Stuttgart/ Mannheim. Es wirkt ein wenig wie der Schlussapplaus. Wenige Monate vor dem Abschied aus der baden-württembergischen Landesregierung nimmt Theresia Bauer noch einmal, ein insgesamt viertes Mal, die Ovationen der Hochschulen entgegen: Sie wird erneut zur "Wissenschaftsministerin des Jahres" gekürt. Der Deutsche Hochschulverband (DHV/Bonn) bewertete die hochschul- und wissenschaftspolitischen Leistungen der 56-Jährigen mit der Note 2,86 - besser als alle anderen deutschen Ressortchefs. Bauer sei vor allem verlässlich und sehr verbindlich, lobte der Verband.
Die Heidelbergerin, die im September ihr Amt aufgeben und in die Kommunalpolitik ihrer Heimatstadt wechseln will, verwies Vorjahressieger Armin Willingmann (SPD) aus Sachsen-Anhalt (Note: 2,88) im Ranking denkbar knapp auf Platz zwei. An der Online-Befragung des DHV nahm etwa jedes zehnte der 33 000 Mitglieder des Verbandes teil. Wie Schulnoten konnten Bewertungen auf sechs Stufen von "ideale Besetzung" (Note 1) bis "denkbar schlechteste Besetzung" (Note 6) vergeben werden.
Auch der Titel des beliebtesten Rektors geht nach Baden-Württemberg: Thomas Puhl, Leiter der Universität Mannheim, wurde zum "Rektor des Jahres" gewählt. Die Hochschule Offenburg erhielt den "Deutschen Hochschulbaupreis 2022" für ihr Regionales Innovationszentrum für Energietechnik (RIZ Energie).
Die Auszeichnung freue sie "kolossal", sagte Bauer vor Beginn der "Gala der Deutschen Wissenschaft" des DHV und der Deutschen Universitätsstiftung. "Ich fühle mich sehr geehrt, weil diese Auszeichnung direkt aus der Wissenschaft kommt." Der Titel zeige, dass das Vertrauensverhältnis zwischen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern und ihrer Ministerin über die Jahre nicht nur beständig, sondern auch gewachsen sei. "Dieses Vertrauen war besonders in den letzten beiden Jahren der Pandemie überaus wertvoll", sagte die Grünen-Politikerin. Wegen ihrer Kandidatur als Oberbürgermeisterin von Heidelberg will sie zum 25. September ihr Ministeramt niederlegen.
Bauer hatte auch 2013, 2015 und 2016 den Titel als beste Wissenschaftsministerin erhalten. In ihrer Amtszeit wurden die Studiengebühren abgeschafft, die studentische Mitsprache durch die Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft und die höhere Grundfinanzierung der Hochschulen ausgeweitet, zudem musste die Heidelberger Politologin die Hochschulen durch die Pandemie lotsen und den Studien-Lockdown gegen Kritik verteidigen. Nur bei der umstrittenen Neuordnung der Musikhochschulen und der Krise der Verwaltungshochschule in Ludwigsburg bot sie größere Angriffspunkte.
Seit mehr als einem Jahrzehnt ist Bauer bereits für die Hochschulen des Landes verantwortlich. Und deren Verantwortliche singen der Heidelbergerin ein Loblied: "Sie ist mit Leidenschaft bei der Sache, was sich auch an den zahlreichen Erfolgen ihrer Amtszeit zeigt", sagt Puhl, frisch gekürter "Rektor des Jahres" aus Mannheim und der stellvertretende Vorsitzende der Landesrektorenkonferenz. Die baden-württembergischen Fachministerinnen und -minister hätten stets für die notwendigen finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen gesorgt. "Hier haben wir in den letzten Jahrzehnten wirklich Glücksfälle gehabt", sagte Puhl (67).
Eine der größten Baustellen sieht der Uni-Rektor auf dem Weg zur Klimafreundlichkeit der Hochschulen. Bei den notwendigen Sanierungen gehe es nicht schnell genug voran, weil die Bürokratie in den Bauämtern bremse. "Wenn es Frau Bauer bis zum Herbst noch gelänge, den Universitäten mehr Möglichkeiten zur eigenständigen Durchführung von Baumaßnahmen zu verschaffen, würde das einen glänzenden Schlusspunkt bilden."
Und Bauer? Wie schaut sie zurück auf elf Jahre an der Spitze im Stuttgarter Mittnachtbau? Es sei ihr gelungen, Wissenschaft, Hochschulen und die Kunst in ihrer Eigenlogik und Eigenständigkeit aufzuwerten, sagt sie beim Blick zurück. "Ich habe immer nach der Devise gearbeitet, dass die Wissenschaft selbstbewusst und daher finanziell ordentlich ausgestattet agieren darf." Forschende müssten der Politik auch unbequeme Wahrheiten vermitteln dürfen. "Es muss uns wichtig sein, sie nicht an die kurze Leine zu nehmen", sagt Bauer. Sie nähmen eine wichtige Rolle in der Gesellschaft ein.
Seit Mitte der 80er Jahre ist Heidelberg schon Bauers Lebensmittelpunkt. "Es ist meine Heimatstadt geworden und ich bin ihr tief verbunden." Auf dem Philosophenweg hoch über dem Neckar dürfte Bauer künftig ein wenig häufiger unterwegs sein. Egal, ob sie sich bei der anstehenden Wahl als Oberbürgermeisterin gegen Amtsinhaber Eckart Würzner (parteilos) durchsetzen wird oder nicht, die Stadt wird Bauers neue Schaltzentrale werden. Denn einen Plan B, den hat die 56-jährige Landtagsabgeordnete für den Fall einer Niederlage im Rennen um das Rathaus nicht. "Den brauche ich nicht", sagt Bauer selbstbewusst. "Mein Plan ist, Oberbürgermeisterin in Heidelberg zu werden."
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