Kirche

So tickt der einzige Priester-Kandidat im Bistum Speyer

Matthias Emanuel ist Priesteramtskandidat - der einzige, der in diesem Jahr den letzten Abschnitt der Ausbildung zum Priester im Bistum Speyer begonnen hat. Warum er dafür seinen ursprünglichen Beruf aufgegeben hat

Von 
Wolfgang Jung
Lesedauer: 
Matthias Emanuel, Priesteramtskandidat, sitzt in der Pfarrkirche Sankt Maria Himmelfahrt. © Uwe Anspach/dpa

Speyer. Er ist der einzige – aber als Exot sieht er sich nicht. „Ich habe gemerkt, dass der Weg mich in eine größere innere Nähe zu Gott führt. Deswegen glaube ich, dass Gott den Weg für mich will“, sagt Matthias Emanuel. Wenn er am Ende seiner Tätigkeit Menschen vor sich habe, die eine spirituelle Reife gewonnen hätten und ein Leben mit Gott führen, habe es sich gelohnt. Emanuel ist Priesteramtskandidat – der einzige, der in diesem Jahr den letzten Abschnitt der Ausbildung zum Priester im Bistum Speyer begonnen hat.

Mit 34 gilt der Saarländer eher als Spätberufener. „Vor meinem 18. Geburtstag hat mir Kirche wenig bedeutet“, sagt er. Für regelmäßige Kirchenbesuche hatte er „keine innerliche Motivation“. Religion habe ihn kaum interessiert. „Auch die eigene Pfarrei war mir fremd.“ Erst später habe er Erfahrungen im Glauben gesammelt. „Wichtig waren auch Priester, die mich auf diesem Weg begleitet haben“, erzählt Emanuel.

Seine Eltern waren anfangs etwas skeptisch. „Meine Mutter konnte sich wohl nicht vorstellen, mich in dieser Rolle zu sehen. Und mein Vater hätte es lieber gesehen, wenn ich der Chemie treu geblieben wäre – seinem Beruf, den auch ich studiert hatte.“ Emanuel aus der Pfarrei Hl. Johannes XXIII. in Homburg hat in Lebensmittelchemie promoviert.

Nur drei Priesterweihen in Speyer in den letzten fünf Jahren

Priestermangel ist in der katholischen Kirche in Deutschland schon lange ein Thema. Immer weniger Männer entscheiden sich für diesen Dienst. Beispiel Speyer: Wurden im dortigen Bistum zwischen 1990 und 2000 noch 48 Männer zum Priester geweiht, waren es in den vergangenen fünf Jahren lediglich drei.

Als Generalvikar ist Markus Magin in Speyer der direkte Vertreter des Bischofs. Davor hat er 14 Jahre das Priesterseminar geleitet. In puncto Priestermangel glaubt er nicht an eine einfache Antwort. „Die aktuellen Fragen und Probleme der katholischen Kirche spielen natürlich eine Rolle. Darüber hinaus ist aber wohl die zunehmende Säkularisierung unserer Gesellschaft ein ganz wesentlicher Grund für den Rückgang“, meint Magin. Nehme der Bezug zum Glauben ab, sinke auch das Interesse für diese Tätigkeit. „Das gilt auch für andere pastorale Berufe in der Kirche, etwa Gemeindereferentin oder Diakon.“

Mehr zum Thema

Neue Folge

Podcast "Mensch Mannheim" mit Stadtdekan Karl Jung

Veröffentlicht
Von
Karsten Kammholz
Mehr erfahren
Speyer

Ehemaliger Generalvikar Sturm bereut Wechsel zu Alt-Katholiken nicht

Veröffentlicht
Von
Von Wolfgang Jung, dpa
Mehr erfahren
Christentum

Trotz Krise: Speyerer Bischof Wiesemann glaubt an Zukunft der Kirche

Veröffentlicht
Von
Stephan Alfter
Mehr erfahren

Die Möglichkeiten eines einzelnen Bistums, dies zu verändern, seien begrenzt, sagt Magin. „An der Attraktivität der pastoralen Berufe in der Kirche arbeiten wir als Bistum aber auf drei Ebenen. Erstens versuchen wir, jungen Menschen die Erfahrung zu vermitteln, wie schön es ist, in einer Gemeinschaft von Glaubenden zu leben. Zweitens gestalten wir die Ausbildung kooperativ – das heißt, wir arbeiten über Bistumsgrenzen und Berufsgruppen hinweg, und drittens legen wir im Einsatz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen pastoralen Berufen großen Wert auf Teamarbeit.“

Was hilft gegen Priestermangel?

In Diskursen ist wiederholt zu hören, wie der Priestermangel angeblich zu ändern wäre: etwa mit der Weihe von Frauen oder Laien oder dem Ende des Pflichtzölibats. „Sicherlich würden Veränderungen bei diesen Themen auch zu etwas höheren Zahlen bei Bewerberinnen und Bewerbern führen“, meint Magin. „Zu erwarten, dass sie alle Nachwuchsprobleme lösen könnten, wäre jedoch ziemlich blauäugig.“ Ihn freue, dass die Reformthemen in der weltkirchlichen Diskussion angekommen seien. „Das hat die Synode im Oktober deutlich gezeigt.“

Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren

Matthias Emanuel sieht in der Kirche „eine große spirituelle Leere“, die auch ihm gelegentlich zu schaffen mache. „Wer Spiritualität sucht, sucht überall – nur nicht in der Kirche. Christliche Randgruppen an beiden Seiten des ideologischen Spektrums verzeichnen derweil wachsende Mitgliederzahlen.“ Pastorale Studien hätten ergeben, dass selbst für Priester die sonntägliche Messfeier kaum noch Bedeutung für die eigene Spiritualität habe. „Und doch sollte idealerweise die Messe Quelle und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens sein. Hier besteht eine Diskrepanz.“

Natürlich kenne er die vieldiskutierten Reformthemen der Institution Kirche. „Durch die lange Ausbildungszeit hatte ich die Möglichkeit, mich intensiv mit der Lehre der Kirche auseinanderzusetzen und sie kennenzulernen.“ Wenn er gemerkt hätte, dass ihm in zentralen Punkten gegen den Strich gehe, was die Kirche sage, hätte er die Ausbildung wohl abgebrochen. „Ich glaube“, sagt Emanuel, „das ist dann auch eine Sache der intellektuellen Redlichkeit.“

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen