Messerattacke - Prozess um versuchten Totschlag in Hockenheim

Wegen Affäre der Freundin ausgerastet?

Von 
Simone Jakob
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Rhein-Neckar. Mit ruhiger Stimme berichtet der junge Mann auf der Anklagebank von seinem Hauptschulabschluss, einem freiwilligen sozialen Jahr in der Krankenpflege, seiner Ausbildung zum Koch und dem ersten eigenen Lokal. Dann erzählt er von den Angstzuständen, die ihn in Stresssituationen überrollen und von der großen Wut, als er davon erfuhr, dass ihn seine geliebte Freundin an Heiligabend 2011 in der gemeinsamen Wohnung mit einem guten Bekannten betrogen hatte. Seit gestern muss sich Marcel B. (alle Namen von der Redaktion geändert) wegen versuchten Totschlags vor dem Mannheimer Landgericht verantworten, weil er seinen Nebenbuhler in Hockenheim mit einem 30 Zentimeter langen Küchenmesser angegriffen haben soll. In der Anklage ist von einem "wuchtigen Stich" und von einem "zumindest bedingten Tötungsvorsatz" die Rede. "Den objektiven Sachverhalt räumt mein Mandant so ein", schickt Verteidiger Jens Klein vorweg.

Drohungen bei Facebook

Die 17 Jahre alte Lisa hatte der 25-Jährige im Gasthaus seiner Eltern kennengelernt, wo er eine Ausbildung zum Koch absolvierte und sie Praktikantin war. "Wir haben uns gut verstanden und sind nach zwei Monaten zusammengezogen", sagt er. Doch dann habe sie eine Affäre mit einem anderen Lehrling angefangen und er habe sie verlassen. "Sie schildern das als normale Trennung, aber tatsächlich war das Ganze viel dramatischer und endete mit einem Strafverfahren", geht der Vorsitzende Richter Ulrich Meinerzhagen dazwischen. So habe Marcel B. seinen Konkurrenten über das soziale Netzwerk Facebook so massiv bedroht, das dieser seine Lehrstelle aufgab und sich von Lisa distanzierte. "Damals haben Sie genauso reagiert, wie es ihnen in diesem Prozess vorgeworfen wird, es ist nur deshalb nicht zu Gewalt gekommen, weil der junge Mann das Weite gesucht hat", sieht der Vorsitzende Parallelen.

"Nach zwei Monaten waren wir wieder zusammen, im August habe ich mein eigenes Lokal übernommen und Lisa hat als Bedienung bei mir gearbeitet", erzählt der Mann im dunklen Anzug weiter. "Unsere Beziehung lief sehr gut, ich habe nichts Schlechtes erwartet." Während er den Heiligabend mit seinen Eltern verbrachte und am ersten Feiertag direkt zur Arbeit fuhr, feierte Lisa mit Freunden in der gemeinsamen Wohnung. "Abends nach der Arbeit kam ein guter Kumpel bei mir im Lokal vorbei und hat mir erzählt, dass sie mich während der Party mit Lars betrogen hat - ich war schockiert."

Mit Handymitteilungen wie "Ich schlitz' Dir die Kehle auf" oder "ab heute ist Vendetta" und "Du bist tot" - die Meinerzhagen vorliest - habe der Angeklagte seinen Kontrahenten massiv bedroht. "Als er zurückgeschrieben hat, dass ich meine Probleme nicht zu seinen machen soll, ist bei mir ein Fass übergelaufen. Ich habe ein Messer eingesteckt und bin zum Haus von Lisas Eltern nach Hockenheim gefahren, wo ihre Schwester Geburtstag feierte. Vielleicht wollte ich ihm einen Denkzettel verpassen, töten wollte ich ihn nicht", sagt B. Er habe sich mit Lisa gestritten, und als Lars und andere Partygäste in den Garten kamen und auf ihn einbrüllten, habe er zugestochen. "Danach wurde mir schlagartig klar, dass ich Mist gebaut habe."

"Er rannte mit dem Messer in der Hand direkt auf mich zu", erinnert sich das Opfer, das die Attacke abwehren konnte. "Er zielte auf meinen Brustkorb und hatte einen aggressiven und irgendwie leeren Blick." Der Prozess geht heute weiter, das Urteil soll am Montag fallen.

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