Weinheim

Weinheimer Prozess um falsche Maskenatteste vertagt - Demo für angeklagte Ärztin

Eine Weinheimer Ärztin soll mehr als 4000 falsche Maskenattests ausgestellt haben. Heute sollten am Amtsgericht die Plädoyers erfolgen. Doch dazu kam es nicht

Von 
Iris Kleefoot
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Rund 100 Personen versammelten sich am Montag vor dem Weinheimer Amtsgericht, um Freispruch für die angeklagte Ärztin zu fordern. © Philipp Reimer

Weinheim. Großes Polizeiaufgebot und viele Demonstranten vor dem Amtsgericht Weinheim. Sie forderten den Freispruch einer in Weinheim niedergelassenen Ärztin, der vorgeworfen wird, während der Corona-Pandemie in 4374 Fällen „falsche“ Maskenatteste ausgestellt zu haben – und zwar ohne die Patienten gesehen oder eine Diagnose gestellt zu haben. Zu einem Urteilsspruch kam es am Montag allerdings nicht. Weil beide Verteidiger sich gesundheitlich nicht in der Lage sahen, ihr Plädoyer zu halten, musste die Verhandlung vor dem Schöffengericht vertagt werden. Neuer Termin ist der 2. Januar.

Ivan Künnemann, Rechtsanwalt der Allgemeinmedizinerin und auch bekannt als Bevollmächtigter des umstrittenen Sinsheimer Corona-Rebellen Bodo Schiffmann, hatte zuvor noch versucht, zu plädieren, dann aber mit dem Hinweis auf seine schlechte körperliche Verfassung abgebrochen. Nicht so die Heidelberger Rechtsanwältin Beate Bahner, die eine ebenfalls angeklagte Angestellte der Ärztin vertritt. Sie hatte bereits in einem kurzen Vorgespräch mit der vorsitzenden Richterin Eva Lösche erklärt, sie sei wegen Krankheit verhandlungsunfähig.

Vor und während der nur wenigen Minuten dauernden Verhandlung versammelten sich über 100 Unterstützer der Weinheimer Ärztin vor dem Gerichtsgebäude. Weniger lautstark als beim ersten Verhandlungstag im November, demonstrierten sie erneut friedlich und mit Plakaten für „Freiheit für die Menschlichkeit“ und gegen „Korruption“ sowie die „Verschwendung von Steuergeldern“. Auf einem Schild stand: „Wann sperrt ihr die tatsächlichen Verbrecher ein?“ Außerdem bekräftigten sie die These, wonach Masken krank machen. Das war auch die Argumentation der angeklagten Ärztin, die die Vorwürfe zwar grundsätzlich einräumte, sich aber auf das „Genfer Gelöbnis“, eine Deklaration des Weltärztebundes, berief, in dem es heißt: „Ich werde, selbst unter Bedrohung, mein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten anwenden.“ In ihrer kämpferischen Einlassung hatte sie bereits im November die aus ihrer Sicht schädlichen Auswirkungen des Maskentragens angeführt – physisch wie psychisch. „Masken sind eine massive Einmischung in die körperliche Unversehrtheit“, sagte sie. Aus Sicht der Psychoneuroimmunologie wäre das Tragen von Masken ein „Supergau“.

Die Staatsanwaltschaft Mannheim fordert eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, darüber hinaus ein dreijähriges Berufsverbot. Das hohe Strafmaß – das Strafgesetzbuch sieht in diesen Fällen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren vor – begründet die Staatsanwaltschaft mit der großen Menge an Attesten, die auf eine kriminelle Energie schließen lasse. Außerdem führte die Anklage die „geschäftsmäßige Vorgehensweise eines lukrativen Geschäftsmodelles“ ins Feld. Immerhin flossen für den Zeitraum von Mai 2020 bis Ende Januar 2021 exakt 28 410,21 Euro auf das Privatkonto der Ärztin. Vor Gericht steht außerdem eine Angestellte der Ärztin. Ihr wird Beihilfe vorgeworfen.

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