ferienzeiten. Zunächst gilt er für Kinder der ersten Klassenstufen, dann wird er in den Folgejahren jeweils um eine Stufe erweitert. Ab August 2029 gilt der Anspruch dann folglich für die Klassenstufen eins bis vier. Das stellt die insgesamt 24 Grundschulen in Ludwigshafen vor große Herausforderungen.
Einerseits stellt der kommende Anspruch auf Ganztagsförderung für die Kinder und Familien eine große Chance dar. „Sinnvoll ist es bestimmt“, sagt Barbara Mächtle, Schulleiterin der Gräfenauschule in Ludwigshafen. Die Stadt erhofft sich viel von der kommenden Ganztagsförderung. Bürgermeisterin Cornelia Reifenberg erklärte, dass der Rechtsanspruch große Chancen biete. „Indem wir in solide Strukturen und qualitativ hochwertige Ganztagsangebote investieren, schaffen wir die Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft unserer Kinder“, teilte Reifenberg in einer Mitteilung mit. Doch es komme vor allem auf die qualitative Umsetzung an, gibt Mächtle zu bedenken.
Bedenken bei Personalverfügbarkeit für Ganztagsförderungen in Ludwigshafen
Und hier kommt auch schon das andererseits: „Wir Grundschulen fragen uns, wie es funktionieren soll.“ Die bereits bestehenden Ganztagsschulen kämpfen schon um Personal, erklärt Mächtle. Und dann sollte das Personal im besten Falle auch noch gut ausgebildet sein. Das wiederum zieht finanzielle Probleme nach sich: Gut ausgebildetes Personal ist teuer, so Mächtle. Auf Anfrage teilte die Stadt mit, dass es bereits an allen Grundschulen Betreuungsangebote gebe. Zwölf Grundschulen erfüllen bereits den Rechtsanspruch von täglich acht Stunden, so die Stadt weiter. An den übrigen Grundschulen gebe es zurzeit aufgrund fehlender Nachfragen nach einer Ganztagsbetreuung kürzere Betreuungszeiten. Auf Nachfrage zur Personalproblematik erklärt die Stadt, bereits seit Ende der Corona-Pandemie den Personalbestand kontinuierlich ausgebaut zu haben. Die Betreuungskräfte sollen dann nach ihrer Einstellung intern qualifiziert werden.
Ganztagsförderung
Ab August 2026 haben Kinder im Grundschulalter bundesweit einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung .
Die wird stufenweise eingeführt – beginnend mit den Erstklässlern, die im Herbst 2026 in die Schule kommen. Bis zum Schuljahr 2029/30 wird der Anspruch jährlich um eine Klassenstufe ausgeweitet .
Der Anspruch ist keine Pflicht , die Eltern können frei wählen, in welchem Umfang sie das Angebot annehmen wollen. rad
Um verschiedene Ideen für ein schlüssiges Ganztagskonzept zu erarbeiten, hatte die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung am 11. Februar Lehrerinnen und Lehrer aller Ludwigshafener Grundschulen, Vertreter der Stadt und BASF sowie weitere Bildungsakteure ins Heinrich-Pesch-Haus eingeladen. Dort haben die Teilnehmer verschiedene interdisziplinäre Arbeitsgruppen gebildet – darunter etwa das Thema, wie man Ganztagsbetreuungskräfte qualifiziert, eine Schule von der Ganztagsbetreuung zur Ganztagsschule entwickelt und die Ferienbetreuung.
Dabei war auch Mächtle. „Es gibt noch viel zu tun“, weiß sie. „Wir stehen erst am Anfang.“ Wichtig sei, dass man sich auf den Weg gemacht habe. Sie gehe davon aus, dass etwas auf die Beine gestellt werde, mit dem „man arbeiten kann“, so die Schulleiterin. Doch die Zeit bis August 2026 werde schnell vergehen – und Konzepte auf dem Papier seien zwar schnell ausgearbeitet. Doch die Herausforderung werde dann sein, diese auch umzusetzen und genügend Personal zu finden. Und qualitativ hochwertiges Personal, das auch Projekte durchführen kann und pädagogische Arbeit leiste, sei noch schwieriger zu gewinnen. Das sehe man ja schon bei Kitas und Ganztagsschulen, sagt Mächtle.
Betreuung am Nachmittag auch für Deutschkenntnisse sinnvoll
Insgesamt fangen in der Gräfenauschule pro Jahrgang zirka110 Schülerinnen und Schüler an. Zwar werden nicht alle Eltern die Ganztagsförderung in Anspruch nehmen, doch Mächtle beobachtet, dass immer mehr Eltern den Wunsch danach äußern. Die Nachfrage nehme zu. Auch die Stadt erwartet insgesamt eine hohe Nachfrage, die sich wohl je nach Standort unterschiedlich stark ausprägen wird. In der Spitze erwartet sie zirka 85 Prozent Inanspruchnahme.
Auch bei den fehlenden Deutschkenntnissen vieler Kinder an der Gräfenauschule bietet die Ganztagsförderung zukünftig eine Chance. „Da ist nicht einmal unbedingt Nachhilfe nötig“, erklärt Mächtle. Es reiche schon, wenn sie auch nachmittags von der deutschen Sprache umgeben seien. Daheim sprechen viele Eltern mit ihren Kindern in der Muttersprache – „das kann ich auch total nachvollziehen“, so Mächtle. Doch äußern auch immer mehr Eltern ihr gegenüber den Wunsch, dass ihre Kinder schneller und besser Deutsch lernen. Eine Betreuung am Nachmittag könne da hilfreich sein.
Die Gräfenauschule ist außerdem eine Schwerpunktschule – das heißt, sie setzt Inklusion in der Schule um. Es werden zirka 51 Kinder mit Förderbedarf, Lern- und ganzheitlichen Entwicklungsstörungen, und ein paar Kinder mit Seh- und Hörbeeinträchtigung in den Regelklassen mit unterrichtet. Auch für sie gilt dann ab August 2026 der Anspruch auf Ganztagsförderung. Bei den Kindern, die eine Schulbegleitung bekommen, müsse diese dann auch in die Ganztagsförderung mitkommen.
Ein Projekt der externen Bildungsträger läuft bereits, auch an der Gräfenauschule. Im Projekt „MINT & mehr“ können Grundschulkinder nachmittags eigene Experimente rund um Technik und Naturwissenschaften durchführen. Mächtle ist zufrieden mit dem Projekt. Doch halte sie es nicht für realistisch, dass die Projekte flächendeckend die Ganztagsförderung am Nachmittag übernehmen könnten. Dafür muss ein anderes Konzept her.
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