Oberzent. Feigen machen sich auch hierzulande immer mehr breit. Allerdings bisher eher in wärmeren Regionen als im Odenwald. Doch die Mittelmeer-Frucht kann mehr. Tobias Kabel aus dem Sensbachtal in Oberzent beweist das. Er hat inzwischen 400 verschiedene Sorten in seinem Besitz. Vor kurzem führte er die nach eigenen Angaben „größte Feigen-Verkostung nördlich der Alpen“ durch. Mit 311 Sorten.
Kabel säte im Sommer 2017 spaßeshalber die Kerne einer Supermarktfeige aus. „Ich war total verwundert, als diese keimten, und habe mich etwas tiefer in die Materie Feige eingearbeitet“, erzählt er. Im November desselben Jahres bewurzelte er dann meine ersten Steckhölzer – und es passierte: „Das Feigenvirus hat mich voll erwischt.“ Der Unter-Sensbacher startete mit YouTube-Videos rund um das Thema Garten, Handwerk, Kochen und natürlich Feigen.
Kabels Feigenzucht läuft „hobbymäßig“ neben dem Steinmetzbetrieb
Das Feigenfieber packte ihn so heftig, dass er anfing, Sorten zu sammeln. Unter den aktuell 400 verschiedenen befinden sich auch mehrere besondere etwa mit gestreiften Früchten. Im Sommer 2020 wagte er den Schritt, eine kleine Feigenbaumschule zu eröffnen, die erste in Hessen: „Tobis Feigen“. Die läuft „hobbymäßig“ neben seinem Steinmetzbetrieb.
„Natürlich kann man nicht einfach eine Baumschule eröffnen“, berichtet Kabel. Beim Pflanzenschutzdienst beantragte er die Zulassung und erhielt sie nach einer Betriebsprüfung. Nun darf er selbst Pflanzenpässe ausstellen sowie EU-weit online verkaufen und versenden. Mittlerweile hat sich aus den Anfängen ein europaweit bekanntes Ereignis entwickelt: das Feigentreffen.
Zum fünften Mal lud der leidenschaftliche Feigenzüchter, den seine Mitstreiter liebevoll den „Feigenkaiser“ nennen, in den Odenwald ein – und stellte mit anderen Feigenverrückten einen Rekord auf. 311 verschiedene Sorten wurden präsentiert und verkostet. Damit dürfte es die größte Ausstellung dieser Art nördlich der Alpen gewesen sein, betont er. „Das war der Wahnsinn“, erklärt Kabel.
Feigenausstellung mit Früchten von verschiedenen Standorten
Die Vorbereitungen begannen bereits eine Woche zuvor. Hunderte Feigenbäume an verschiedenen Standorten wurden sorgfältig beerntet. Insgesamt kamen 18 große Taschen voller Früchte zusammen. Jede Sorte wurde katalogisiert und beschriftet – eine logistische Meisterleistung, die bis tief in die Nacht andauerte.
Unterstützt wurde Kabel von zahlreichen Feigenfreunden aus ganz Deutschland. Besonders hebt er Silvan Rehberger, David Fischer und Felix Möller hervor, die den größten Teil der Feigen zusammentrugen und präsentierten. Auch Marc Müller und viele weitere Sammler steuerten ihre Schätze bei.
Neben der beeindruckenden Sortenvielfalt war es vor allem die Gemeinschaft, die das Treffen ausmachte. „Es war ein großartiges Miteinander, ein Wiedersehen mit Freunden und das Kennenlernen neuer Feigenliebhaber“, schwärmten Teilnehmer. Ob winzig klein oder faustgroß, ob grün, violett oder fast schwarz – die über 300 Sorten zeigten eindrucksvoll die Vielfalt.
Auch geschmacklich war die Bandbreite riesig: von honigsüß bis erfrischend fruchtig. „Darauf können wir als Feigen-Community sehr stolz sein“, betont Kabel, der mit dem Feigentreffen den Odenwald auf die Landkarte der europäischen Feigenszene gesetzt hat.
Infos und Social Media
Homepage: www.tobis-feigen.de
Youtube: Tobias Kabel
Instagram: tobis_feigen
Wie gedeihen Feigen im Odenwald? Der Fachmann hat dazu ein paar Tipps: In Baumärkten oder sogar beim Discounter werden oft sehr günstige Früchte angeboten. Das klingt verlockend, „ist aber leider wie ein Lotteriespiel“, erläutert er. Meist handle es sich dabei um spanisches Plantagen-Material, das hierzulande kaum ausreife, warnt Kabel. Zudem wisse man nie, welche Sorte man tatsächlich bekommt.
Besser ist es seiner Erfahrung nach, ein paar Euro mehr in die Hand zu nehmen und bei einer richtigen Baumschule zu kaufen. Auch dort sollte man darauf achten, ob lediglich weiterverkauft oder wirklich selbst erzeugt wird. Er selbst ist Urerzeuger: „Alle von mir angebotenen Sorten wachsen vor Ort.“ Sie haben bereits Früchte getragen und werden von ihm direkt vermehrt. Und das komplett regional, „was mir besonders wichtig ist“.
Es gibt rund 700 selbstfruchtende Feigensorten
Alle Sorten sind selbstfruchtbar und haben bei ihm nachweislich schon getragen, versichert der Feigenfachmann. Es gibt rund 700 selbstfruchtende Feigensorten, die sich in Geschmack, Farbe und Größe stark unterscheiden. Für den Odenwald haben sich nach seiner Erfahrung besonders bewährt: Brown Turkey, Ronde de Bordeaux, Tobis Michelstadt, Michurinka-10 und viele weitere.
Feigen werden vegetativ vermehrt – also über Steckhölzer und nicht über Aussaat, erläutert er. Je sonniger, desto besser, ist sein Standort-Tipp. Windgeschützt ist ebenfalls von Vorteil, etwa an einer nach Süden ausgerichteten Hauswand.
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