Rhein-Neckar. Seit mehr als 30 Jahren ist Dirk Reichle jetzt bei der KABS. „Aber so ein heftiges Jahr habe ich noch nicht erlebt“,erzählt der Wissenschaftliche Direktor der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage. Seine Mitarbeiter sind seit Mai pausenlos im Einsatz, „manchmal an sieben Tagen in der Woche“. Schuld ist das Wetter, das mit seinen vielen Niederschlägen und zum Teil tropischen Temperaturen geradezu ideale Voraussetzungen geboten hat, dass sich Schnakenlarven binnen fünf statt üblicherweise zehn bis zwölf Tagen verpuppt haben. Und wenn die Schnaken erst einmal dieses Stadium erreicht haben, ist es vorbei mit der Bekämpfung. „Die Puppen der Stechmücken nehmen keine Nahrung mehr auf“, erläutert Reichle. Dann wirkt auch das Granulat mit dem biologischen Stoff B.t.i. nicht mehr. Die Schnakenbekämpfer müssen also schnell sein. Mit Kontrolle der Brutstätten, Planung der Bekämpfung und der Nachkontrolle sei das in fünf Tagen ein strammes Programm und eigentlich kaum zu schaffen.
Gleichwohl ist Reichle mit dem Ergebnis der Schnakenbekämpfung einigermaßen zufrieden. Wobei auch er am eigenen Leib gespürt hat, dass in diesem Sommer weitaus mehr Stechmücken ihre Angriffe geflogen haben. Beim Familiengeburtstag in Neulußheim „haben die Schnaken auch mich regelrecht aufgefressen“, sagt er. Das sei schon frustrierend gewesen. Allerdings hätten ihm die Party-Gäste signalisiert, dass es in den Vormonaten nicht ganz so schlimm gewesen sei.
Eine Spitze folgt der nächsten
Neun bis zehn Hochwasserspitzen hat es gegeben. Eine folgte direkt auf die nächste, eine war höher als die andere, zieht Reichle seine Zwischenbilanz. Wobei die Bezeichnung „Hochwasser“ für die KABS bereits bei einem Rheinpegelstand in Speyer von 4,30 Meter beginnt, also noch weit entfernt davon, dass der Fluss flächendeckend über die Ufer tritt. Für die bekannten Brutgebiete in den Rheinauen reicht dieser Stand allerdings. Das habe nach einem trockenen Frühjahr bis April im Mai begonnen. Und dann sei eine Spitze auf die nächste gefolgt, eine immer höher als die andere. Die starken Regenfälle hätten das Ihre dazu beigetragen, dass sich auch Senken etwas abseits des Rheins gefüllt und ideale Brutstätten zur Eiablage geboten hätten.
Dennoch sei man bis Ende Juli eigentlich gut dabei gewesen. Doch dann seien zwei Wellen in kurzen Abständen gekommen. Eine habe den Hauptschlupf der Larven verursacht. Dann sei das richtige Hochwasser gekommen, das den Rhein habe drei Meter ansteigen lassen. „Das hat uns die Larven auf den ganzen rhein von Hauptdamm zu Hauptdamm verblasen“, berichtet Dirk Reichle. Eine Bekämpfung sei dann nicht mehr möglich gewesen, die Larven hätten sich auf riesige Flächen verteilt. Hinzu kam, dass wegen stürmischer Winde die Hubschrauber nicht aufsteigen konnten. Diese Bekämpfungstage fehlen in der Bilanz ebenfalls.
Tigermücke bekämpft
Hinzugekommen sei auch der Kampf gegen die Tigermücke unter anderem im Bereich Germersheim und an anderen Orten. Das habe Personal gebunden, das bei der Bekämpfung an anderer Stelle gefehlt hat.
Reichle erinnert daran, dass die vergangenen vier Jahre eigentlich eher trockene Jahre im Vergleich zu diesem Sommer waren. Damals seien weniger Brutgebiete geflutet worden, weshalb erheblich weniger Stechmücken unterwegs waren. Da könne man fast von Glück reden, dass zwei der drei KABS-Hubschrauber 2019 ausgefallen. „Wäre das in diesem Jahr passiert, dann hätte sich ab Mai niemand mehr draußen im Freien aufgehalten“, sagt Reichle.
Die Tiere der aktuellen Population werden nun in den kommenden Tagen bis Ende August und Anfang September absterben. Dann sei zunächst einmal diese Schnakengeneration durch. Rund sechs Wochen überleben die blutsaugenden Plagegeister. „Aber es ist noch nicht vorbei“, warnt der Wissenschaftliche Direktor. Wobei die aktuelle Wetterlage in den nächsten Tagen einigermaßen stabil sei.
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