Wichtiger denn je

Von 
Bernhard Zinke
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© Manfred Rinderspacher

Ja, dieser Freiwilligentag am Samstag hat keine Rekorde gebrochen. Die Zahlen der Teilnehmer und angemeldeten Projekte lagen knapp über der Corona-Ausgabe des Ehrenamtstages vor zwei Jahren. Rund 300 Aktionen in 60 Städten waren es diesmal am Ende. Aber die meisten Projekte, die angemeldet waren, haben ihre Helfer gefunden. Geschätzt rund 5000 haben am Ende mit für die gemeinnützige Sache angepackt. Damit waren es 2500 weniger als 2018. Es gibt dennoch keinen Grund, einen Abgesang auf dieses Event anzustimmen. Der Freiwilligentag ist gerade in Zeiten wie diesen wichtiger denn je.

Den öffentlichen Fokus auf das Ehrenamt zu richten, ist angesichts des Mitglieder- und Helferschwunds bei den Vereinen in und nach der Pandemie so notwendig wie nie zuvor. Wo lässt sich denn sonst einfach mal so hineinschnuppern ins Vereinsleben, in angenehme Gemeinschaften, die sich gemeinsam für ein Hobby engagieren? Sicher waren am Samstag – wie schon während der Freiwilligentage zuvor – vor allem die Vereinsfamilien unterwegs, um zusammen ihre Unterkünfte auf Vordermann zu bringen, zu werkeln und zu pinseln. Aber der eine oder andere ist dann doch zum ersten Mal dazugestoßen und hat vielleicht Appetit bekommen, sich längerfristig zu engagieren. Beispielgebend sei hier der Beschwerdechor in Heidelberg genannt, der sich 2014 aus einem Freiwilligentag-Projekt entwickelt hat und immer noch seine klingenden Stimmen erhebt.

Nachdenkenswert ist allerdings der Termin. Der war diesmal nicht ganz so glücklich gewählt. Am Samstag fand nämlich in Baden-Württemberg der zentrale Einschulungstag für die Erstklässler statt. Damit sind schon mal jede Menge junger Familien für den Freiwilligentag verloren gewesen. Aus dieser Klientel rekrutieren sich schließlich nicht wenige Engagierte, die in den Vereinen mitanpacken.

Auch dürfte die noch immer nicht ausgestandene Pandemie eine Rolle für manche Zurückhaltung gespielt haben. Die Ansteckungsgefahr ist halt immer noch immens. Das zeigen explodierende Infektionszahlen nach Volksfesten in der Region. Worms ist beispielsweise nach seinem Backfischfest binnen eines Tages vom niedrigsten auf den höchsten Wert des Landes geschossen. Klar, dass sich da manche Einrichtungen zurückhalten, Helfer ins Haus zu lassen.

Dass die Region einmal mehr den Fokus aufs Ehrenamt gelegt hat, war gut. Es lohnt immer, den Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält, aufs Neue anzurühren.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

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