Hockenheim. Seit Donnerstag darf sich der 31-jährige Elektrotechnik-Student Marcel Paul in eine Reihe mit dem ehemaligen Leichtathletik-Superstar Usain Bolt stellen. Denn Paul krönte sich am Hockenheimring - genau wie der jamaikanische Ausnahmesprinter - zum Weltrekordhalter in drei unterschiedlichen Geschwindigkeitsdisziplinen.
Der Unterschied jedoch: Bei Pauls fabelhaften Rekorden sind vier Räder im Spiel und der Speed ist um einiges höher. Zudem geht es bei dem Tüftler aus dem hessischen Gedern um einiges kurioser zu: Er modifiziert mit Fachleuten der Uni Fulda Bobby-Cars und verwandelt diese in Rennmaschinen.
31-Jähriger setzt auf Tempo
Am Hockenheimring wollte er sich nun den Geschwindigkeitsrekord für einen modifizierten Bobby-Car mit E-Antrieb holen - die Bestmarken für ein modifiziertes ohne Antrieb (130 Stundenkilometer) und ein klassisches Bobby-Car mit Kunststoffbereifung (106 Stundenkilometer) hatte er sich bereits 2022 an anderer Stelle ergattert.
Nun sollte der Hochgeschwindigkeitsabschnitt „Parabolika“ auf dem Hockenheimring Schauplatz zur Vollendung von Marcel Pauls „Hattrick“ werden. Mit großer Medienpräsenz, Unterstützung von Familie, Freunden und des deutschen Bobby-Car-Clubs, hatte der 31-Jährige drei Versuche, die bisherige Rekordgeschwindigkeit von 66 Stundenkilometern zu übertreffen.
Mit dem Ziel von 140 Stundenkilometern nahm sich Paul vor, diese Bestmarke nicht nur zu übertreffen, sondern zu pulverisieren. Doch der Versuch sollte zunächst einen dramatischen Verlauf nehmen. Vom Hockenheimring erhielt Paul ein zweistündiges Zeitfenster, von 18 bis 20 Uhr, da die Strecke aufgrund der Lichtverhältnisse nicht länger freigegeben ist und direkt vor dem geplanten Rekordvorhaben noch Testfahrten im Motodrom stattfanden.
Zeitfenster wird zum Problem
Das hohe Medieninteresse mit Interviews und Filmaufnahmen verzögerte zunächst den Beginn der finalen Vorbereitungen. Wertvolle Zeit verging, bis der komplette Tross aus Presse und Rennteam überhaupt auf die Strecke ging. Erst eine Stunde vor der Deadline begann Paul persönlich den Bereich für die Messung seiner Höchstgeschwindigkeit abzustecken. Dieser war 100 Meter lang und befand sich mitten auf der „Parabolika“.

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„Wir haben sehr, sehr viele Testläufe durchgeführt - allerdings nicht hier im Motodrom. Ich bin schon etwas aufgeregt, einige Faktoren wie die Aerodynamik oder der Grip des Fahrbahnbelags sind heute entscheidend“, ließ der hessische Student wissen, kurz bevor er sich mit dem modifizierten Gefährt zu seinem Anfangspunkt an der Start/Ziel-Linie des Hockenheimrings begab. Knapp 40 Minuten waren es da noch bis zum Ende des Zeitfensters.
Lose Gummiteile auf der Rennstrecke
Noch kein Grund nervös zu werden, jedoch hatte Udo Bizenberger - Sicherheitskoordinator beim Hockenheimring - die Strecke noch nicht freigegeben. Lose Gummiteile von den vorherigen Testfahrten verteilten sich noch im Abbremsbereich und mussten zunächst aufgesammelt werden - weitere zehn Minuten vergingen.
Und dann wurde es still rund um den relevanten Streckenabschnitt - bis auf das Krächzen einiger Raben und den Funkkontakt zum Startpunkt. Alle warteten gespannt auf den ersten Testversuch. Bizenberger hatte die Strecke längst freigegeben, doch der rasende Bobby-Car ließ auf sich warten. Als Paul dann endlich gegen 19.45 Uhr mit seinem Rennwagen angerast kam, die Geschwindigkeitsmessung ihren Dienst tat und der Pilot ohne Schwierigkeiten abbremsen konnte, erschien auf der Messanzeige das Ergebnis: 148,45 Stundenkilometer - Volltreffer.
Doch dies war nur der Testversuch und offiziell sollte dieser eigentlich noch nicht zählen. Also ließ sich Paul nochmals in den Start/Ziel-Bereich fahren. Gleiches Spiel: Der Student nahm vom Motodrom aus Fahrt auf, fuhr in die Parabolika ein und die Anzeige sollte dann den neuen Rekord offiziell bestätigen.
Institut überwacht Rekordversuch
Doch plötzlich der Schock: Es waren keine Zahlen zu sehen, die Technik hatte versagt - sieben Minuten vor der Schließung der Strecke. Nun musste alles schnell gehen, um noch einen weiteren Versuch vor 20 Uhr hinzubekommen. Es sollte jedoch zu einem Happy-End kommen: Der 31-Jährige fuhr rechtzeitig in den messungsrelevanten Bereich ein - diesmal mit 148,04 Stundenkilometern einen Bruchteil langsamer als bei der Testfahrt. Doch der Jubel war groß, der Rekord geknackt.
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Offiziell bestätigt wurde dieser von Laura Kuchenbecker, die als Vertreterin des Deutschen Rekordinstituts (RID) vor Ort war. Dabei ließ sie sogar die Geschwindigkeit des Testversuchs gelten: Marcel Paul hält nun die Speed-Bestmarke von 148,45 Stundenkilometern mit einem Bobby-Car mit E-Antrieb.
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