Dossenheim. „Ich werde aus Offenstall und Koppel ein neues Alcatraz machen, damit so etwas nicht mehr passieren kann“, sagt Annkathrin Gehrig entschlossen. Außerdem denkt die Pferdebesitzerin, die zwei eigene Tiere und die Stute einer Freundin auf einem Gelände im Dossenheimer Ortsteil Schwabenheimer Hof hält – über regelmäßige Patrouillengänge nach. Hintergrund sind die schweren Verletzungen, die die Stute ihrer Freundin im Genitalbereich erlitten hat. Wie diese entstanden sind, ist nach Angaben der Polizei noch unklar.
Vor einer Woche hat Gehrig beim Besuch in ihrem Offenstall Blut auf dem Boden entdeckt. „Ich habe natürlich sofort alle Pferde gecheckt und intuitiv den Schweif von My Lady angehoben. Dabei habe ich die schrecklichen Wunden gesehen und sofort meine Tierärztin und die Polizei angerufen“, erzählt sie. Der erste Satz der Veterinärin beim Anblick der blutenden Wunden sei gewesen: „Genau wie im Gorxheimertal.“ Dort waren nach Angaben der Polizei Südhessen unbekannte Täter Ende Dezember in einen Stall eingedrungen und hatten eine Stute am Hinterbein und an der Scheide verletzt.
„Nach bisherigen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass die Verletzungen vorsätzlich zugefügt wurden“, sagt Polizeisprecher Sebastian Trapmann vom Polizeipräsidium Südhessen. Deshalb habe die Polizei in Wald-Michelbach ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und suche Zeugen. Bislang hätte sich noch niemand gemeldet. Man stehe auch im engen Austausch mit den Kollegen in Mannheim, die den Dossenheimer Fall bearbeiteten. Länderübergrenzendes Arbeiten sei ohnehin Standard.
Veterinäramt eingeschaltet
Für Annkathrin Gehrig und ihre Freundin steht fest, dass auch die hochbeinige dunkelbraune Stute My Lady vorsätzlich verletzt worden ist: „Wenn sich Pferde gegenseitig beißen, sind die Wundränder gezackt. Hier sind sie so glatt, als ob man mit einem Messer durch Butter geschnitten hätte“, erzählt die Lehrerin. Auch die Tierärztin sei überzeugt, dass die Wunden der Stute mit einer Klinge zugefügt worden sind.
„Die Amtsvetererinäre des Rhein-Neckar-Kreises sind dabei, die Verletzungen zu beurteilen, aber die Ergebnisse liegen uns noch nicht vor“, berichtet der Mannheimer Polizeisprecher Michael Klump auf Anfrage. Zunächst müsse man ganz sicher sein, dass die Verletzungen des Tieres durch Fremdeinwirkung entstanden sind, oder ob sich die Stute möglicherweise selbst an einem scharfen Gegenstand verletzt hat. „Erst dann wissen wir, ob es einen Täter gibt.“ Auch der Arbeitsbereich Gewerbe und Umwelt habe die Ermittlungen aufgenommen.
Für Gehrig ist noch etwas merkwürdig: „Alle drei Pferde waren an jenem Nachmittag ungewöhnlich müde. Normalerweise werde ich sofort nach Leckerlis abgesucht, wenn ich in den Stall komme. Außerdem hat My Lady eine flinke Hinterhand. Bei Hufschmied-Terminen müssen wir sie immer sedieren, weil er sonst seine Arbeit nicht machen kann.“ Möglicherweise seien die Tiere betäubt worden. „Die Blutproben sind eingeschickt, aber ein Ergebnis haben wir noch nicht“, sagt sie.
Im vergangenen Sommer hatten sich in der Region Straftaten gehäuft, bei denen Pferde auf Koppeln und in Stallungen verletzt wurden. Fälle gab es etwa in Heidelberg-Pfaffengrund, Plankstadt, Neckargemünd-Dilsberg, Heddesheim-Muckensturm und Wiesloch. Damals hatte das Polizeipräsidium Mannheim die Ermittlungsgruppe „Koppel“ eingerichtet und mehrere Informationsveranstaltungen organisiert. „Ich habe alle besucht und war der Meinung, dass meine Pferde hier sicher sind“, sagt Gehrig. Tatsächlich liege das von ihr gepachtete – etwa einen Hektar große – Gelände direkt hinter dem Ortsschild an der Hauptstraße. „Das Haus des Eigentümers ist neben dem Stall, gegenüber gibt es einen Reitplatz, auf dem regelmäßig Unterricht stattfindet, und das Gelände der Müllentsorgung ist auch nebenan“, erklärt sie.
Über die Koppel getobt
Außerdem sei das sportliche Springpferd mitten am Tag attackiert worden. „Als die Reitbeteiligung gegen 11 Uhr den Stall verlassen hat, war noch alles in Ordnung. Doch als ich gegen 13 Uhr gekommen bin, war My Lady schwer verletzt.“ Der Täter müsse also ein großes Risiko eingegangen sein, mitten am Tag zu den Pferden zu gehen. Um diese Zeit spiele „Mimi“ meistens mit dem Wallach der Gruppe. „Vielleicht hat jemand beobachtet, wie die anmutige Stute über die Koppel tobt und ist dabei auf komische Gedanken gekommen.“
Die drei Tiere künftig in einem geschlossenen Stall unterzubringen ist für Annkathrin Gehrig keine Option: „Unsere Pferde sind die Freiheit gewöhnt, deshalb werden wir sie niemals einsperren. Aber die Sicherheitsvorkehrungen wollen wir definitiv erhöhen.“
Sicherheitstipps
- Weil in der Rhein-Neckar-Region im Sommer sieben Stuten und Fohlen verletzt wurden, hatte das Polizeipräsidium Mannheim die Ermittlungsgruppe Koppel eingerichtet und Infoveranstaltungen organisiert.
- Die Beamten raten unter anderem, Kameras zu installieren und Schilder aufzuhängen, die auf diese hinweisen. Auch Bewegungsmelder, doppelte Zäune, die den Zugang zum Areal erschweren und „Wachhunde“ wie Ziegen oder Gänse sind sinnvoll.
- Zudem sollte man die Umgebung des Stalls beobachten, sich Kennzeichen von verdächtigen Wagen notieren und auffällige Personen direkt ansprechen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-tierquaeler-in-dossenheim-unterwegs-_arid,1741210.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html