Auswanderer aus der Region

Wie eine Mannheimerin in der Wildnis ein neues Zuhause gefunden hat

Die Mannheimerin Claudia Schnell hat sich in Südafrika ein neues Leben als Rangerin aufgebaut. In dieser Zeit hat sie viel gelernt, über sich selbst und die Menschen und den Kreislauf des Lebens. In Südafrika hat sie viel vor

Von 
Agnes Polewka
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Mannheim/Hoedspruit. Wenn Claudia Schnell über Südafrika spricht, geht es um elementare Dinge. Um die Erde und das Wasser darin. Aber auch um die Frage danach, wie wir leben wollen und um unseren Platz in der Welt. Seit 15 Jahren lebt die Mannheimerin in Südafrika, in Hoedspruit, nur eine Fahrstunde vom berühmten Krüger National Park entfernt. In dieser Zeit hat sie viel gelernt, über sich selbst und die Menschen um sie herum, über Verbundenheit und den Kreislauf des Lebens.

Ihre Reise beginnt 2007. Claudia Schnell ist gelernte Fotografin, arbeitet in einer Immobilienverwaltung. Als ihr Chef die Firma verkauft, will Schnell sich eine Auszeit gönnen, bevor sie sich eine neue Stelle sucht. Sie bucht einen Flug nach Johannesburg. 1991 war sie zum ersten Mal mit ihrer Familie im Busch. Nun zieht es sie wieder dorthin. Diesmal will sie aber mehr. Länger bleiben, tiefer eintauchen, mehr verstehen. Sie macht einen Rangerkurs. Lernt etwas über die Lebensweise der Tiere. Über die Vögel, die Insekten und natürlich die Big Five, die Großen Fünf: Elefant, Löwe, Büffel, Nashorn und Leopard. Über die Bäume, die Sträucher, die Erde. Und sie lernt viel über die Menschen.

Claudia Schnell

  • Claudia Schnell, bietet in einem privaten Wildschutzreservat in der Nähe des kleinen Örtchens Hoedspruit unweit des bekannten Krüger Nationalparks verschiedene Safari-Touren in deutscher Sprache an. Infos unter: www.claudiaschnell.com/de
  • Zusammen mit Freunden in Südafrika und in Deutschland, hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, Frauen und behinderte Menschen in den umliegenden Dörfern zu unterstützen.
  • Mehr dazu unter: www.akani-suedafrika.de

Claudia Schnell taucht ein, in dieses wilde südafrikanische Leben, begegnet Männern und Frauen, die zu ihren Wegbegleitern werden. Und sie bekommt ein Jobangebot. „Das war der Moment, in dem ich mir dachte: Weißt du was, in Deutschland muss ich mir ohnehin eine neue Arbeit suchen. Warum also nicht?“, erinnert sich die heute 52-Jährige am Telefon. 15 Jahre später.

Sie probiert sich aus, arbeitet als Rangerin und führt Menschen auf dem Pferd in den Busch. „Wenn du auf dem Pferd sitzt und in die Big Five hineinreitest, das Verhalten der Tiere unter einander beobachten und ein Teil dessen sein darfst, ist das eine sehr beeindruckende Erfahrung.“

Reisebüros abgeklappert

2011, vier Jahre nach ihrer Ankunft in Südafrika, macht sich Claudia Schnell selbstständig. Zunächst vermittelt sie Volontäre an verschiedene Projekte, begleitet sie, unterstützt junge Menschen, die es nach der Schule in die Ferne drängt. Und: Sie arbeitet an einem Konzept für ihre eigenen Safaris.

Die Fotografin stellt Bilder zusammen, bastelt einen Flyer und kehrt nach Deutschland zurück. Vier Wochen lang fährt sie zwischen Berlin und München hin und her, klappert Reisebüros ab, die auf den afrikanischen Kontinent spezialisiert sind. Schnell hat Erfolg, ihre Safaris finden sich nun in den Katalogen der Reiseanbieter.

Im Juli 2012 begrüßt Claudia Schnell „ihre“ ersten Gäste. Sie mietet eine Lodge in einem der großen privaten Wildreservate an. „Ich liebe diese Gegend und habe in den vergangenen Jahren mit drei unterschiedlichen Familien zusammengearbeitet, die dort Ferienhäuser haben. Keine Ferienhäuser im herkömmlichen Sinn, sondern wirklich sehr schicke Lodges“, sagt Schnell. Morgens und abends fährt sie mit den Gästen in den Busch. Liest mit ihnen Fährten aus und öffnet ihre Sinne. Für die Stille und die Gerüche der Wildnis, für alles Sichtbare - und Unsichtbare. „Diese Dinge zu sehen und zu spüren, zeigt uns, wie wichtig wir in diesem Kreislauf sind - oder eben auch wie unwichtig. Das vergessen wir im Alltag oft“, sagt schnell. Einen neuen Blick, eine veränderte Perspektive auf sich und die Welt, die will sie ihren Gästen mitgeben.

Aber es ist nicht nur das Land mit seinen Naturgewalten und dem gleißenden Sonnenlicht, das Claudia Schnell so fasziniert. Es sind vor allem die Menschen, sagt sie. „Es gibt hier sehr viele Männer und Frauen, die in komplett anderen Schuhen aufgewachsen sind als wir in der ersten Welt.“

Etwa die Köchin, die sie in der Lodge unterstützt oder „ihre Mädels“, die die Gästezimmer sauber halten. Frauen, die singen und lachen, während sie harte Arbeit verrichten. Diese Lebensfreude ist inzwischen ein fester Bestandteil in Claudia Schnells Leben. Etwas, das sie nähren will. Die 52-Jährige hat deshalb mit Freunden in Südafrika und Deutschland zwei Vereine gegründet, um Frauen, Kinder und behinderte Menschen in ihrer neuen Heimat zu unterstützen: Aka’Ani NPC in Südafrika und Akani-Südafrika e.V. in Deutschland.

Warme Mahlzeit für Kinder 

Akani bedeutet in Xitsonga (Shangaan) „gemeinsam bauen“. Und genau das tut Schnell mit den Menschen vor Ort. Gemeinsam haben sie Gemüsegärten und eine Geranienplantage angelegt. Mit 45000 Pflanzen, aus denen die Frauen im Dorf ätherische Öle gewinnen, die in die Kosmetikindustrie wandern. Ein sicheres Auskommen für die Frauen.

Schnell hat außerdem einen Hektar Land von einem Zitrusfarmer übernommen und das erste von drei baufälligen Häusern darauf renoviert. Hier soll eine Schule entstehen, und ein Ort an dem Kinder ein Mal am Tag eine warme Mahlzeit bekommen. Vielleicht auch ein Kindergarten, noch ein Gemüsegarten. Und: Mit einem neuen Safariprogramm, ihrer „Volunteer Safari“, bringt sie Menschen aus Deutschland, die helfen wollen, in ihren Projekten unter. Eine Mischung aus Urlaub und sozialem Engagement sozusagen. „Ich kann meine Füße einfach nicht still halten“, sagt Schnell und lacht. Füße, die inzwischen auch in ein anderes Paar Schuhe hineingewachsen sind.

Redaktion

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